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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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reichte Luce einen Apfel. »Aber tu einfach so, als wären wir in einem Song von The
Smiths. Du musst mir immerhin zugutehalten, dass die romantischen Möglichkeiten an der Schule eingeschränkt sind.«
    Das war noch milde ausgedrückt.
    »Aber ich bin sowieso der Meinung …«, Cam streckte sich auf der Decke aus, »… dass der Ort zweitrangig ist.«
    Luce warf ihm einen zweifelnden Blick zu. Außerdem wäre es ihr lieber gewesen, er wäre nicht von ihr weggerückt, aber sie war zu schüchtern, um auf seine Seite der Decke vorzudringen.
    »Wo ich aufgewachsen bin …« Er stockte. »… war es nicht so sehr viel anders als hier in der Sword & Cross, mit ihrer Mischung aus Fegefeuer und Gefängnis. Das Ergebnis ist, dass mir meine Umgebung echt scheißegal ist.«
    »Glaub ich nicht«, sagte Luce kopfschüttelnd. »Wenn ich dir jetzt ein Flugticket nach Kalifornien schenken würde, dann würdest du die Gelegenheit doch nutzen, dann wärst du doch gleich weg.«
    »Hmmm …« Cam schob sich ein Hot-Chili-Ei in den Mund. »Nein, wär mir echt egal.«
    »Glaub ich dir immer noch nicht.« Luce stieß ihn an.
    »Dann musst du ja eine glückliche Kindheit gehabt haben«, antwortete Cam.
    Luce biss in den knackigen grünen Apfel. Sie ging im Kopf die lange Liste der Ermahnungen ihrer Eltern, der Besuche bei Ärzten und der häufigen Schulwechsel durch, und immer hingen die schwarzen Schatten bedrohlich über allem, was sich ereignete. Nein, sie würde nicht sagen, dass sie eine glückliche Kindheit gehabt hatte. Trotzdem hatte sie nie die Hoffnung verloren. Aber wenn Cam sich nicht einmal mehr vorstellen konnte, dass es anderswo besser als hier war, dann musste seine Kindheit tatsächlich noch viel schlimmer gewesen sein.

    Direkt neben ihren Füßen war ein Rascheln zu hören und Luce zuckte erschrocken zusammen, als eine dicke grüngelbe Schlange sich durch das Laub bewegte. Sie wollte sie keinesfalls berühren, kniete sich hin und musterte sie aufmerksam. Das war nicht nur eine Schlange, es war eine Schlange, die in diesem Augenblick ihre alte Haut abstreifte. Eine durchscheinende Hülle blieb hinter ihr zurück. In Georgia wimmelte es nur so von Schlangen, aber so etwas hatte sie noch nie gesehen.
    »Psst«, sagte Cam, der eine Hand auf Luces Knie gelegt hatte. Durch seine Berührung fühlte Luce sich sicherer. »Wenn wir sie in Ruhe lassen, verschwindet sie von selbst.«
    Das konnte gar nicht schnell genug geschehen. Luce musste sich sehr zusammennehmen, um nicht zu schreien. Sie hatte immer große Furcht vor Schlangen gehabt. Sie hasste Schlangen. Sie waren so schlüpfrig und schuppig und … »Igitt.« Sie schauderte. Trotzdem konnte sie die Augen nicht von dem Tier wenden, bis es im hohen Gras verschwunden war.
    Cam grinste breit, als er die abgestreifte Schlangenhaut nahm und Luce in die Hand legte. Die Haut fühlte sich immer noch lebendig an, feucht und fest. Luce strich mit den Fingern darüber. Aber das war gerade noch eben die Haut einer Schlange gewesen. Eklig. Sie warf sie fort und wischte sich die Hände an der Jeans ab.
    »Komm schon, hast du sie nicht auch richtig süß gefunden?«
    »Nein, hast du nicht gemerkt, wie ich gezittert habe?« Luce begann sich zu schämen, dass sie so kindisch reagiert hatte.
    »Was ist mit dem Glauben an die Kraft zur Verwandlung?«, fragte Cam, während er selbst mit dem Finger über
die Schlangenhaut strich. »Deswegen sind wir alle ja hier.«
    Er nahm die Sonnenbrille ab. Seine smaragdgrünen Augen sahen sie herausfordernd an. Reglos wartete er, dass sie eine Antwort gab. Fast unmenschlich lange.
    »Ich frage mich, was für ein seltsamer Junge du eigentlich bist«, sagte sie mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln.
    »Warte erst mal, bis du mich näher kennengelernt hast«, antwortete er und beugte sich über sie. Er kam näher als vorhin nach dem Auftauchen der Schlange. Näher, als sie erwartet hatte. Langsam fuhr er mit den Fingern durch ihre Haare. Luce spürte, wie sie sich anspannte, aber nicht auf eine unangenehme Art.
    Cam war faszinierend. Einfach ein umwerfender Typ. Was Luce nicht verstand, war, warum sie sich auch jetzt noch, wo ihr doch eigentlich alle Nerven hätten flattern müssen, immer noch so wohlfühlte. Sie wollte jetzt hier sein, nirgendwo anders. Sie wollte nicht, dass es aufhörte. Sie konnte ihre Augen nicht von seinen Lippen lösen, geschwungene, volle Lippen, die immer näher kamen. Seine Schulter streifte ihre Schulter und sie spürte einen

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