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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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Tränen kamen. Sie fing an zu heulen, und auch als sie nicht mehr hustete und schluchzte, liefen ihr die Tränen weiter übers Gesicht.

    Wie konnte sie erleichtert aufatmen, wenn sie nicht wusste, was mit Penn geschehen war? Wenn Penn es nicht herausgeschafft hatte, wenn sie ohnmächtig geworden war und nun in der Bibliothek verbrannte, dann hatte Luce ein weiteres Mal bei jemand kläglich versagt, der ihr am Herzen lag. Sie hatte ihre Freundin nicht gerettet. Und diesmal war es noch viel schlimmer als bei Trevor.
    Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. Unter der Tür des Notausgangs quoll bereits Rauch hervor. Sie waren noch nicht in Sicherheit. Am Ende des breiten Korridors war eine weitere Tür. Hinter der Glasscheibe konnte Luce einen schwarzen Ast erkennen, der im Nachtwind schaukelte.
    Luce atmete ein paar Mal tief ein und wieder aus. In ein paar Augenblicken würden sie draußen sein, fort von der Hitze und dem Rauch.
    Wenn sie sich beeilten, dann konnten sie in wenigen Minuten am Vordereingang sein und sich vergewissern, dass Penn und Miss Sophia heil und unversehrt waren.
    »Komm«, sagte Luce zu Todd, der sich vornübergebeugt hatte und nach Luft rang. »Wir müssen weiter.«
    Er richtete sich auf, aber Luce sah, dass er am Ende seiner Kräfte war. Irgendetwas musste mit ihm geschehen sein. Sein Gesicht war gerötet, sein Blick war wirr und wild. Sie musste ihn zur Tür zerren.
    Luce war so damit beschäftigt, nach draußen zu kommen, dass sie beinahe zu spät bemerkt hätte, welch lähmende, drückende Stille sich plötzlich herabgesenkt und die Alarmsirenen erstickt hatte.
    Sie blickte hoch in einen mächtigen Schattenwirbel. Verschiedenste Schatten, die von lichtem Grau bis zum tiefsten Schwarz reichten. Sie sah nur bis zur Decke, aber die Schatten schienen sich noch viel weiter zu erstrecken. Grenzenlos,
unendlich. Wolken eines anderen, verbotenen Himmels, der normalerweise den Blicken entzogen war. Alle diese Schatten waren ineinander verschlungen und doch klar und deutlich voneinander unterscheidbar.
    Luce erkannte das Grau wieder, das sie in der Bibliothek über Penns Kopf gesehen hatte. Jetzt nicht mehr als luftiges Gespinst mit einer Nadelspitze, sondern als Flamme, wie sie fast von einem Zündholz hätte stammen können. Sie tanzte über ihnen im Korridor. Hatte sie, Luce, wirklich diese ungestalte Finsternis abgewehrt, als sie auf Penns Kopf zielte? Bei der Erinnerung daran schauderte ihr.
    Todd stieß immer wieder gegen die Wand, als würde sich der Korridor immer enger um sie schließen. Luce wusste, dass in der Nähe der Tür die Schatten aufhörten. Sie griff nach Todds Hand, aber sie entglitt ihr. Da umklammerte sie sein Handgelenk, um ihn weiterzuzerren. Er war blass wie ein Leichentuch, lehnte gekrümmt an der Wand, fast kauerte er schon. Ein gequältes Stöhnen kam von seinen Lippen.
    Weil der Rauch nun auch in den Korridor drang und er kaum mehr Luft bekam?
    Oder weil er ebenfalls die Anwesenheit der Schatten spürte?
    Unmöglich.
    Und doch war sein Gesicht verzerrt und von Grauen erfüllt. Sie bemerkte das erst jetzt bei ihm, seit die Schatten über ihnen lauerten.
    »Luce?« Seine Stimme zitterte.
    Eine ganze Horde grauer und schwarzer Gespinste wuchs direkt vor ihnen aus dem Boden. Wie eine dicke schwarze Decke breitete sich die Finsternis aus und überzog die Wände, sodass Luce die Tür nicht mehr sehen konnte. Sie blickte zu Todd - sah er das alles auch?

    »Los!«, brüllte sie.
    Aber konnte er überhaupt noch gehen? Sein Gesicht war aschfahl und seine Augen geschlossen. Er schien einer Ohnmacht nahe zu sein. Aber dann trug er Luce plötzlich fort.
    Vielmehr etwas trug sie beide fort.
    »Was zum Teufel ist das?«, schrie Todd.
    Ihre Füße berührten den Boden nur noch leicht. Es fühlte sich an, als würden sie auf einer Welle im Ozean reiten, von ihr hochgehoben werden. Sie schwebte, ihr Körper wurde schwerelos. Luce wusste nicht, wie lange es noch dauerte, sie konnte die Tür am Ende des Flurs nicht sehen, nur die sich kräuselnden tintenschwarzen Schatten ringsum. Die Schatten umflossen sie, aber sie berührten sie nicht. Seltsamerweise verspürte Luce kein Entsetzen, sie wusste, die Schatten würden ihr nichts mehr anhaben können. Sie fühlte sich behütet und beschützt, als würde sie ein Fluidum umgeben, weich, aber undurchdringlich. Stark, aber gleichzeitig sanft. Etwas, das ihr auf unheimliche Weise vertraut vorkam. Etwas, das -
    Fast zu schnell waren Todd und

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