Engelspakt: Thriller (German Edition)
nicht auf das Aufspüren von doppelten Wänden hinter Toilettenarmaturen spezialisiert waren.
Ambrose war klar, dass der Doktor nach dem Verhör nicht davor zurückschrecken würde, einen alleinstehenden Aufseher, nach dem kein Hahn krähen würde, stillschweigend beseitigen zu lassen. Doch was war, wenn Zanolla herausfand, dass Ambrose ein Agent war? Würde der Doktor es auch wagen, einen Beamten der ISA zu beseitigen?
Ambrose hoffte, es möge kein Zeichen sein, aber auf dem Weg zu dieser verfluchten Kammer mit dem Metallklo und der eiskalten Liege hatten die beiden Sicherheitsleute ihn an der Tür zum Krematorium vorbeigeführt. Er hatte geglaubt, das Inferno der Brennkammern mit den zischenden, sich aufrichtenden, zersplitternden und brodelnden Körpern förmlich durch die Glasscheibe der Stahltüre riechen zu können, was natürlich Unsinn war. Sollte der Doktor ihn tatsächlich beseitigen wollen, wäre das ganz ohne Zweifel die optimale Lösung. Nichts als Asche und ein paar Knochensplitter würden von seinem Leichnam in der Auskühlzone übrig bleiben. Am Ende mochte die einzige Gnade Zanollas darin bestehen, dass sie ihn nicht bei lebendigem Leib, sondern bereits tot in die Tiefe der Brennkammer stießen.
Als Ambrose seine Chancen zu fliehen oder überhaupt zu überleben abwog, erschien ihm die Wahrscheinlichkeit, im Lotto zu gewinnen, deutlich höher.
Ohne Leiche kein Mord.
Ohne Mord keine Morduntersuchung.
Zumindest nicht offiziell.
Ganz gleich wie Ambrose die Sache auch drehte und wendete, wenn ihm bis zum Verhör nicht noch ein brillanter Schachzug einfiel, irgendetwas, das eigentlich menschenunmöglich war, kam für ihn jede Hilfe zu spät.
Dann würde er brennen – bei über eintausend Grad.
54.
Es war mucksmäuschenstill in der Küche. Catherine schmunzelte innerlich, denn Rinaldo wagte es nicht einmal, nach einem seiner geliebten Kekse zu greifen. Unterdessen beäugte Coelho die ID -Karte in seiner Hand, als könne er dem darauf befindlichen Magnetstreifen allein kraft seines Willens sein Geheimnis entreißen.
Schwester Giada befand sich nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit im Gespräch mit Inspektor Ganzoli. Die Fragen des Inspektors schienen kein Ende nehmen zu wollen. Tatsächlich war es allerdings erst knapp eine Viertelstunde her, dass der Störenfried die Wohnung betreten hatte.
In Gedanken ging Catherine noch einmal Rinaldos und ihre Notizen auf dem Flipchart durch. Alan Scrimgeour, Sarah Maria Ciban, die Triaden … Es steckte erheblich mehr hinter der ganzen Sache, als sie alle bisher angenommen hatten. Ganz sicher war der porträtierte Junge ein Teil der Lösung, auch wenn Catherine vermutete, dass er seit langer Zeit nicht mehr lebte. Immerhin war die Kopie des Porträts um die vierzig Jahre alt – das hatte zumindest Coelho behauptet. Später hatte er noch hinzugefügt, dass das Original aufgrund der gerade noch so erkennbaren Struktur durchaus aus dem vorletzten Jahrhundert stammen könnte. Jedenfalls hatte einer von seinen Leuten diesen Verdacht geäußert. Für eine genauere Untersuchung und Datierung fehlte natürlich das Original.
Draußen vor der Küchentür hörte Catherine plötzlich ein Geräusch. Es folgten Schritte und Stimmen. Rinaldo hörte auf, die Kekse anzustarren, und Coelho blickte abrupt von der elektronischen Karte auf. Für einen Moment klang es so, als kämen die Schritte und Stimmen näher, doch dann entfernten sie sich. Die schwere Appartementtür fiel mit einem satten Ton ins Schloss, und es herrschte für einige Sekunden Stille.
Catherine, Rinaldo und Coelho wechselten einen kurzen Blick.
»Es sieht ganz danach aus, als wäre Inspektor Ganzolis Fragestunde beendet«, flüsterte sie.
Jetzt kamen die Schritte eindeutig auf die Küche zu. Schwester Giadas Schritte. Als die Tür endlich aufging, betrat sie mit äußerst gemischten Gefühlen, die sich in ihrer Miene spiegelten, die Küche. Rinaldo schenkte der alten Nonne fürsorglich einen Kaffee ein.
»Was ist passiert, Schwester?«, fragte Catherine.
Nachdem Giada auf einem der Hocker Platz genommen und einen Schluck getrunken hatte, schaute sie von einem zum anderen. »Eine Menge mehr, als uns lieb sein kann. Dieser Inspektor Ganzoli ist ein gewitzter Kerl. Und er ist felsenfest davon überzeugt, dass Kardinal Ciban der Mörder von Alan Scrimgeour ist.«
Obwohl die Nachricht für Catherine nicht gerade brandaktuell war, spürte sie, wie sich ihr Magen augenblicklich zusammenzog.
»Welche
Weitere Kostenlose Bücher