Engelspakt: Thriller (German Edition)
Schutz vor Schnüfflern wie Gasperetti gedient.«
Martini starrte das Weinglas vor sich an, als wäre der Inhalt gerade vergiftet worden. Antonio hatte recht. Während Cibans Abwesenheit konnte so einiges aus den Fugen geraten. Warum drehte sich die Geschichte in Sachen Macht und Ohnmacht auch immerzu im Kreis?
Noch leiser fügte Antonio hinzu: »Ich habe übrigens noch jemanden in der Klinik gesehen, der sehr besorgt um das Leben des Kardinals war.«
Martini blickte von seinem Weinglas auf. Antonio hatte es noch jedes Mal verstanden, auf seine Neuigkeiten noch eins draufzusetzen.
»Schwester Catherine Bell.«
Martini starrte seinen Freund ohne ein Wort an. Er hatte Catherine Bells Wirken von Anfang an verfolgt. Gewissermaßen waren er und sie Leidensgenossen. Aber was hatte die junge Ordensfrau mit Cibans Unfallgeschichte zu tun?
56.
Catherine ließ sich müde auf Cibans Schreibtischsessel sinken und blickte abgekämpft auf die zweigeteilte Regalwand mit den DVDs , die in den Raum hineinragte. Unter Giadas wachsamen Augen hatten sie, Coelho und Rinaldo jeden Winkel des Appartements durchsucht und abgeklopft, einschließlich des Arbeitszimmers, in das sie jetzt nach über drei Stunden vergeblicher Suche zurückgekehrt waren.
Selbst der Aktenraum, den sie mit Rebekahs Hilfe hatten öffnen können und der tatsächlich ein Safe war, hatte sich als Niete entpuppt, denn außer drei leeren Metallregalen und einigen Flaschen mit hochkarätigem Wein hatte er nichts weiter enthalten als ein paar Aktenordner mit diversen Rechnungen für den Haushalt und das Büro. Es war zum Mäusemelken.
Catherine hörte auf, die Regalwand anzustarren, und breitete die Hinweise, die Ciban ihr und Rinaldo hatte zukommen lassen, noch einmal vor sich auf dem Schreibtisch aus. Dann legte sie das Porträt des Jungen mit dem Zitat neben den Brief und die elektronische ID -Karte und bat Giada, das Flipchart noch einmal auszufahren.
Warum sollten Cibans Hinweise sie und Rinaldo in seine Wohnung führen, wenn es hier nichts zu finden gab? Hatten sie die Zahlen womöglich falsch interpretiert?
Sie mussten irgendetwas übersehen haben.
Eines war Catherine während der stundenlangen Suche mehr als seltsam erschienen. Im gesamten Appartement hatte sie kein einziges Bild oder Foto von Cibans Familie erblickt. Weder von den Eltern noch von Sarah, geschweige denn von der übrigen Verwandtschaft.
Catherine hielt sich selbst für nicht sonderlich sentimental, doch ein Foto von Pater Darius und ihrem Studienkollegen und Freund Ben Hawlett, die für sie wie ihre Familie waren, stand schon auf der kleinen Vitrine in ihrem Wohnzimmer. Außerdem besaß sie neben den elektronischen Fotos in ihrer Mediathek einige ältere Alben, zu denen weitere Aufnahmen von Darius und Ben sowie einigen engeren Freunden gehörten. Konnte es sein, dass Ciban nicht einmal ein Fotoalbum seiner Familie und seiner engsten Freunde besaß? Ein weiteres Mysterium seiner Persönlichkeit. Irgendwo war das für sie unvorstellbar.
Schließlich fiel ihr die Villa der Cibans wieder ein. Mit Sicherheit bewahrte er persönliche Dinge auf dem Familienanwesen auf, und sie hatten deshalb hier kein einziges Bild von seinen Angehörigen entdeckt. Nach dem Tod von Kardinal Benelli hatte Ciban die Villa wieder übernommen und sie ihrem Wissen nach nicht weitervermietet. Zumindest war Ciban im letzten Jahr an einigen Tagen dort gewesen, um sich heimlich mit Papst Leo und Catherine in der Bibliothek für ein paar wichtige vertrauliche Gespräche zu treffen. Die Anlässe waren stets so gewählt gewesen, dass sie bei Dritten keinen Argwohn erweckten. Ob Ciban sich darüber hinaus auf dem Familienanwesen aufhielt, wusste Catherine nicht.
Sinnloses Abschweifen, ermahnte sie sich. Viel zu oft war sie mit ihren Gedanken bei dem Kardinal. Das brachte jedoch weder sie noch die anderen weiter. Erst recht nicht Ciban. Iss noch einen Keks, sagte sie sich, trink noch einen Kaffee und reiß dich zusammen!
Sie versuchte, sich auf die vor ihr liegenden Beweisstücke zu konzentrieren, blickte auf den zusammengeklebten Brief mit dem Vers und las die Zeilen erneut.
Es gibt einen Ort, den selbst die Engel fürchten.
Dieser Ort ist schrecklich.
Kein Licht fällt dorthin.
Nie hat ein Gedanke diesen Ort berührt.
Selbst das Feuer ist schwarz.
Es ist der letzte Ort,
den der Herr am sechsten Tag
am Ende der letzten Stunde erschuf.
Dieser Ort ist verdammt,
sein Gestank unerträglich.
Was immer
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