Engelspakt: Thriller (German Edition)
Rinaldo die Autofahrt, auch wenn er wegen ihrer anstehenden Mission ein wenig besorgt war. Am meisten jedoch schien ihm die ungewohnte zivile Kleidung zu schaffen zu machen. Dabei sah er mit den schwarzen Baumwollhosen, dem schicken Hemd, dem klassisch designten schwarzen Lederblouson und dem feschen Kurzhaarschnitt richtig gut aus.
»Schon mal daran gedacht, Model zu werden?«, fragte Catherine mit einem vorsichtigen Lächeln.
Sie selbst trug einen eleganten schnörkellosen Hosenanzug aus hochwertigem Leinen, hatte ihre Frisur ebenfalls etwas aufgepeppt und sogar Schmuck angelegt. Dezent, versteht sich. Als Rinaldo sie am frühen Morgen so gesehen hatte, hatte er sie angestarrt, als hätte er noch nie in seinem Leben eine Frau zu Gesicht bekommen.
Ein Lächeln huschte über Rinaldos Gesicht, und er hob die rechte Hand vom Steuer. »Ich könnte als Handmodel für Eheringe gehen. Wird man damit reich?«
»Nun ja, reich vielleicht nicht gerade, aber Sie könnten gewiss Ihr Taschengeld damit aufstocken.«
»Dann will ich den Job nicht haben.«
Catherine schmunzelte. Sie war froh, mit Rinaldo einen Menschen kennengelernt zu haben, der auch unter Anspannung seinen Sinn für Humor nicht verlor. Ein Wesenszug, den er mit Pater Darius teilte, was Catherine wiederum daran erinnerte, wie sehr sie ihren alten Mentor vermisste.
Über ein Jahr war seit der Ermordung von Darius vergangen, dennoch kam es ihr so vor, als wäre es erst letzten Monat passiert. Inzwischen arbeitete sie mit ihrem einstigen Erzfeind, dem Präfekten der Glaubenskongregation, zusammen und versuchte sogar, Cibans Unschuld in einem Mordfall zu beweisen. Hätte ihr jemand diesen beruflichen Werdegang vor einem Jahr vorhergesagt, geschweige denn, dass sie Ciban einmal dermaßen wertschätzen, ja lieben würde – sie hätte die Männer mit den weißen Gurtjacken für den Propheten bestellt.
Himmel! In was waren Ciban und seine Schwester da bloß hineingeraten? Hoffentlich hatten Rinaldo und sie mit ihrer Mission in der Klinik von Doktor Zanolla Erfolg. Erneut kam ihr Cibans irrwitzige Pinnwand in den Sinn, ebenso die Erinnerung an Rinaldos Bericht über das Foto mit dem Deckenfresko und Cibans und Scrimgeours detektivische Triadenrecherche. Sie dachte auch an die Bibel, die so mächtig an Wissen sein sollte, dass man sie als Waffe missbrauchen konnte.
Catherine sprach Rinaldo erneut darauf an, und sie redeten noch einmal darüber. Die grüne, idyllische Hügellandschaft, die an ihnen vorbeizog, die alten, knorrigen Bäume, die kleinen, verträumten Dörfer in der Ferne, das alles wirkte auf einmal wie eine geheimnisvolle Malerei und nicht mehr real.
»Ich weiß, es klingt ziemlich verrückt«, fügte Rinaldo hinzu, »doch es scheint einiges an der Sache dran zu sein. Wie es aussieht, haben sogar Bernard Gui und Torquemada nach der Triadenbibel geforscht …«
Torquemada?
Hätte Catherine den Wagen selbst gefahren, hätte sie bei der Erwähnung dieses Namens vermutlich das Bremspedal bis zum Anschlag durchgetreten. Waren die Unterlagen über Torquemada etwa deshalb aus der Mappe von Anselmus verschwunden?
Sie dachte an die Fahrstuhlfahrt im Papstpalast zurück, an das hitzige Gespräch mit Ciban, in dem sie erfahren hatte, dass nicht er die Unterlagen unterschlagen hatte. Das alles war noch so unglaublich präsent, als wäre es gerade erst vor wenigen Stunden passiert. Sie holte tief Luft, versuchte, sich auf den Fall, auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und nicht auf das, was Cibans Nähe in dem Aufzug in ihr ausgelöst hatte. Sie errötete leicht.
»… die erste Spur überhaupt geht von dem Propheten Henoch aus«, hörte sie Rinaldo wie von fern sagen. »Sie führt von Gui und Torquemada über einen gewissen James Bruce, einen Äthiopien-Forscher aus dem achtzehnten Jahrhundert bis zu Charles Cutler Torrey, einem Historiker des zwanzigsten Jahrhunderts von der Universität Yale, und endet schließlich in Cambridge bei unserem toten Professor Scrimgeour.«
»Und ausgerechnet Sarah Maria Ciban war Alan Scrimgeours Ehefrau.«
»Verrückt, nicht wahr?«
Catherine hatte den Eindruck, dass ein Windstoß das Landschaftsgemälde um sie herum erzittern ließ.
»Wissen Sie, was mir gerade klar wird?«
Rinaldo warf ihr einen kurzen, fragenden Blick zu. »Nein.«
»Wir haben nicht ein einziges Foto von unserem Professor an Kardinal Cibans Pinnwand entdeckt.«
»Was bestätigen würde, dass Seine Eminenz tatsächlich nichts von der Verbindung
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