Engelspakt: Thriller (German Edition)
Mann!«
Ganzoli folgte seinem Blick und blinzelte. »Was Sie nicht sagen!«
Coelho drehte sich zu dem Gebäude um, das Dr. Martinis Haus gegenüberstand. Ein gepflegter Altbau, der über einhundert Jahre auf dem Buckel hatte. Als der verletzte Fremde im Sterben lag, hatte seine Aufmerksamkeit allein diesem Haus gegolten, und Viktor waren die letzten Blicke des Sterbenden nicht entgangen, während er selbst nach Atem gerungen hatte. Coelhos Männer hatten dort oben inzwischen jeden Zentimeter untersucht. Wie es aussah, hatte der Mann Martinis Haus seit mindestens vierundzwanzig Stunden observiert. Er hatte dabei eine leere Wasserflasche als Toilette benutzt und mehrere Dosen Coca-Cola gelehrt. Catherine hatte hier wohl tatsächlich eine heiße Spur verfolgt.
»Da fällt mir ein«, erklärte er wie beiläufig, »wir haben etwas entdeckt, das Sie und Ihre Leute interessieren dürfte.«
»Ach ja?« Ganzoli starrte nun ebenfalls auf das gegenüberliegende Haus, wenn auch mit skeptischer Miene.
»Oh ja. Die Wohnung im Obergeschoss dürfte für Ihre Spurensicherung eine wahre Fundgrube sein.«
77.
Catherine starrte auf die schwarze Metallklemmmappe im DIN -A4-Format, die sie aus dem Umschlag gezogen hatte. Zuoberst lag ein mehrseitiger Brief, der aussah wie ein handgeschriebenes Testament und an Dr. Robert Martini gerichtet war.
Die restlichen Unterlagen waren Kopien, mit denen Catherine auf Anhieb nichts anfangen konnte, darunter der anonymisierte Computerausdruck eines genetischen Fingerabdrucks mit dem klassischen Bandenmuster, wie er seit vielen Jahren in der Kriminalistik und bei der Verwandtschaftsanalyse Anwendung fand.
Ein zweiter Computerausdruck hob, wie es aussah, das genetische Profil einer ganz bestimmten Person hervor, das wiederum in Relation zum Profil des ersten Computerausdrucks zu stehen schien. Catherine hatte nicht die geringste Ahnung von DNA -Identifikation, aber vermutlich bestand zwischen den Profilen irgendeine Verbindung – und Scrimgeour hatte diese Verbindung entdeckt.
Soweit sie sich erinnerte, wurden solche Testergebnisse aus Blut, Sekretspuren, Haarwurzeln, Körpergewebe, Knochen, Sperma oder Vaginalzellen gewonnen. Sie hatte erst kürzlich eine medizinische Dokumentation darüber gesehen. Die berechnete Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen zufällig ein komplett übereinstimmendes genetisches Profil besaßen, lag bei weniger als 1:100.000.000.000. Die komplette DNA-Analyse basierte dabei auf nur etwa fünf Prozent der gesamten menschlichen DNA , jenem Teil der Erbsubstanz, der einen jeden Menschen zu einem Individuum machte.
Es half nichts. Catherine musste zuerst den Brief lesen, wenn sie erfahren wollte, was sich hinter den streifencodeähnlichen Mustern der genetischen Fingerabdrücke verbarg. Aber zuvor stärkte sie sich mit einer Tasse Tee und zog die Jalousien vor den Fenstern herunter, als befürchte sie, jemand Böses könne ihr über die Schulter schauen, während sie den Brief las.
Der Regen hatte wieder eingesetzt. Entsprechend menschenleer war es auf der Straße. Sie fror, entzündete den Kamin und kehrte mit einem mulmigen Gefühl zur Couch zurück. Jetzt oder nie. Vorsichtig nahm sie Scrimgeours handgeschriebenen Brief aus der Klemmmappe und begann, seine letzte Nachricht an Robert Martini zu lesen.
Lieber Robert,
vermutlich befremdet dich dieser sehr persönliche Brief, nachdem du die letzten Jahre nichts von mir gehört hast. Oft denke ich an unsere Forschungsreisen nach Ägypten, Israel oder Mittelamerika zurück. Gemeinsam haben wir viele Schwierigkeiten überwunden, was unsere Freundschaft nur noch vertieft hat. Ich bin mir sicher, bisher keinem vertrauenswürdigeren Mann begegnet zu sein als dir.
Ich versichere dir, für meinen Rückzug gab es einen sehr guten Grund. Nun bist du – nach all den Jahren – der einzige Mensch, dem ich die Wahrheit darüber anvertrauen kann.
Sollte ich noch leben, wenn du diese Zeilen liest, haben die Dinge bereits ihren Lauf genommen. Dann tritt bitte nicht mit mir in Kontakt, sondern bewahre diese Beweise als eigene Rückversicherung auf.
Sollte ich tot sein, wenn dich dieser Brief erreicht, bitte übergib die Beweise rückhaltlos der Presse, aber keinesfalls den italienischen Behörden oder dem Vatikan. Meine Bemühungen um Gerechtigkeit wären dann für immer verspielt, und du, mein lieber Freund, wärst mit Sicherheit bald tot. Ebenso wie ich und meine Frau.
Meine Frau? Ich kann dein Stirnrunzeln förmlich
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