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Engelspakt: Thriller (German Edition)

Engelspakt: Thriller (German Edition)

Titel: Engelspakt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Thomas
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jeder scheinbar leere Raum, den du betrittst, ist immer und überall voller Bedeutung.«
    Sie blickte sich um. Dieser Raum war ganz gewiss voller Bedeutung. Noch einmal ließ sie den Blick schweifen und blieb an der offenen Tür hängen. Sie seufzte. Das war es! Der Raum war unvollständig. Er musste verriegelt sein. Ein geschlossenes System. Es führte kein Weg daran vorbei.
    Sie betätigte den Hebel. Im Nu glitt die Pforte zu, und die leise Belüftung sprang an. Sofort spürte sie ein sonderbares Losgelöstsein von der Welt, wurden ihre Sinne geschärft. Jetzt, da sie isoliert und allein war. Tief in ihrem Inneren spürte sie auf einmal eine unheimliche Resonanz. Am liebsten hätte sie die Tür wieder aufgerissen und wäre davongerannt, aber das war nicht der Sinn dieser Übung. Er lag vielmehr in der Überwindung ihrer Angst. Catherine wollte Klarheit. Sie wollte sehen. Also musste sie ihre Furcht überwinden. Sie betete um Ruhe und Kraft und tauchte schließlich in die emotionale Dunkelheit der Pinnwandelemente ein. Jetzt zählten nur noch Cibans Reminiszenzen. Vor allem jene an Zanolla. Und die ließen nicht lange auf sich warten.
    Plötzlich befand sie sich im Apostolischen Palast, genauer in einem der weitläufigen Vorräume zu Papst Leos Audienzsaal. Sie nahm die komplette Sequenz durch Cibans Augen wahr. Auf dem Weg zu einer von Papst Leos wöchentlichen Privataudienzen führten Leo und Ciban ein Gespräch, das in Leos Arbeitszimmer begonnen hatte.
    »Der Zölibat ist ein Fehler«, sagte Leo gerade so laut, dass nur Ciban es hören konnte. »Ebenso wie Pauls Pillen-Enzyklika. Ich wünschte, er hätte seine Chance genutzt und sich von der Logik der Kurie nicht so unter Druck setzen lassen.«
    Mit Paul war Papst Paul VI. gemeint, dessen Enzyklika Humanae Vitae 1968 einem Pillenverbot für alle katholischen Paare gleichkam. Empfängnisverhütung als Todsünde, selbst für jene Frauen, deren Gesundheit oder gar Leben nach einer Empfängnis oder Geburt auf dem Spiel stand. Ebenso für jene Länder, deren Populationen regelrecht explodierten.
    »Diese Gesetze sind von Männern gemacht, die nichts von den Problemen und Nöten des Familienlebens und der Welt dort draußen wissen. Wir müssen das ändern, Marc. Das ist gegen jede Vernunft.«
    Ciban deutete lediglich ein Nicken an, aber in diesem schlichten Nicken spürte Catherine so viel Entschlossenheit, dass es selbst sie überraschte.
    »Apropos Empfängnisverhütung«, sagte Leo. »Ich werde gleich mit einem Vertreter der Gegenfraktion zusammentreffen. Sie wissen schon, es geht um künstliche Befruchtung. Ein Segen für Paare, die ohne diese Hilfe keine Kinder bekommen können.«
    Jetzt seufzte Ciban und sagte ebenso leise: »Bei allem Respekt und aller Sympathie für Ihre Arbeit, Heiligkeit, gehen Sie die Sache vorsichtig an. Vermeiden Sie allzu großherzige Signale in der Öffentlichkeit. Und gönnen Sie sich auch mal ein bisschen Ruhe!«
    »Ruhe? Was ist das?«, gab Leo mit einem ironischen Lächeln zurück. Dann berührte er den Kardinal freundschaftlich am Arm. »Kommen Sie. Begleiten Sie mich heute zur Audienz. Ausnahmsweise. Ich kann jeden Beistand brauchen. Selbst den Ihren.«
    Ciban schluckte seinen zweiten Seufzer hinunter, denn in diesem Moment wurde auch schon die Tür zum großen Audienzsaal vor ihnen geöffnet und gab den Blick auf die anwesenden Gäste frei. Tardini wird sich schon um seine Termine kümmern, dachte er beim Eintreten.
    Der Papst ging mit offenen Armen auf eine Gruppe von gut gekleideten Männern und Frauen zu. Die privaten Audienzen beschränkten sich in der Regel auf Staatsoberhäupter, Botschafter, Bischöfe, Kardinäle oder so genannte Prominente. Bis zum Eintreffen des Papstes betreuten mehrere Priester aus dem Stab von Leos Privatsekretär die Besucher.
    Leo begrüßte jeden einzeln und führte mit jedem ein kurzes und dennoch persönliches Gespräch, während Ciban sich wie ein aufmerksamer, aber diskreter Leibwächter zwei Schritte abseits vom Papst hielt.
    Was dann geschah, traf Catherine wie ein Paukenschlag. Ciban blieb plötzlich wie versteinert stehen. Seine Augen hafteten an dem überraschten Blick eines kleinen, dicklichen Mannes, der dem Papst gerade noch die Hand geschüttelt hatte. Was der Kardinal in diesem Moment sah, waren weniger die sich wie ertappt fühlenden Augen des Fremden als vielmehr eine Serie dahinter vor Schreck aufflackender Erinnerungsbilder an seine Schwester. Die ganze Szenerie hatte nicht einmal

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