Engelspakt: Thriller (German Edition)
dem Brief zu entnehmen war, wohl nur dieser Dr. Scelpa, sofern er tatsächlich aus Sarahs DNA Kapitel geschlagen hatte. Aber der Mediziner war lange tot.
Wer außer Scelpa käme noch in Frage? Zanolla?
War Zanolla etwa doch in Scelpas Forschung involviert gewesen? Hatte er Scelpa beseitigt und dessen geheime Forschungen an sich gerissen? Zanolla kannte den Jungen. So viel war Catherine klar. Sie hatte ihn im Bewusstsein des Doktors klar und deutlich gesehen. Vermutlich hatte er gelogen, als er behauptete, Sarah Ciban nicht zu kennen. Darüber hinaus hatte Catherine Zanollas finsteren Charakter in der Klinik deutlicher gespürt, als ihr lieb gewesen war. Er war in der Tat eine dunkle Kreatur. Und dann war da noch das Foto Zanollas an Cibans Pinnwand. Erst diese Aufnahme in Kombination mit dem Zeitungsartikel und dem Porträt des Jungen hatte sie überhaupt auf Zanollas Spur geführt. Doch Ciban hatte nichts von Scrimgeour gewusst. Wie war er überhaupt auf Zanolla gekommen? Was hatte er herausgefunden?
Sie legte den Brief in ihren Schreibtisch, zog ihre Jacke über und schnappte ihre Tasche mit den Recherchefragmenten, die sie Lazarus gezeigt hatte. Dann tastete sie nach dem Schlüssel mit dem Kreuzanhänger, den Giada ihr anvertraut hatte. Sie musste herausfinden, welche Verbindung zwischen Zanolla und Sarah Ciban bestand. Sie musste noch einmal zurück in Cibans Appartement. In diesen schrecklichen Sicherheitsraum.
82.
Der Pförtner erkannte Catherine als Schwester Giadas Vertretung sofort wieder, grüßte höflich und widmete sich dann weiter seiner Zeitung.
Catherine nahm den Aufzug. Eine halbe Minute später schloss sie die Tür zu Cibans Appartement auf. Draußen war es noch so hell, dass das Licht, das durch die große Fensterfront im Wohnzimmer hereinfiel, den gesamten Eingangsbereich vor der Treppe erhellte. Die große Engelsstatue mit dem Schwert wirkte auf einmal unheimlich lebendig. Catherine fühlte sich alles andere als wohl bei dem Gedanken, allein in Cibans privaten Räumen zu sein. Aber sie musste diese schreckliche Pinnwand noch einmal studieren, und die war nun einmal hier.
Schnurstracks eilte sie zum Arbeitszimmer, zog den Schreibtischstuhl vom Tisch zurück, öffnete die Konsole und betätigte den Sensor. Der geheime Zugang zum Sicherheitsraum fuhr augenblicklich auf. Diesmal stellte sie den Hebel am Eingang allerdings so, dass sich die Tür nicht automatisch hinter ihr schloss. Sie hatte absolut kein Verlangen danach, allein in einem dermaßen abgeriegelten Raum zu sein. Es erinnerte sie zu sehr an Cibans furchtbare Kindheitserlebnisse in dem Tank.
Als sie vor der Pinnwand stand, atmete sie erst einmal tief durch. Die unheilvollen Bilder blieben nicht ohne Wirkung auf sie. Erst recht nicht, weil sie all die unterschwelligen Reminiszenzen von Ciban in sich trug. Jedes Element war an ein ganz bestimmtes Gefühl gekoppelt, an Emotionen, die wie ein heilloser Strom in ihrem Inneren zusammenliefen, ein Durcheinander, das sie weder zu lesen noch zu deuten verstand.
Trotzdem war sie davon überzeugt, dass eines oder mehrere der Elemente genau jenen emotionalen Trigger enthielt, den sie brauchte, um im Hinblick auf Zanolla Gewissheit zu erlangen. Doch die Pinnwand war nicht vollständig. Catherine griff in ihre Tasche und holte jene Elemente heraus, die sie der Wand für ihre Ermittlungen entnommen hatte. Das Bild von Zanolla, den Zeitungsartikel über die Brenda-Thornton-Klinik sowie das Porträt des Jungen. Nun sah die Wand wieder so aus wie zu jener Stunde, als sie den Raum das erste Mal betreten hatte.
Sie startete ihr Experiment. Wie ein Adler auf der Suche nach einem Hasen ließ sie ihren Geist über die Wand gleiten. Hoffte, dass eines der Elemente schon bald die richtige Erinnerung Cibans in ihr Bewusstsein spülen mochte. Bild für Bild, Wort für Wort lauschte sie auf jede einzelne ihrer inneren Regungen, auf das leiseste Echo, auf irgendetwas, das ihr die unwiderlegbare Richtung wies. Doch nichts geschah.
Sie brach ab, verspürte eine überraschende innere Leere, als saugte die Pinnwand jede Energie aus ihr heraus. So ein Mist! Warum wollte das Verfahren nicht funktionieren? Sie zermarterte sich das Gehirn. Wo lag der Fehler?
Schließlich fielen ihr die Worte von Darius wieder ein: »Du wirst entdecken, dass die Macht der Gedanken die größte Macht überhaupt ist, Catherine. Alles um uns herum befindet sich in permanenter Schwingung. Jedes Bewusstsein, das du berührst, selbst
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