Engelspakt: Thriller (German Edition)
aufgegeben.«
»Natürlich. Scelpa war kein Narr!«
Ein Narr vielleicht nicht, dachte Catherine, aber ganz sicher ein teuflischer Schweinehund.
Erneut glitt ihr Blick zu Ciban hinüber, während sie in sich hineinhorchte. Nun bestand für sie kein Zweifel mehr. Die Präsenz des Kardinals entfernte sich, löste sich allmählich auf. Da war kaum noch ein Hauch seines Bewusstseins, dabei stand sie keine drei Meter von ihm entfernt. Sie musste unbedingt an der fettleibigen Kreatur vorbei, die vor ihr stand und die sich Arzt nannte, egal wie.
»Immerhin hat Sarah Scelpas Spiel durchschaut«, provozierte sie ihr Gegenüber. »Deshalb ist sie nach Rom gereist, um sich ihrem Bruder anzuvertrauen.«
»Dummerweise befand sich Marc Ciban damals gerade auf einer längeren Reise«, reagierte Zanolla gereizt, so als würde er Catherines Schlussfolgerung persönlich nehmen. »Überhaupt hatten sich Bruder und Schwester ein wenig auseinandergelebt. Was für ein Pech aber auch.« Er trat einen Schritt vor. »Und jetzt her mit dem Brief, Schwester.«
Sie wusste, dass dies ihre einzige und letzte Chance war. Behutsam zog sie den Umschlag unter der Jacke hervor. Zanolla konnte sich ein wohlgefälliges Grinsen nicht verkneifen.
»Sie werden verstehen, dass ich erst hineinsehen muss, bevor wir unseren Deal abschließen.«
»Gewiss doch.«
Sie nutzte jene Sekunden, in denen Zanolla nach dem Brief griff und abgelenkt war. Der Umschlag segelte zu Boden, und der darunter verborgen gehaltene Taser kam zum Vorschein. Zanolla taumelte zurück und starrte Catherine völlig perplex an. Dass eine Nonne eine Waffe bei sich tragen und damit auch noch umgehen konnte, war ihm ganz offensichtlich nie in den Sinn gekommen.
Ohne ein Wort zielte Catherine auf seine Brust und drückte ab. Der Taser sah zwar aus wie eine kleine Spielzeugpistole, aber als die beiden Projektile herausschossen, Zanolla trafen und ihn zuckend zu Boden streckten, wurde ihr wieder klar, wie wirkungsvoll diese unscheinbaren fünfzigtausend Volt waren. Zanolla zuckte noch ein paar Mal unter heftigen Schmerzen und Verrenkungen, dann lag er bewusstlos da. Während der spastischen Verrenkungen war aus seiner linken Hand eine nadellose Infusionsspritze geglitten. So hatte er sie also aus dem Weg räumen wollen. Einige Sekunden verharrte Catherine wie im Schockzustand. Dann kickte sie die gefährliche Infusionsspritze unters Bett, ließ diesen verfluchten Dämon von einem Arzt links liegen, drückte den Notfallknopf und eilte zum Krankenbett.
87.
Diverse Kabel und Schläuche führten aus Cibans Körper und Bett und verbanden ihn mit den medizinischen Geräten. Nach wie vor schien alles im grünen Bereich zu sein. Aber dann fiel Catherine auf, dass die Infusionspumpe zwar arbeitete, durch den Infusionsschlauch jedoch kein einziger Tropfen Flüssigkeit floss. Auch sah es nicht nur so aus, als ob Ciban kaum Luft holte, er atmete überhaupt nicht mehr!
Sie rang nach Fassung, ergriff Cibans eiskalte Hand und fühlte seinen Puls. Nichts. Vorsichtig legte sie ihr linkes Ohr auf seine Brust, aber das Herz hatte längst aufgehört zu schlagen. Alles in ihrem Kopf begann sich vor Sorge und Furcht zu drehen. Ciban war intubiert, und da war noch immer die Schussverletzung, weswegen sie es nicht wagte, ihn auf herkömmliche Weise zu reanimieren. Zanolla musste die Apparaturen bereits ausgeschaltet haben, als sie auf dem Weg hierher gewesen war. Dieser Satan in Menschengestalt!
Sie packte Cibans schlaffe, kalte Hand und erstarrte innerlich, mit Tränen in den Augen. Aus einem Impuls heraus strich sie ihm das silbergraue Haar zurück und küsste ihn auf die Stirn. Wo blieben die Ärzte bloß? Es kam ihr so vor, als hätte sie den Notfallknopf schon vor ewigen Zeiten gedrückt. Sie wollte die Hand gerade loslassen, um hinaus auf den Flur zu rennen und um Hilfe zu rufen, da spürte sie es …
Einen winzigen Funken, weniger als ein Hauch, weit weniger als der Schluck Seele, der ihr während der Vision mit dem Tank von dem abgrundtief Bösen aus ihrem Bewusstsein geraubt worden war. Sie schloss die Augen und betete. Betete, dass es noch nicht zu spät war, dass sie die Kraft besaß, die Pforte des Todes aufzustoßen und diesen winzigen Funken zu erreichen.
Sie sog die Luft ein, hielt Cibans kalte Hand fest umklammert, nahm ihre verbliebene Kraft und all ihren Mut zusammen, atmete tief durch und konzentrierte sich. Schließlich musste sie den Trancezustand erreichen, um in jene Welt
Weitere Kostenlose Bücher