Engelspakt: Thriller (German Edition)
Blatt um. Auf der Rückseite prangte das Symbol mit dem Schlaufenkreuz, eingerahmt von zwei Schlangen. Genau wie auf der Innenseite des Rings.
Coelho sagte keinen Ton, wartete nur gespannt.
»Ich muss Sie enttäuschen, Herr Kommandant, ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer der Junge ist. Oder was das Symbol bedeuten könnte. Aber in dem Traum ist mir der Bedeutungsinhalt dieser fremdartigen Schriftzeichen klar geworden.«
»Das wäre immerhin etwas, Schwester. Unsere Entschlüsselungsexperten konnten bisher nichts damit anfangen. Was bedeutet dieser kurze Text?«
»Es ist ein Zitat, und Sie kennen es sicher als altes römisches Sprichwort: ›Wenn du Frieden willst, rüste zum Krieg!‹«
»Das klingt nicht gut«, dachte Coelho laut.
»Glauben Sie, in der Santa Maria dell’ Orazione e Morte könnte ein Krieg begonnen haben?«
»Ich hoffe nicht. Am besten ich übermittle Ihre Übersetzung gleich an einen unserer Experten im Archiv.« Er holte sein Handy hervor, wählte eine gespeicherte Nummer und trat ans Fenster. Seine Stimme klang ein wenig müde, als er die Information durchgab, und angespannt, als er binnen einer Minute die Rückmeldung aus dem Archiv erhielt. »Laut Bruder Anselmus ist dieses Zitat weit älter als die römische Geschichte, ja es ist sogar um einiges älter als das Alte Testament.«
»Wovon redet Pater Anselmus da?«, fragte Catherine.
»Vom Zeitalter der Engel«, erklärte Coelho, als könnte er es selbst kaum glauben.
Sie starrte den Kommandanten völlig perplex an. Ciban hatte erst am Vortag noch von Engeln gesprochen und ihr später mehr darüber erklären wollen. Fast hatte es wie eine Einweihung geklungen.
»Denken Sie, das ist zu weit hergeholt?«, fragte Coelho mit einem herausfordernden Lächeln. »Obwohl ich ein gläubiger Mensch bin, gebe ich nicht viel auf dieses ganze Engelszeugs. Doch wie es aussieht, halten einige Leute – und darunter wohl leider auch ein paar echte Fanatiker – mehr davon, als uns lieb sein kann.«
»Dann sind der Professor und Seine Eminenz eventuell Opfer eines Fanatikers geworden?«
»Möglich wäre es, sofern sich die beiden nicht gegenseitig an die Gurgel gegangen sind.«
Diese Antwort gefiel Catherine ganz und gar nicht, auch wenn sie tief in ihrem Inneren zugeben musste, dass diese Möglichkeit nicht ganz von der Hand zu weisen war.
»Wie denkt eigentlich Inspektor Ganzoli darüber?«
Coelho musterte sie mit einem ernsten Blick. »Man hat Schmauchspuren an Kardinal Cibans Kleidung entdeckt. Ganzoli kann es kaum abwarten, Seine Eminenz zu verhören. Deshalb ist es auch so wichtig, dass diese Informationen vorerst unter uns bleiben, Schwester. Wir werden die Wahrheit herausfinden und den oder die Täter zur Strecke bringen, aber wir werden dabei vor allem den Ruf unserer Mutter Kirche schützen müssen. Sie haben schon mit Pater Hawlett und Kardinal Ciban zusammengearbeitet. Sie kennen die Spielregeln.«
»Anders ausgedrückt: Ganzoli weiß bisher weder von den Ringen noch von dem Zitat.«
»Er könnte vermutlich sowieso nichts damit anfangen. Also verfolgen wir diese Spur.«
»Wir?«
»Im Rahmen Ihrer Möglichkeiten zähle ich auf Ihre Mitarbeit.«
»Ich hoffe, an deren Ende steht nicht der Scheiterhaufen.«
Coelho lachte. »Vermutlich nicht.«
»Was hat es mit diesen Engeln auf sich, Herr Kommandant?«
»Darüber weiß ich vermutlich weniger als Sie, Schwester. Aber allem Anschein nach spielt die Angelologie womöglich doch eine Rolle in diesem Fall. Sie scheint neben den Eheringen ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Professor und Seiner Eminenz zu sein. Vielleicht können Sie mein Wissen darüber ein bisschen auffrischen?«
Catherine ließ ihr Halbwissen über die Angelologie, das sie bei den Recherchen für eines ihrer früheren Bücher erworben hatte, vor ihrem geistigen Auge Revue passieren und sagte: »Gerne. Wenn ich mich außerhalb der biblischen Mythen an etwas genauer erinnere, dann sind es die Engel-Hierarchien. Dem Rang nach existieren drei Engel-Triaden. In der ersten, der Ebene der göttlichen Eigenschaften, gibt es drei Chöre: die Seraphim, die Cherubim und die Throne. Die Seraphim nennt man auch die Entflammer, weil das Licht, das diese Engel ausstrahlen, jeden Menschen augenblicklich verbrennt. Es heißt, dass sie Gottes Thron umschweben, sein Licht absorbieren und zum nächsten Chor strahlen lassen. Der zweite Chor, die Cherubim, reflektieren Gottes Wissen und Weisheit. Der dritte Engelschor hingegen, die
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