Engelspakt: Thriller (German Edition)
kniff die Augen zusammen. Neben der Jahreszahl war ein Symbol zu sehen. Doch sie konnte es nicht genau erkennen.
»Das ist ein Schlaufenkreuz«, erklärte Coelho, »flankiert von zwei Schlangen. Einer unserer Experten sagt, es sei erst später eingraviert worden.«
»Dann muss es für die Trägerin eine tiefere Bedeutung gehabt haben.«
»Das vermute ich auch. Nur welche?« Coelho starrte auf den Ring, dann fuhr er fort: »Haben Sie gewusst, dass auf dem Altar eine fast leere Flasche Wein und zwei Gläser standen? Allerdings war nur ein Glas benutzt. Scrimgeours Fingerabdrücke sind sowohl auf der Flasche als auch auf beiden Gläsern. Wir haben lediglich in seinem Körper Spuren von Alkohol entdeckt, und nicht zu wenig. Der Professor war wohl schon seit längerem alkohol- und tablettenabhängig, wie die Autopsie ergeben hat. Er muss ziemlich stark alkoholisiert gewesen sein, als Seine Eminenz in die Kirche kam.«
Catherine erinnerte sich daran, dass der Mann mit dem Revolver in der Hand in ihrer Vision nach Alkohol gerochen hatte. »Scrimgeour war ein Trinker?«
Coelho zuckte mit den Achseln. »Er hat mehr getrunken, als ihm guttat. Hier ist übrigens ein Foto von ihm.«
Catherine starrte die Aufnahme an, und augenblicklich wich ihr sämtliche Farbe aus dem Gesicht. Sie hatte zwar schon häufiger von Scrimgeours Arbeit gehört, jedoch noch nie ein aktuelles Bild von ihm gesehen.
»Schwester?«
»Ich bin diesem Mann erst gestern begegnet.«
»Sind Sie sicher?«
Catherine nickte. »Er war im Petersdom und hat um seine verstorbene Frau getrauert.«
»Woher wissen Sie das?«
»Er hat es mir selbst gesagt.« Catherine berichtete Coelho von der merkwürdigen Begegnung mit dem Professor, ließ jedoch unter den Tisch fallen, welche Rolle ihre Gabe dabei gespielt hatte.
Der Kommandant sah sie erstaunt an. »Interessant. Leider hat die Geschichte, die Scrimgeour Ihnen aufgetischt hat, einen kleinen Haken. Der größere der beiden Eheringe passt dem Professor zwar, doch wie unsere Nachforschungen inzwischen ergeben haben, war Scrimgeour nie verheiratet. Er war Single, und zwar zeit seines Lebens.«
»Wie bitte?«
»Der Mann hat Sie angelogen, Schwester.«
Catherine blickte einen Moment nachdenklich drein. »Das glaube ich nicht. Ganz gleich, was Sie jetzt denken mögen, ich weiß , dass er die Wahrheit gesagt hat.«
»Wir haben weder eine Bestätigung für eine Eheschließung noch einen Hinweis auf eine Bestattung gefunden. Wie lange, sagten Sie, soll Scrimgeours Frau tot sein?«
»Er sagte, sie sei vor ein paar Jahren gestorben.«
»Aber er erwähnte nicht, wie oder wo?«
Catherine schüttelte den Kopf. »Nein. Er erzählte mir lediglich, dass seine Frau den Petersdom sehr geliebt habe. Deshalb sei er hier. Um ihrer zu gedenken.«
»Laut unseren Ermittlungen war der Professor Anglikaner.«
»Das mag sein. Doch soweit ich weiß, gehören etwa acht Prozent der Christen in Großbritannien der römisch-katholischen Kirche an. Seine Frau könnte also durchaus Katholikin gewesen sein.« Als Coelho Catherine skeptisch musterte, erklärte sie weiter: »Vergessen Sie nicht, die anglikanische Kirche versteht sich sowohl als reformatorische als auch katholische Kirche. Sie sieht sich bewusst unabhängig von Rom und ist stolz auf ihr weiterentwickeltes christlich-anglikanisches Erbe. Die katholische Tradition spiegelt sich in der Liturgie und im Sakramentverständnis wider, die evangelische in der Theologie.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass Scrimgeour auch nach katholischem Ritus geheiratet haben könnte?«
»Seiner Frau zuliebe, warum nicht.«
»Das könnte erklären, warum wir bei unseren Nachforschungen keinen einzigen Hinweis auf eine Eheschließung in der anglikanischen Kirchengemeinde entdeckt haben. In jedem Fall haben die Ringe eine wichtige Rolle gespielt, sonst hätten wir sie wohl kaum am Tatort gefunden. Wir werden auf katholischer Seite weiterforschen.« Coelho hielt kurz inne. »Hier habe ich übrigens noch etwas anderes, das mir Rätsel aufgibt.« Der Kommandant zog ein Blatt Papier aus der Jacke und faltete es auseinander. »Das hier ist bloß eine Kopie. Wir haben sie bei der Durchsuchung von Scrimgeours Hotelzimmer in seinen spärlichen Unterlagen gefunden. Schauen Sie sich bitte auch die Rückseite an.«
Catherine starrte auf das Blatt, während ihr das Blut in den Adern stockte. »Ich habe das Porträt dieses Jungen schon einmal gesehen.«
»Wo?«
»In … einem Traum.« Sie drehte das
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