Engelspakt: Thriller (German Edition)
ihr. Catherine öffnete eines der Innenfächer und nahm die Kopie vom Porträt des Jungen heraus, die Coelho ihr überlassen hatte. Tatsächlich, das war der Junge aus ihrer Vision!
»Ich muss wissen, wer dieser Junge hier ist.«
Die beiden Männer betrachteten das Bild und schüttelten den Kopf, doch dann stockte Rinaldo und sagte: »Ich habe dieses Zitat hier schon einmal gelesen.«
»Dann wissen Sie vermutlich auch, was es bedeutet?«, fragte Catherine.
»Nein. Aber das ist ein Bestandteil meiner derzeitigen Recherchen.«
Tardini musterte Catherine. »Sie wissen, was diese Worte bedeuten, nicht wahr?«
»Ich kenne die Übersetzung.«
»Sie können diese Schrift lesen?«
Catherine schüttelte den Kopf. »Nein. Mehr möchte ich dazu allerdings nicht sagen.«
Tardini bedachte sie mit väterlicher Nachsicht. »Hören Sie, Catherine, Kardinal Ciban steht, gelinde gesagt, unter Mordverdacht. Wenn uns Ihr Wissen helfen könnte, seine Unschuld zu beweisen, sollten Sie es auf gar keinen Fall zurückhalten. Sie sind hier unter Freunden.« Der alte Kirchenfürst hielt kurz inne. »Von wem haben Sie eigentlich dieses Kinderporträt?«
Catherine musste zugeben, dass Tardini vollkommen recht hatte. Wenn sie Ciban helfen wollten, mussten sie zusammenarbeiten und nicht gegeneinander.
»Der Generalinspektor hat es mir zusammen mit dem Zitat überlassen. Sie kennen es sicher als altes römisches Sprichwort: Wenn du Frieden willst, rüste zum Krieg!«
Weder Tardini noch Rinaldo schien über den gängigen Bezug hinaus etwas mit den Worten anfangen zu können, daher fuhr Catherine fort: »Laut Pater Anselmus ist dieser Ausspruch weit älter als die römische Geschichte, ja sogar älter als das Alte Testament. Er sprach vom Zeitalter der Engel.«
Tardini und Rinaldo starrten sie an, bis Rinaldo schließlich leise murmelte: »Die Triaden …«
»Die Triaden?«, fragten Tardini und Catherine wie aus einem Mund.
»Eigentlich ist es mir nicht erlaubt, darüber zu sprechen, aber Kardinal Ciban und Professor Scrimgeour waren beide sehr am Triadenmythos interessiert. Ein alter Orden, der aus jenen Tagen stammen soll, als die Engel auf die Erde kamen, um Gottes neue Schöpfung zu unterrichten: die Menschen. Nun denn, es gibt keinen Beweis dafür, dass dieser Orden jemals existiert hat, und wenn dem tatsächlich so war, dann ist die Geschichte vermutlich nicht gut ausgegangen. Ob die Triaden hinter dem Mord und dem Anschlag stecken?«
»Sagten Sie nicht gerade, dass dieser Orden vermutlich niemals existiert hat?«, hakte Tardini nach.
»Kardinal Ciban ist im Archiv auf einige interessante Indizien gestoßen und wollte mit dem Professor deshalb ein Treffen ausmachen.« Rinaldo wandte sich Catherine zu. »Wissen Sie, Schwester, es gibt einen Grund, weshalb wir Sie so rüde hierherzitiert haben.«
Tardini ließ Rinaldo mit einer knappen Geste wissen, dass er noch einen Augenblick warten solle. »Ich muss zurück ins Vorzimmer, bevor jemand Verdacht schöpft. Sie werden das Briefrätsel auch ohne meine Hilfe lösen können.«
Nachdem der alte Bischof die Tür hinter sich geschlossen hatte, zog Rinaldo einen Umschlag aus seiner Jacke, öffnete ihn und holte ein in der Mitte geteiltes Blatt Papier heraus. Er faltete es auseinander und reichte es Catherine.
»Unserem Wissensstand nach sollten Sie das Gegenstück hierzu besitzen, Schwester. Ich hoffe inständig, dass dem auch so ist.«
Catherine griff nach ihrer Tasche und zog die andere Briefhälfte heraus. Rinaldo schien ein ganzes Felsmassiv vom Herzen zu fallen. Er legte die beiden Hälften sorgfältig nebeneinander.
»Dann lassen Sie uns mal sehen, was Seine Eminenz uns hier mitzuteilen gedenkt.«
Sie beugten sich beide vor.
Es gibt einen Ort, den selbst die Engel fürchten.
Dieser Ort ist schrecklich.
Kein Licht fällt dorthin.
Nie hat ein Gedanke diesen Ort berührt.
Selbst das Feuer ist schwarz.
Es ist der letzte Ort,
den der Herr am sechsten Tag
am Ende der letzten Stunde erschuf.
Dieser Ort ist verdammt,
sein Gestank unerträglich.
Was immer dort
hinter den letzten Toren
verborgen ist,
soll dort auf ewig gefangen sein
und dort auf ewig sterben.
(Die verborgenen Mysterien:
Wenn du Frieden willst,
rüste zum Krieg!
41, 53, 55, 12, 28, 23)
Irritiert blickte Catherine von den beiden Blättern auf. Nicht eben erhellend und obendrein eine katastrophale Übersetzung. Sie las den Text noch einmal und danach noch einmal.
Rinaldo räusperte sich. »Das bringt
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