Engelspakt: Thriller (German Edition)
an den Schultern und schüttelte ihn.
»Marc! Hör auf!«
Der Junge reagierte nicht, wirkte völlig abwesend.
»Marc, aufhören! Dreh dich um!«
Darius versetzte dem Jungen eine schallende Ohrfeige. Und als das nicht half, eine zweite.
»Dreh dich gefälligst um!«
Wie in Trance wandte der Junge sich dem Altar zu und ließ von dem ohnmächtigen Turael ab. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Sarah stand noch immer vor dem mächtigen Kreuz, das unversehrt geblieben war, und ihre Aura strahlte wie die Sonne. Sarah liebte ihren Bruder, und als ihr Licht seine Augen traf, erlosch der abgrundtiefe Wahnsinn des Hasses in ihm, den er aus der Quelle bezogen hatte. Auch Sarahs Augen füllten sich mit Tränen, die ihr aber nicht über die Wangen rollten. Darius ging vor dem Jungen in die Hocke, hielt ihn an den Schultern und blickte ihm in die Augen.
»Alles in Ordnung, Marc?«
Der Junge nickte langsam. Es gab keinen Zweifel, er erkannte Darius, und er schämte sich für das, was er getan hatte.
Der Alte streichelte ihm über den Kopf. »Schon gut, mein Junge. Es wird alles wieder gut.«
Der Pater ging zu dem Mädchen hinüber, mitten durch David hindurch, hob sie vom Altar, brachte sie zu ihrem Bruder und umarmte die beiden, als wären sie seine eigenen Kinder. Zum ersten Mal in seinem Leben spürte David bedingungslose Liebe. Er konnte sich gar nicht daran sattsehen.
Dann spürte er plötzlich eine seltsame Kälte im Rücken, und sein Blick glitt zu der Stelle, wo eben noch der bewusstlose Turael gelegen hatte. Sie war leer.
Just in diesem Augenblick erhob sich Turael hinter Darius und den Kindern, als hätte er nur auf diesen Moment gewartet. Er umklammerte etwas. Einen Splitter des herabgefallenen Kreuzes. Sein Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt, und er holte mit der improvisierten Waffe aus, um sie in Sarahs kleinen Körper zu rammen.
David dachte nicht nach, sondern reagierte nur. Er war in dieser Sekunde der Einzige, der die Gefahr rechtzeitig bemerkte, und er kochte vor Wut.
David wusste nicht wie, aber er formte daraus eine unglaubliche Energie, und Turael bekam seine geballte Wut zu spüren. Er wurde gegen das Kreuz auf dem Altar geschleudert und davon durchbohrt, mitten durchs Herz. Das Geräusch, das dabei entstand, war fast furchtbarer als die Tat selbst.
Darius kniete zitternd auf dem Boden, die Kinder so fest gegen seinen Körper gedrückt, dass sie den gepfählten Leichnam und das daraus hervorquellende Blut nicht sehen konnten.
Totenstille lag über der Kirche. Nicht einmal die Tauben rührten sich mehr.
David erfuhr durch die schmerzlichen Gedanken des Mannes, dass er den Jungen für den Täter hielt. Unendliche Trauer erfüllte ihn, als wäre alles verloren, was er sich für die Zukunft erhofft hatte. Davids Herz wurde schwer, auch wenn er sich sicher war, das Richtige getan zu haben. Letztendlich war seine Tat kaum mehr gewesen als ein verzweifelter Reflex. Und was war wichtiger, als dass diese drei Menschen lebten?
Er blickte zu dem Leichnam hinüber, der seelenlos an dem Kreuz hing, wie eine Marionette, aus der man die Fäden mit einem Ruck herausgerissen hatte. Was immer dieser Turael gedacht hatte, er hatte sich geirrt.
David drehte sich wieder zu dem Mann und den beiden Kindern um. Er sah ihre Umarmung, ihren gegenseitigen Respekt, ihre Liebe … Dann erstarrte er. Die eisblauen Augen des Jungen waren auf ihn gerichtet! Sein Atem stockte.
Im selben Moment wurde er aus der Vision hinausgeschleudert, und sein Herz blieb erneut stehen.
41.
Dr. Asensi starrte auf den Monitor des EEG s und stand vor einem Rätsel. Eine solche Anzeige von Theta- und Betawellen hatte er in seiner ganzen beruflichen Praxis noch nicht gesehen. Halluzinierte der Patient etwa im künstlichen Koma?
Der Mediziner seufzte und verordnete einen MRT -Scan von Cibans Gehirn, und zwar so schnell wie möglich. Nur eine Magnetresonanztomografie konnte ihm jetzt noch offenbaren, was mit dem Gehirn des Kardinals nicht stimmte, was in dessen unberechenbaren grauen Zellen tatsächlich vorging. Konnte ein Stammhirntumor die Ursache für dieses abstruse EEG sein?
»Wir haben ihn zur Sicherheit am Bett fixiert«, erklärte die junge Krankenschwester, die neben Asensi stand und ebenfalls wie hypnotisiert auf den Monitor blickte.
»Danke, es ist besser so. Er könnte sich sonst selbst verletzen, und das wäre nicht gerade das beste Aushängeschild für die Klinik der Päpste.«
Ganz sicher nicht, dachte die
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