Engelspakt: Thriller (German Edition)
uns jetzt nicht wirklich weiter, oder?«
Catherine dachte einen Moment nach und versuchte den Vers mit dem in Einklang zu bringen, was Coehlo und sie bisher herausgefunden hatten. Wie es aussah, mussten sie wohl oder übel dieser verflixten Engelspur nachgehen.
Sie griff nach ihrem Handy und Schwester Giadas Visitenkarte.
»Wir werden sehen, Monsignore. Möglicherweise doch.«
Schwester Giada würde nicht schlecht darüber staunen, dass Catherine knapp eine Stunde nach ihrem Besuch schon Gebrauch von ihrer Handynummer machte.
43.
Adrian Coelho fühlte sich in der Gegenwart von Kardinal Gasperetti nicht sonderlich wohl. Es war eines jener Treffen, auf die er gut und gerne hätte verzichten können, doch es gab keinen Ausweg. Gasperetti war nach Ciban der Leiter des Lux Domini, und das Lux Domini war in den letzten Jahren zu einer Geheimmacht innerhalb der Kirche herangereift. Zumindest hatte Coelho diesen Eindruck gewonnen. Nun wollte Gasperetti von ihm wissen, was mit Ciban geschehen war und wie die Ermittlungen liefen.
Also versorgte Coelho den Kardinal mit einigen mehr oder weniger offensichtlichen Fakten, die da lauteten: Scrimgeour tot, Ciban schwer verletzt, Täter und Motiv unbekannt, Ermittlungen im Gange.
Aber so schnell ließ Gasperetti den Generalinspektor und Kommandanten der Vigilanza natürlich nicht vom Haken.
»Sagen Sie, Herr Kommandant, welche Verbindung besteht zwischen diesem Professor Scrimgeour und Kardinal Ciban?«
»Noch haben wir keine plausible Verbindung gefunden, die zu diesem Anschlag hätte führen können.«
»Was ist mit den unplausiblen? Sie sind doch gewiss von Kardinal Cibans Unschuld überzeugt. Wer würde einen Auftragskiller anheuern, der sowohl Scrimgeour als auch Ciban ermordet?«
»Möglicherweise könnte Professor Scrimgeours Steckenpferd damit zu tun haben. Die Angelologie.«
Gasperetti straffte sich augenblicklich. Mit seinen glatt gekämmten, öligen Haaren wirkte er auf Coelho wie eine Gestalt aus dem vorletzten Jahrhundert, eine penetrante, ungeduldige Figur.
»Aha, die Angelologie. Sehr amüsant. Sagen Sie, Herr Kommandant, das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
»Natürlich nicht, Eminenz. Sie werden nun gewiss verstehen, weshalb ich mich nur sehr ungern in Spekulationen ergehe.«
Gasperetti setzte ein säuerliches Lächeln auf, hielt sich ansonsten aber zurück. Coelho war klar, dass der Kardinal einiges mehr wusste, als er ihm gegenüber zugeben durfte. Dass er jedoch von den Ringen und dem Porträt erfahren hatte, war eher unwahrscheinlich. Umso wahrscheinlicher war es hingegen, dass er von Schwester Catherine und Ciban wusste, und davon, dass Ciban nach dem Anschlag und der Ermordung Scrimgeours ausgerechnet in Catherines Wohnung gefunden worden war. Coelho entdeckte in dieser Betrachtung einen gewissen inneren Frieden, denn selbst wenn Gasperetti vor Neugierde platzte, konnte er den Kommandanten unmöglich direkt fragen. Und Coelho würde auf eine nicht gestellte Frage auch keine Antwort geben, egal wie deutlich diese Frage im Raum schwebte.
»War das alles, Eminenz?«
»Noch nicht ganz, Herr Kommandant. Was ist mit der Mordwaffe?«
»Alan Scrimgeour wurde mit seinem eigenen Revolver erschossen und Kardinal Ciban mit derselben Waffe angeschossen.«
»Sie haben den Tatort untersucht. Gibt es inzwischen irgendeine Theorie, was den Tathergang betrifft? Befand sich womöglich eine dritte Person am Tatort?«
»Dafür haben wir bisher keinerlei Beweise, aber wir gehen davon aus und ermitteln deshalb auch bereits in diese Richtung. Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen wollen. Ich habe noch einen Termin in der Gerichtsmedizin.«
»Natürlich.« Gasperetti nickte zögerlich. »Aber halten Sie mich über Ihre Ermittlungen unbedingt auf dem Laufenden, damit ich Seiner Heiligkeit jederzeit Bericht erstatten kann.«
»Selbstverständlich, Eminenz«, sagte Coelho und fügte in Gedanken hinzu: Wir werden sehen.
Er verließ das Büro des Kardinals durch eine mit Goldverzierungen versehene Doppeltür, die zu einem hohen, gewölbten Gang mit einer bemalten Decke führte. Beim Laufen ließ er die Begegnung mit Gasperetti noch einmal vor seinem geistigen Auge Revue passieren, und ihm wurde klar, dass die Befragung auch ein Loyalitätstest gewesen sein konnte. Womöglich versuchte Gasperetti nicht nur herauszufinden, was mit Ciban geschehen war, sondern auch zu ermitteln, inwieweit er den Kommandanten auf seine Seite und damit auf die Seite des Lux Domini zu ziehen
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