Engelsrache: Thriller
Kinder hatte. Ob er einen Hund hatte, wusste ich allerdings nicht. Doch zu meiner Erleichterung blieb alles ruhig. Nachdem ich mich hinreichend vergewissert hatte, dass meine Anwesenheit unbemerkt geblieben war, trat ich aus dem Schutz der Bäume und ging zur Garage. Sie bot nur Raum für ein Auto und war leer. Das andere Nebengebäude war eine Art Lagerschuppen, in dem Junior ein paar Werkzeuge und allerlei Gerümpel verwahrte, genug Brennstoff für ein hübsches kleines Feuer. Ich robbte mich von hinten an das Haus heran und lauschte mehrere Minuten in die Stille. Nichts.
Dann schlich ich langsam um das Haus herum und sah durch die Fenster, konnte aber in den Räumen nichts Auffälliges erkennen – weder einen Fernseher noch ein Radiogerät oder eine Nachtbeleuchtung. Als ich wieder am Hintereingang ankam, ging ich rasch die Betonstufen hinauf und versuchte die Tür zu öffnen. Sie war unverriegelt. Ich zog kurz in Erwägung, hineinzugehen und zusätzlich zu den übrigen strafbaren Handlungen, die ich geplant hatte, auch noch einen Einbruch zu begehen. Doch dann entschied ich mich dagegen. Falls Tester zu Hause war, musste ich ihn ins Freie locken. Es war an der Zeit, meinen »Plan« in die Tat umzusetzen.
Ich lief zu dem Schuppen zurück und ging hinein, knipste die Taschenlampe an, raffte ein paar Lumpen und einige Holzstücke zusammen, schaltete die Taschenlampe wieder aus und ging wieder nach draußen. Dann schichtete ich das Holz und die Lumpen ungefähr drei Meter von dem Schuppen entfernt zu einem kleinen Haufen auf, und zwar an einer Stelle, die für Tester gut zu sehen war, falls er zur Hintertür hinausschaute. Dann kramte ich Carolines Handy aus der Tasche und wählte die Nummer, die ich mir einige Stunden vorher eingeprägt hatte. Ich hörte, wie drüben im Haus das Telefon klingelte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Viermal.
In einem Zimmer auf der Rückseite des Hauses ging das Licht an. Ich schüttete eilig Benzin aus meiner Flasche auf den Holz-Lumpen-Haufen, legte eine hinreichend lange Benzinspur und entzündete sie mit dem Feuerzeug. Keine Sekunde später stand der Haufen lichterloh in Flammen. Drinnen klingelte das Telefon gerade zum achten, dann zum neunten Mal.
Ich rannte zum Haus hinüber und kauerte mich unten vor die Veranda. Los, heb schon ab! Geh endlich an das verdammte Telefon! Wieder klingelte es.
Dann knackte es in meinem Handy.
»Hallo?«
»Junior«, sagte ich, »haben Sie schon gesehen, dass Ihr Schuppen brennt?«
»Was? Wer spricht da?«
»Ihr Schuppen steht lichterloh in Flammen. Am besten, ich rufe die Feuerwehr an.«
Ich beendete das Gespräch, schob das Handy wieder in die Tasche und wartete. Dann waren im Haus schwere Schritte zu hören, die rasch näher kamen. Ich stand auf und drückte mich mit dem Rücken gegen das Haus.
Komm schon raus. Los, komm schon raus.
Ich hörte, wie der Türknauf gedreht wurde und die Tür aufging. Oben auf der Veranda – kaum einen Meter von mir entfernt – erschien eine Gestalt. Tester.
»Was zum …?«, hörte ich ihn sagen.
Er kam die Stufen herunter. Als er unten angekommen war, umfasste ich mit beiden Händen den Gehstock und löste mich von der Wand. Ich ließ mich auf ein Knie sinken und schlug ihm den Stock mit voller Wucht gegen das Schienbein. Der Stock traf ihn mit einem lauten Krachen. Tester heulte auf und stürzte auf die Knie.
Ich ließ den Stock fallen, warf mich auf ihn, nahm ihn sofort in den Würgegriff und kletterte auf seinen Rücken. Dann drückte ich kräftig zu. Als ich meine Beine um seinen Oberkörper schlang und ihn rückwärts auf mich zog, spürte ich, wie er zu strampeln anfing.
Er versuchte, eine Hand nach hinten zu bringen und mir das Gesicht zu zerkratzen, doch je heftiger er sich wehrte, umso kräftiger würgte ich ihn. Schon nach wenigen Sekunden verließen ihn die Kräfte.
»Gut, dass ich schwimmen kann«, flüsterte ich ihm ins Ohr.
Als er meine Stimme hörte, erstarrte er.
»Jetzt weißt du, wie leicht es ist, dich hereinzulegen«, sagte ich und lockerte ein wenig meinen Griff. »Wenn du mir oder einem von uns – meiner Frau oder meiner Tochter – noch ein einziges Mal zu nahe kommst, bring ich dich um, das schwöre ich bei Gott. Und dann entsorge ich dich so gründlich, dass dich nie jemand findet.«
Ich drückte ihm abermals so kräftig den Hals zu, dass er wenige Sekunden später ohnmächtig war. Als er schlaff wie ein Sack auf mir lag, löste ich meinen Griff und tastete ihn von oben bis
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