Engelsrache: Thriller
Strafverteidiger bin?«
»Wie gesagt: Wir haben hier für drei Schichten nur fünf Ermittler und nicht genügend Streifenbeamte, um eine ganze Familie zu schützen. Schließlich haben wir auch noch was anderes zu tun. Außerdem bezichtigen Sie einen Polizeibeamten eines schweren Verbrechens, ohne dafür stichhaltige Beweise vorzulegen. Unter diesen Umständen kann ich leider nicht viel für Sie tun.«
»Und was soll ich jetzt machen? Vielleicht darauf warten, dass der Kerl wieder aufkreuzt?«
»Am besten, Sie legen sich eine Waffe zu.«
»Ach, Waffen habe ich genug. Ich hatte nur gehofft, dass Sie es mir ersparen würden, diese Waffen zu benutzen.«
»Tut mir leid. Im Augenblick können wir leider nichts für Sie tun.«
»Danke, Sam. Vielen Dank für Ihre Nicht- Hilfe.«
Ich beendete das Gespräch, ging ins Arbeitszimmer und setzte mich an den Computer. Noch nie in meinem Leben war ich so wütend gewesen. Testers Adresse und Telefonnummer hatte ich im Internet bald gefunden. Dann ließ ich mir die genaue Route zu seinem Haus ausdrucken. Schließlich prägte ich mir noch seine Telefonnummer ein. Telefonnummern hatte ich mir schon immer sehr leicht merken können. Wenn ich so eine Nummer erst einmal gespeichert hatte, konnte ich sie jederzeit abrufen. Den restlichen Tag verbrachte ich damit, mir auszumalen, was mir alles passieren konnte, falls ich meinen Plan tatsächlich in die Tat umsetzen würde.
Abends um halb zwölf Uhr – Lilly hatte sich zum Schlafen schon wieder in unser Bett gelegt – saß ich am Küchentisch und bat Caroline, sich zu mir zu setzen. Dann erzählte ich ihr von dem Gespräch mit Sam Wiseman und dass die Polizei nicht bereit war, uns zu helfen. Schließlich holte ich tief Luft.
»Ich muss also wohl oder übel selbst hinfahren«, sagte ich.
»Wohin fahren?«, fragte Caroline.
»Nach Newport, diesem verdammten Junior einen Besuch abstatten.«
»Wann?«
»Jetzt gleich.«
»Nein, kommt nicht infrage.«
»Doch.«
»Nein, auf gar keinen Fall.«
»Doch, ich fahre jetzt zu ihm, Caroline. Davon kannst selbst du mich nicht abhalten.«
»Und was willst du machen, wenn du den Kerl tatsächlich zu Hause antriffst?« Sie war richtig empört, dann stand sie erregt vom Tisch auf. Kein gutes Zeichen.
»Weiß ich noch nicht. Ich weiß nur, dass ich nicht einfach hier herumsitzen kann. Auf die Polizei können wir uns nicht verlassen, also muss ich selbst was unternehmen. Setz dich wieder hin, ich will mit dir reden. Jetzt nimm doch endlich Vernunft an.«
»›Vernunft‹ nennst du das? Du willst mitten in der Nacht einen Irren zu Hause aufsuchen, und von mir verlangst du, dass ich Vernunft annehme? Du bist ja genauso verrückt wie Tester!«
Ich stand auf und ging ins Schlafzimmer, Caroline immer direkt hinter mir her.
»Der Mann ist Polizist, Joe«, sagte sie. »Der ist doch bewaffnet.« Ihre Stimme überschlug sich. In all den Jahren, seit wir zusammen waren, hatte ich sie nur ein paar Mal so erlebt.
»Nicht so laut. Lilly schläft.«
»Ich lasse mir doch von dir nicht den Mund verbieten. Lilly, wach auf! Dein Vater hat etwas Schwachsinniges vor! Am besten, du gibst ihm wenigstens noch einen Abschiedskuss, weil du ihn nämlich vielleicht nie wiedersiehst!«
Lilly drehte sich auf die Seite und fing an zu stöhnen, schlief aber unbeirrt weiter.
»Halte unsere Tochter da bitte raus«, sagte ich. Ich holte eine schwarze Jeans, ein marineblaues Kapuzen-Sweatshirt, meine alten Kampfstiefel und eine schwarze Wollmütze aus meiner Kleiderkammer. Dann ging ich wieder in die Küche und fing an, mich umzuziehen. Caroline rotierte die ganze Zeit wie ein Kampfhubschrauber um mich herum.
»Ich muss es irgendwie schaffen, diesen Kerl einzuschüchtern«, sagte ich, während ich das Hemd auszog. »Wenn mir das nicht gelingt, können wir uns in Zukunft unseres Lebens nie mehr sicher sein. Caroline, hast du schon vergessen, wie der Kerl sich aufgeführt hat? Er hat uns beobachtet. Er ist dir bis zum Supermarkt nachgefahren. Dann hat er mich verfolgt und mich mitsamt meinem Pick-up gewaltsam in den See befördert. Umbringen wollte er mich. Was erwartest du denn von mir? Dass ich mich einfach hinsetze und darauf warte, dass er wiederkommt? Wenn der erfährt, dass ich noch lebe, versucht er es ganz sicher noch mal. Kann aber auch sein, dass du beim nächsten Mal dran bist. Oder Lilly. Herrgott! Oder der Kerl wartet, bis er uns alle drei abknallen kann.«
»Das ist mir egal, Joe. Ich …«
»Nein, das ist
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