Engelsrache: Thriller
schon.«
»Und was ist mit dem Auto? Wissen Sie zufällig, was für ein Modell das war?«
»Ja, Sir. Die Brücke ist ja ziemlich schmal. Deshalb musste ich vorsichtig an dem Auto vorbeifahren. Eine Corvette. Toller Schlitten.«
»Und das Kennzeichen?«
»Keine Ahnung.«
»Und die Farbe?«
»Es war zwar dunkel, aber ich glaube, der Wagen war rot.«
»War die Frau allein, oder war noch jemand bei ihr?«
»Ich habe sonst niemanden gesehen.«
»Und im Auto?«
»Habe ich keinen gesehen.«
»Und wieso melden Sie sich jetzt erst, Mr … Wie war noch mal der Name – Watterson?«
»Ja. Virgil Watterson. Weil mir die ganze Situation etwas unangenehm ist.«
»Peinlich?«
»Ja, ich möchte nämlich nicht, dass jemand davon erfährt.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
Der Mann begann, leiser zu sprechen, als ob er Angst hätte, dass jemand mitbekam, was er sagte.
»Es ist wegen meiner Frau. Ich bin nämlich verheiratet.«
»Na und?«
»Ich war an dem Tag geschäftlich unterwegs und bin etwas früher zurückgekommen als geplant. Als ich über die Brücke gefahren bin, wollte ich gerade jemanden besuchen.«
»Wen denn?«
»Das möchte ich lieber nicht sagen.«
Plötzlich ging Landers ein Licht auf.
»Dann sind Sie also früher als geplant von Ihrer Reise zurückgekommen und wollten noch eine andere Frau besuchen, von der Ihre Frau nichts wissen darf?«
»Wäre denkbar.«
»Und nach Hause gekommen sind Sie erst am nächsten Tag?«
»Richtig.«
»Und dann haben Sie von dem Mord gehört und zwei und zwei zusammengezählt?«
»Genau.«
»Verstehe«, sagte Landers. »Und wieso haben Sie plötzlich Ihre Meinung geändert? Wieso melden Sie sich ausgerechnet jetzt?«
»Ich muss immer wieder an diese Geschichte denken. Ich träume jede Nacht von der Frau auf der Brücke. Ich fürchte, Sie haben die falsche Person verhaftet. Das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.«
Landers ließ sich auf dem Stuhl zurücksinken und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Er verspürte im Kopf ein hämmerndes Pochen.
»Haben Sie mir sonst noch was zu sagen, Mr Watterson?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Wären Sie bereit, vor Gericht auszusagen?«
»Lieber nicht.«
Landers notierte sich Wattersons Adresse und Telefonnummer und versprach, sich bei ihm zu melden. Falls auf Wattersons Aussage Verlass war, hatte wahrscheinlich Erlene Barlowe Testers Pimmel in den See geworfen. Oder sogar die Mordwaffe. Landers machte sich eine Notiz. Am besten, er ließ den See unterhalb der Brücke noch mal von Polizei-tauchern absuchen. War zwar schon geschehen, nachdem die Katze den Pimmel angeschleppt hatte, doch beim ersten Mal hatten die Taucher nichts gefunden.
Da die Frau auf der Brücke laut Watterson allein gewesen war, musste Angel Christian zu diesem Zeitpunkt entweder noch im Club gewesen sein, oder Erlene hatte sie schon nach Hause gefahren. Beide Varianten entzogen dem Mordverdacht gegen Angel jede Grundlage. Deacon Baker – dieser dumme Arsch. Hatte er selbst – Landers – Baker nicht geraten, nichts zu überstürzen? Hatte er ihm nicht gesagt, dass die Beweislage äußerst dürftig war? Nun sah es plötzlich so aus, als ob Watterson ganz zu Recht vermutete, dass sie die falsche Person eingesperrt hatten. Landers saß da und überlegte, was er tun sollte. Natürlich konnte er Wattersons Aussage protokollieren und zu den Akten nehmen. Allerdings konnte Dillard Akteneinsicht verlangen. Also würde Deacon ihn – Landers – zur Schnecke machen, falls Wattersons Aussage in den Unterlagen auftauchte. Keine sehr erquickliche Aussicht. Deshalb beschloss Landers, Deacon über Wattersons Anruf zu informieren und die Entscheidung damit der Staatsanwaltschaft zuzuschieben. Er wusste schon im Voraus, was Deacon sagen würde. Einen Fehler einzuräumen, das kam für den Staatsanwalt prinzipiell nicht infrage. Also rief Landers Bakers Büro an und erreichte den Mann ausnahmsweise sogar an seinem Arbeitsplatz. Er erzählte ihm von Watterson und von der Frau auf der Brücke.
»Aber der Mann ist doch nicht vertrauenswürdig«, sagte Deacon. Hatte Landers es nicht gewusst? Hatte er nicht gewusst, dass Deacon so etwas sagen würde?
»Aber Sie wissen doch, was das bedeutet«, sagte Landers. »Falls Erlene Barlowe in der Nacht wirklich allein auf der Brücke gewesen ist, dann haben wir höchstwahrscheinlich die falsche Person festgenommen.«
»Und was ist mit den DNS-Spuren an der Leiche? Stammen die etwa von der Barlowe?«,
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