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Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Murgia
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eine Ausrede für Claire und eine für meine Mutter an den Haaren herbeizuziehen, war unmöglich. Der Himmel musste warten. Die meisten Leute warteten ja ihr Leben lang darauf. Ich hatte Glück. In meinem Fall wartete der Himmel auf mich, jedenfalls, bis ich nach Hause kam.

KAPITEL 12

    Das weiße Auto wartete vor der Tür auf mich. Dumpfes Bassgewummer quoll durch die für mich geöffnete Beifahrertür, die ich zuknallte, sobald ich saß.
    »W as hörst du denn da?« Den Krach konnte man nicht als Musik bezeichnen. Ich verzog das Gesicht.
    »V on Ryan. Cool, was?« Claire musste über ein kreischendes Gitarrensolo hinwegbrüllen, das den Wagen zum Erzittern brachte. Komischerweise schien ihr das nichts auszumachen. Mit quietschenden Reifen legte sie einen Kavaliersstart hin. Eine Antwort meinerseits erübrigte sich. Meine Stimme konnte es weder mit dem Heavy-Metal-Lärm noch den quietschenden Reifen aufnehmen. Vermutlich war ihr meine Meinung auch egal.
    Der Gedanke an die Nachbarn, die der Lärm an die Gardinen trieb, und schlimmer noch an das Gesicht meiner Mutter, trieb mir die Schamesröte ins Gesicht.
    »Könntest du bitte leiser drehen?«
    »W as?«
    »Mach leiser!«
    Wahrscheinlich war das keine gute Idee. Ein geringerer Geräuschpegel würde Gelegenheit zu dem befürchteten Gespräch über meine Verabredung mit Garreth geben. Aber wenigstens würde ich im Alter noch hören können.
    Mit Erstaunen sah ich, dass Claire reagierte und den Knopf eine Winzigkeit nach links drehte. Wenigstens musste ich nicht länger brüllen.
    »Ist das nicht GEIL ?«
    »Gehört nicht zu meinen Favoriten, aber jedem das seine.«
    Ich starrte auf den Stapel neuer CD s. Gerade mal zwei davon sagten mir was. Ich suchte nach was Ruhigerem und merkte, dass ihre ganzen alten CD s weg waren. Und die Stereoanlage vor mir war erst recht eine Überraschung. Sie war riesig und sah teuer aus, mit so vielen Knöpfen und Schaltern, dass man wahrscheinlich problemlos eine Atombombe damit abfeuern konnte.
    »W as ist mit deiner alten Stereoanlage? Die dir dein Bruder zum Geburtstag eingebaut hat? Vor vier Monaten?!«
    »Ist das nicht toll? Ryan sagt, die Akustik von dem alten Ding war Schrott.«
    »Altes Ding? Schrott? Hallo? Die war nagelneu! Erstklassig!« Ich traute meinen Ohren kaum. »Simon hat kilometerweise Rasen gemäht letzten Sommer, um sie dir schenken zu können.«
    Ich konnte mir ausrechnen, wie verletzt Claires älterer Bruder sein würde, wenn er erfuhr, dass der Lohn für seine Mühen entsorgt worden war. In dem Momentwurde die Musik wieder so laut, dass ich bequemerweise nicht mehr zu hören war.
    Ich starrte sprachlos aus dem Fenster und wünschte verzweifelt, ich wäre jetzt nicht mit meiner besten Freundin unterwegs, die auf einmal eine Fremde war. Claire war heute nicht Claire, und dabei ging es um mehr als einen neuentdeckten Musikgeschmack. Jede Straßenlampe, die das Innere des Autos kurz erleuchtete, erhellte Claires Verwandlung: die Klamotten, das Make-up, die so völlig andere Claire, in die sie sich heute Abend verwandelt hatte.
    In den sechs Sekunden Ruhe zwischen zwei Liedern machte ich einen Kompatibilitätsabgleich zwischen ihr und mir. Erstaunlicherweise betäubte mich die Stille noch mehr als der Krach. Zu spät merkte ich, dass wir gerade an Starbucks vorbeigefahren waren.
    »He, Claire, du hast die Ausfahrt verpasst!« Ich drehte den Lautstärkeregler bis zum Anschlag zurück. »Claire! Du bist vorbeigefahren!«
    »W eiß ich.« Sie warf mir einen verschmitzten Blick zu und blieb verteufelt gelassen. »W ir gehen nicht Kaffeetrinken. Wir gehen richtig weg.«
    »W eg oder aus?«
    »W ie du willst, aber ich werde nicht noch einen öden Samstagabend in diesem Kaff verbringen!«
    Das große grüne Schild auf der rechten Seite, an dem wir vorbeirasten, war Warnung genug. Bevor ich noch etwas sagen konnte, fuhren wir aus Hopewell raus und in die nächste Stadt hinein. Leider war mir klar, was hierabging. In der Schule hatte man davon gemunkelt, aber keiner hatte den Mut gehabt, hinzugehen.
    »Ein Rave? Wir fahren zu einem Rave?«
    Meine Stimme war schrille ein oder zwei Oktaven höher als sonst. Enttäuscht sah Claire mich an, machte aber keinerlei Anstalten, umzudrehen. Ich brachte die Musik ein für allemal zum Schweigen, was sie mit einem bösen Blick quittierte.
    »Hast du mal daran gedacht, dass es schwierig werden könnte, überhaupt reinzukommen?«
    Ich gab mir Mühe, nicht sarkastisch zu klingen. Ich war

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