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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Wort, und dann starb er. Er sah mich in der Tür und brachte unter Stöhnen meinen Namen heraus. So wie er mich immer genannt hat, als wir klein waren. Er hat mich immer Steffí genannt.«
    »Und die beiden haben gehört, wie er deinen Namen sagte, bevor er starb. Steffí.«
    Sie blickte Erlendur verwundert an.
    »Welche beiden?«
    Plötzlich wurde die Zimmertür aufgestoßen, und Eva Lind erschien. Sie starrte von Stefanía zu Erlendur und dann wieder auf Stefanía und schüttelte den Kopf.
    »Wie viele hast du eigentlich gleichzeitig?«, fragte sie und warf ihrem Vater vorwurfsvolle Blicke zu.

Dreiunddreißig
    Ösps Verhalten hatte sich nach außen hin in keinerlei Weise verändert. Erlendur stand da und schaute ihr wieder einmal bei der Arbeit zu. Erlendur fragte sich, ob sie irgendwann Reue oder Anzeichen von Gewissensbissen zeigen würde.
    »Hast du diese Steffí gefunden?«, fragte sie, als sie ihn im Gang stehen sah. Sie warf einen Haufen Handtücher in den Korb mit der schmutzigen Wäsche, nahm sich ein paar neue und ging damit ins Zimmer. Erlendur trat näher und blieb gedankenverloren in der Tür stehen.
    Er dachte an seine Tochter. Es war ihm gelungen, ihr klar zu machen, wer Stefanía war. Als Stefanía gegangen war, hatte er Eva Lind gebeten, auf ihn zu warten. Es würde nicht lange dauern, dann würden sie zusammen nach Hause gehen. Eva setzte sich auf das Bett, und er sah sofort, dass sie erschöpft war, spürte gleich, dass sie nachgegeben hatte. Sie war gereizt und hektisch und gab ihm die Schuld für alles, was in ihrem Leben schief gelaufen war. Er stand da und hörte zu, ohne ein Wort zu sagen, ohne ihr zu widersprechen, damit hätte er ihre Wut nur noch mehr geschürt. Er wusste, warum sie wütend war. Sie war nicht wütend auf ihn, sondern auf sich selbst, weil sie den Kampf aufgegeben hatte. Sie hatte es nicht mehr ausgehalten.
    Er wusste nicht, was sie genommen hatte. Er schaute auf die Uhr.
    »Hast du es eilig?«, fragte sie. »Die Welt muss wohl mal wieder gerettet werden?«
    »Kannst du hier auf mich warten?«, fragte er.
    »Verpiss dich«, sagte sie, und ihre Stimme klang heiser und hässlich.
    »Warum tust du das?«
    »Halt die Klappe.«
    »Wirst du auf mich warten? Es dauert nicht lange, und dann können wir zusammen nach Hause gehen. Hast du nicht Lust dazu?«
    Sie antwortete ihm nicht, saß mit hängendem Kopf auf dem Bett und starrte zum Fenster hinaus, in die Leere.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte er.
    »Nicht gehen«, sagte sie, die Stimme klang nicht mehr so hart. »Warum musst du ewig irgendwohin?«
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Was ist los?!«, schrie sie. »Alles ist los, alles! Dieses Scheißleben, das ist los, dieses Scheißleben. In diesem Leben ist alles los. Ich habe keinen Schimmer, was das alles soll. Ich weiß echt nicht, wozu das alles gut sein soll. Wozu! Wozu?!«
    »Eva, das wird schon …«
    »Mein Gott, wie ich sie vermisse«, stöhnte sie.
    Er nahm sie in die Arme.
    »Jeden Tag. Morgens beim Aufwachen und abends beim Einschlafen. Ich muss jeden Tag an sie denken und das, was ich ihr angetan habe.«
    »Das ist gut«, sagte Erlendur. »Ja, du musst dich jeden Tag an sie erinnern.«
    »Aber es ist so verdammt schwer, und man wird das alles nie los. Nie. Was soll ich bloß machen? Was kann ich da überhaupt machen?«
    »Sie nicht vergessen. An sie denken. Immer. Auf diese Weise hilft sie dir.«
    »Mein Gott, wie ich das bereue. Was bin ich nur für ein Mensch? Wer tut seinem eigenen Kind so was an?«
    »Eva.« Er nahm sie wieder in die Arme, und sie schmiegte sich an ihn. So saßen sie schweigend auf der Bettkante, während sich der Schnee leise über die Stadt legte.
    Sie hatten eine ganze Weile dort gesessen, bis Erlendur ihr zuflüsterte, dass sie hier im Zimmer auf ihn warten solle. Er wollte mit ihr bei sich zu Hause Weihnachten feiern. Sie schauten einander in die Augen. Sie war ruhiger geworden und nickte zustimmend.
     
    Jetzt stand er eine Etage tiefer in der Zimmertür und beobachtete Ösp bei der Arbeit, konnte seine Gedanken jedoch nicht von Eva lösen. Er wusste, dass er so schnell wie möglich zu ihr zurück-und sie mit nach Hause nehmen musste, um an Weihnachten mit ihr zusammen zu sein.
    »Wir haben mit Steffí gesprochen«, sagte er ins Zimmer hinein. »Sie heißt Stefanía und ist die Schwester von Guðlaugur.«
    Ösp kam aus dem Badezimmer.
    »Und was ist, streitet sie alles ab, oder …?«
    »Nein, sie streitet nichts ab«, sagte Erlendur.

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