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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Hast du sie gesehen? Ich wollte bloß mal nachschauen.«
    Zorn wütete in ihrem Innern. »Ich hab die Nase voll von dir. Du bist nicht mein Vater. Ist mir scheißegal, was Ubu meint.«
    Sie schnappte sich die Kontrolltafel und machte sich an die Arbeit.
    Er mußte irgendwo da drin sein.

    Die schöne Maria arbeitete zwei Stunden lang angestrengt und wie besessen von einer Wut, die ihre Lippen bleich werden ließ, dann hatte sie Pasco festgenagelt. Sie machte ihn ausfindig, setzte das Programm außer Betrieb, das ihn nach jedem willkürlichen Erscheinen versteckte und woanders ablegte, riffelte seine Software wie einen Strang Wolle auf und stopfte ihn in eine Datei mit turmhohen Sicherheitsvorkehrungen. Der erste holographische Geist der Galaxis war in die Ecke getrieben und in einen Käfig gesperrt worden.
    Wenn es nach der schönen Maria ging, würde er dort nie wieder herauskommen.
    In der Zwischenzeit war Ubu nach draußen gegangen und mit einer anderen, teureren Variante der Uniform zurückgekommen. Es stellte sich heraus, daß das Surat ein Bekleidungsgeschäft war. Er brachte Magda nicht mit, ebensowenig wie den Geruch ihres Parfüms.
    Umgang mit reichen Leuten pflegen, dachte sie. Sie hatte doch gewollt, daß er das tat, oder nicht?
    Sie zog sich für die Hafenstadt ein einteiliges, dunkelgraues Trikot mit etwas helleren Maschen an, die per Laser in den Stoff gebleicht worden waren, ein kaum wahrnehmbarer Streifen, der an ihrer rechten Hüfte anfing und diagonal über ihre linke Brust zur Schulter hochstieg. Sie bestäubte ihre Wangenknochen und die Schultern mit Glitter, zog sich ein Paar fransenbesetzter Mokassins an und brach auf.
    In der Hafenstadt hüpfte sie die kurze Metallstraße entlang, die wie ein silberner Ring an einem Finger um das schmale Ende der Bezel-Station herumführte. Sie ging von einer Bar zur anderen, von einem Club zum nächsten. Sie aß, tanzte, stieg manchmal bei einer der meistens unfähigen Shooterbands ein, traf ein paar alte Freunde und setzte sich zu ihnen an den Tisch, trank und aß mit ihnen und genoß ihre rauhe Gastfreundschaft. Die freundlichen, ein bißchen neidischen Fragen über die Herkunft der Fracht der Runaway ignorierte sie, ebenso wie ein paar etwas direktere Anmachen.
    Lärm, Gelächter und Geschrei brodelten um sie herum. Die schöne Maria trank, tanzte und lachte aufs Stichwort, aber aus irgendeinem Grund war sie innerlich wie aus Eis. Sie fand ihre Begleiter einfach ein bißchen seltsam, ein bißchen fremd. Früher hatte sie sich in der Hafenstadt immer zu Hause gefühlt, ebenso wie in anderen Shootervierteln auf jeder anderen Station und in jedem anderen Habitat. Sie hatte sich durch ein Habitat nach dem anderen treiben lassen, hatte sich gedankenlos in das turbulente Leben gestürzt. Jetzt jedoch sah sie es – zumindest teilweise – mit anderen Augen; mit denen von Zwölf? Oder von Mahadaji? Und die Shooter kamen ihr fremdartig vor: Glücklich, ungebunden, profan, in Fetzen und Lumpen gekleidet, die sie tapfer trugen, als ob es Fahnen wären. Hervorragend in allem, was sie taten, so effektiv, daß die Multi-Pollies sie als Bedrohung ansahen und sich daranmachten, sie zu vernichten. Isolierte Menschen, die nur ihre eigene Welt, ihr eigenes Gewerbe kannten und sich für nichts außer der brennenden Realität des Jetzt interessierten.
    Dem Untergang geweiht. Noch eine Generation, dann war alles vorbei.
    Weil sie nichts begriffen? fragte sie sich. Weil sie so auf ihre Fähigkeiten vertrauten, an die Notwendigkeit und Richtigkeit ihres Lebens glaubten, daß sie gar keinen Wert darauf legten, herauszufinden, warum andere – solche, die in Palästen mit Bronzefassaden wie dem Pan-Development Club lebten und arbeiteten – sie auszuradieren beschlossen, so wie ein Systemoperator eine alte Datei löschte, die er nicht mehr brauchte? Die Shooter hatten keine Ahnung, warum, dachte Maria, sie begriffen es nicht, und sie hielten es auch nicht für der Mühe wert, es herauszufinden. Mit dem Schießen kennen wir uns aus, hatte Ubu gesagt. Schließlich sind wir Shooter. Weißt du was Besseres als das Jetzt?
    Ihr Herz wurde kalt. Das Striffgeschrei kam ihr heiser, die Freude darin künstlich vor. Sie wußte, das würde alles vernichtet werden, so vollständig, als ob es auf der falschen Tangente in eine Singularität hineingesaugt und zu schwarzer, verdichteter Materie zusammengepreßt würde, wo nichts, auch nicht der kleinste Partikel Raum zum Atmen hatte.
    Sie fragte

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