Engelstation
und flexibler planen.«
»Kann sein, daß sie’s mir nicht erzählt.«
»Dann mußt du’s eben auf andere Weise rauskriegen. Schau im Logbuch des Schiffes nach. Tu, was du tun mußt.«
Ein Zittern lief über Kits Rücken. Er unterdrückte es. Marco war so etwas wie ein Familiendämon, dachte er. Man konnte ihn nicht loswerden, aber manchmal konnte man mit ihm handeln. »Ich mach’s«, sagte er. Eine Entschlossenheit erfüllte ihn, von der er gar nicht gewußt hatte, daß er sie besaß. »Aber ich will auch was dafür haben, Schiffsführer«, sagte er.
Marcos feuchte schwarze Augen starrten Kit an. In ihnen war so wenig Mitleid wie im Vakuum um das Schiff herum. Er hob eine knorrige Hand, streckte einen Finger nach Kit aus. Den Mittelfinger, den er immer benutzte, um etwas zu zeigen. »Komm mir nicht mit so einem kindischen Scheiß, Kleiner. Ich kann dir das Leben zur Hölle machen.«
Haß loderte in Kits edelsten Teilen auf und gab ihm die Kraft, dem alten Mann in die Augen zu schauen.
»Ich will den Shooter-Status«, sagte er. »Auf der Familia, bei meinem Vater.«
»Hm.« Marco schien darüber nachzudenken. »Sieh bloß zu, daß du mir die Informationen ranschaffst, Kleiner.«
Als Marco ihn nicht sofort anblaffte, fühlte Kit eine leise Aufwallung von Hoffnung. Vielleicht kam er hier heraus, zurück auf ein Schiff mit normalen Menschen. »Abgemacht, Schiffsführer?«
»Abgemacht«, sagte Marco. »Wenn du mir bringst, was ich wissen muß. Wenn nicht, vergiß es. Ich brauche keine Shooter, die nur Mist bauen können.« Er streckte die Hand zu Juans Koje aus und drehte sich zur Tür um. »Du bist von deinen regulären Diensten befreit«, sagte er, als er sich zur Tür abstieß. »Konzentrier dich nur darauf, daß Maria sich prächtig mit dir amüsiert.«
Kit sah ihm nach. Aus irgendeinem Grund war ihm nicht danach zumute, danke zu sagen.
Eins mußte er sich ganz klar machen und es unablässig im Kopf behalten, dachte er, nämlich warum er das tat, was er vorhatte.
»Hi. Ich wollte mich bloß dafür entschuldigen, wie ich mich vorgestern benommen habe.«
Die schöne Maria legte den Kopf schief, während sie sich die Aufzeichnung von Kit ansah. Hatte er sich einer Hormonbehandlung unterzogen? Sein Gesicht wirkte irgendwie ausgeprägter. Erwachsener.
Kit rutschte auf seinem Stuhl herum. »Marco hat mir verboten, dich wiederzusehen, und ich hatte Angst, daß uns jemand zusammen sehen könnte. Einer meiner Neffen war da. Vielleicht hast du ihn gesehen.« Maria dachte zurück, konnte sich jedoch nicht erinnern, andere de Suarez-Leute in dem Laden gesehen zu haben. Aber das hieß ja nicht, daß keine dagewesen waren.
Kit sah sich um, als ob jemand mithören könnte, wie er den Sender benutzte. »Ich möchte dich trotzdem gern sehen, wenn du magst. Aber besser nicht in der Öffentlichkeit. Nicht mal in einem Hotel.« Seine Stimme verklang. »Vielleicht könnte ich auf die Runaway kommen.« Kit wirkte verlegen. Er blickte in die Kamera, machte den Mund auf, um etwas zu sagen, und überlegte es sich dann anders.
Maria fragte sich, ob es › Ich liebe dich ‹ gewesen war.
»Hinterlaß eine Nachricht im Stationsnetz, wenn du willst. Ich bin morgen vormittag und den ganzen Rest des Tages auf der Station.«
Die Botschaft war zu Ende. Maria schaute den leeren schwarzen 3D-Schirm an und überlegte, in welcher Hinsicht Kit sich verändert hatte. Er wirkte erwachsener, schien sich jedoch auch unwohler zu fühlen. Vielleicht hatte er bloß nicht gewußt, wie er das, was er sagen wollte, in Worte fassen sollte.
Maxim sprang der schönen Maria auf den Schoß. Wenigstens war ihre Beziehung zu Kit unkompliziert gewesen, dachte Maria, während sie die Katze kraulte. Er hatte sie weder gebeten, ein komplettes vergeudetes Leben auszugleichen, wie es Mitaguchi getan hatte, noch hatte er wie Ubu verlangt, daß sie ihr Verhalten an komplexen, ganz und gar unausgesprochenen Normen ausrichtete. Kit wollte nur eins, nämlich daß man ihn für eine Weile von seiner Familie fernhielt.
Sie würde Zwölf verstecken müssen, dachte sie. Und vielleicht würde Ubu gar nichts davon merken.
Die Innenluke glitt auf. Die schöne Maria trug eine rote Weste mit silbernen Borten und eine graue Röhrenhose. Beides sah aus, als ob es aus dem Kleiderschrank einer Buchhalterin auf der Station stammte. Der Kontrast sollte verblüffend wirken, und er zauberte ein Grinsen auf Kits Gesicht, als er seinen Helm entriegelte und mit dem harten
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