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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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bemerkt. Er ließ sie mit ihrer Arbeit allein.
    In Ubus Adern zirkulierte immer noch müßig die Droge; er haute sich hin und schlief ein paar Stunden. Er träumte von der Geliebten, deren barocke Diener, in ihr fremdartiges blaues Licht gebadet, zum Rhythmus ihres Getrommels tanzten, und erwachte mit ihrem scharfen Geruch in der Nase.
    Sein Verstand war klar, sein Körper entspannt. Die Energie, die während der letzten Wochen in ihm gelodert hatte, war verebbt. Er war zufrieden damit, wieder allein mit Maria und der Runaway im Kosmos zu sein.
    Und mit der Geliebten, dachte er. Und mit der Geliebten.
    Er schaute bei Maria hinein und sah, daß sie schlafend in der Koje lag. Ihr blasser Körper lag ausgestreckt im Dunkeln. Er schloß die Schirmtür und begab sich zum Salon, wo seine Instrumente warteten. Er rief einen anderen Rhythmus der Geliebten auf, den langsamen, zu dem Zwölf meditiert hatte, und spielte versuchsweise Akkordstrukturen vor sich hin. Die Realität der Geliebten stieg strahlend in seinem Geist auf, eine grellweiße Sonne, die den Horizont eines sie verfinsternden Mondes umschloß."
    Stunden vergingen. Die Komposition war diesmal länger und viel durchdachter. Das Schiff der Geliebten entstand wie von selbst vor Ubus geistigem Auge. Als er aufhörte, schrieb sich das fremde Schiff in einen unlöschbaren Winkel seines Geistes ein, während es gleichzeitig verblaßte.
    Ubu fand die schöne Maria in der Kombüse, wo sie sich Frühstück machte. »Kommst du klar mit dem Lahore?« fragte er.
    »Bei den Simulationen läuft’s schon besser.« Sie füllte einen Ballon mit Allsaft. »Wenn ich ein bißchen wacher bin, würde ich gern den nächsten Schuß machen.«
    »Klar.« Er sah zu, wie sie ein Gemisch aus Eiern und Milch in eine heiße Pfanne goß. Ein gedämpftes Brutzeln war zu hören.
    »Weißt du«, sagte Ubu. »Ich hab über die Geliebte nachgedacht.«

    »Die Geliebte hat viel mit mir gemeinsam«, erklärte Ubu. Er hatte die ganze Zeit geredet, während Maria frühstückte, war auf dem abgestoßenen Boden der Kombüse auf und ab gehüpft, während sie an dem kleinen Klapptisch aß. »Sie vergißt nichts. Ihre Wahrnehmungen müssen so eigentümlich sein wie meine. Vielleicht ist sie das, was ich in ein paar tausend Jahren sein werde.«
    »Du bist mobil, Shooter«, entgegnete Maria. »Sie nicht.« Sie kaute das letzte warme Stück geräuchertes Ferenc. Kleine Knochen knirschten unter ihren Backenzähnen.
    Wenn man Ubu von anderen Menschen absonderte, dachte sie, war es fast unproblematisch, mit ihm zusammenzuleben.
    »Die Geliebte erlebt alles durch ausgelagerte Sinnesorgane. Ihre Diener.«
    »Aber es muß Fehler bei der Übermittlung aus dem Bewußtsein ihrer ausgelagerten Sinnesorgane in ihr eigenes geben. Sie kriegt nicht das richtige Bild zu sehen.« Sie zeigte mit ihrem Allsaftballon auf ihn. »Außerdem bekommt sie die Nachrichten nicht in Echtzeit.«
    »Könnte sie aber, wenn sie die richtigen Sinnesorgane hätte.« Er begann wieder auf und ab zu hüpfen, während Maria ihn amüsiert beobachtete. »Hey, wir können der Geliebten Hardware verkaufen, die es ihren ausgelagerten Sinnesorganen ermöglichen würde, sie mit Echtzeit-Erlebnissen zu füttern. Holographische Übertragung, mit einem Interface, damit die Geliebte sie empfangen kann. Und wir können einen Haufen ihrer Diener durch Roboter ersetzen, die wir ihr verkaufen können.« Er sprang wieder auf und klatschte ein Händepaar über dem Kopf zusammen. »Damit könnten wir ein Vermögen machen.«
    » Noch ein Vermögen, meinst du.«
    Er grinste. »Ja. Genau das hab ich gemeint.« Er hüpfte wieder auf und ab. »Ich will die Geliebte von Angesicht zu Angesicht sehen. Meinst du, das wird sie zulassen?«
    »Ich bezweifle, daß es da viel zu sehen geben wird.« Maria dachte einen Moment darüber nach und gluckste. »Große Säcke mit Biomasse? Zimmer voller Hirngewebe? Grüner Schleim?« Sie lachte und zeigte auf Ubu. »Du kannst zu ihr hinschweben und ihr erklären, wie sehr ihr euch ähnelt.«
    Ubu lächelte widerwillig. Sie hatte ihn schon lange nicht mehr lächeln sehen. »Okay«, sagte er. »Hab ich mich also von der Begeisterung mitreißen lassen.«
    »Hauptsache, es kommt nicht wieder vor.«
    »Bestimmt nicht. Ich versprech’s. Keine Begeisterung mehr.«
    Maria stellte ihren Teller in die Spülmaschine und füllte ihren Allsaftballon wieder auf. Sie sah Ubu an, und eine jähe warme Zuneigung durchflutete sie. Sie legte ihm den Arm um

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