Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
Vom Netzwerk:
einsperren?« Kit hob die Hände. »Ich hab nichts damit zu tun.« Er machte einen Schritt nach vorn und faßte sie an den Armen. »Nach diesem Flug gehen wir auf ein anderes Schiff. Dann wird alles normaler.«
    Marias Wut knurrte in ihren Ohren. Sie riß sich mit einem Ruck von Kit los. »Marco denkt, daß alle so sind wie er«, fauchte sie.
    Kit schwieg. Vermutlich wußte er darauf nichts zu entgegnen.
    Wut heulte in ihren Knochen. Sie atmete tief ein. Die blaue Farbe des Schreins erinnerte sie an das blauweiße Licht auf dem Schiff der Geliebten. Der Raum war klein, mit Bänken, kleinen farbigen Laternen und der Statue einer hellhäutigen Frau in einem blauen Gewand.
    »Das ist eure Kirche, hm?« sagte sie.
    »Hauptsächlich die von Marco. Die meisten anderen von uns gehen nicht regelmäßig hin.« Kit klang erleichtert, daß sich die Unterhaltung auf neutrales Gebiet verlagert hatte.
    Maria ging den Gang hinunter und sah sich die Statue genauer an. Sterne mit Spitzen glänzten auf dem Gewand der Frau. »Warum bezeichnet man die als Sterne«, fragte sie, »obwohl da so viele Spitzen dran sind?«
    »Hab ich nie drüber nachgedacht.«
    »Religiöse Menschen sind nicht besonders schlau.«
    »Erzähl das Marco.«
    Die schöne Maria dachte darüber nach. »Ja«, sagte sie. »Okay. Akzeptiert.«
    »Soll ich dir unsere Kabine zeigen?«
    Sie drehte sich zu ihm um. »Klar.«
    Maria folgte ihm aus dem Schrein. Als sie auf den Korridor hinaustrat, überfiel sie ein Schwindelgefühl, ein Strudel purer Panik. Sie war allein hier, an einem fremden Ort; Marco hatte sie isoliert, und sie konnte nicht mehr auf die Runaway zurück. Noch nie war sie so gründlich von ihrem Zuhause abgeschnitten gewesen.
    Ihr Herz klopfte wie wild. Ein Wirbelwind kreischte durch ihren Geist. Irgendwie brachte sie es fertig, ihre Füße in Bewegung zu halten, als sie Kit durch den Korridor folgte. Sie hielt den Blick mit Bedacht auf seinen Rücken gerichtet. Sie sah, daß er sich vor kurzem die Haare hatte schneiden lassen, daß sein kurzes Nackenhaar zu einer zentralen, nach unten weisenden Spitze zwischen den beiden starken Sehnen in seinem Genick zulief. Ihre Furcht ließ nach. Kit blieb stehen, streckte die Hand aus und öffnete die Tür.
    Marias Wut kochte wieder hoch. Sie schaute Kit mit schierem Haß in sein offenes, lächelndes Gesicht. »Da wären wir«, sagte er. Du Schweinehund , dachte sie.

21. Kapitel

    Ich würde mit jedem de Suarez auf dem Schiff ins Bett steigen, wenn wir dadurch an diese Koordinaten rankämen.
    Die Stimme der schönen Maria klang in Ubus Kopf nach – jede Modulation war perfekt, jedes Wort von Zorn geschärft, von Säure verätzt. Er erinnerte sich daran, wie seine Fäuste sie getroffen hatten, an den Aufprall von Knöcheln auf Knochen.
    Haß war keine Rechtfertigung dafür. Selbst wenn Maria es so gewollt hatte. Selbst wenn es ihre Idee gewesen war.
    Er marschierte in der Zentrifuge auf und ab. Maxim saß auf seinen Schultern; seine Krallen piekten ein wenig.
    Schon wieder Mist gebaut .
    Ein Zittern durchlief ihn. Im Namen des Hasses war er zum Zuhälter geworden.

    Die Wände waren mit einem komplexen Muster aus Pornographie und Holobildern von Illustreifen-Stars verziert. Michiko Tanaka im Kettenhemd, die Augen dick mit Mascara geschminkt und die Lippen weiß bemalt, saß breitbeinig und grinsend auf dem blutigen Leichnam irgendeines Schurken; neben ihr hing ein lächelndes blondes Mädchen mit Sommersprossen auf der Nase und Samen im Gesicht. Inmitten eines Sammelsuriums von aufgerichteten Brustwarzen, keck gereckten Hintern, feuchten Mösen und bizarren Tätowierungen schwang Phil Mendoza ein Lasergewehr. Kit schien das alles peinlich zu sein, aber die schöne Maria fand den Anblick unglaublich komisch.
    Juan de Suarez war gerade dabei, seinen ganzen Toilettenkram in eine zusammenlegbare blaue Plastikbox zu packen. Seine Klamotten paßten alle in eine kleine Box; für seine Pillen, Vitamine, Zahnreiniger, Duftwässerchen, Kosmetikartikel und die Haarpomade brauchte er eine zweite, ebenso große.
    Auf die Kunstwerke an den Wänden erhob er keinen Anspruch.
    Kit und die schöne Maria sahen zu und versuchten, ihm aus dem Weg zu gehen; Kit lag auf seiner Koje, Maria ging von einer Stelle zur anderen. »Das ist wirklich ‘ne Überraschung für uns alle«, sagte Juan. »Ich finde, ihr beiden habt echt Glück.«
    Das sagte er nun schon zum dritten oder vierten Mal. Maria und Kit hatten es aufgegeben, darauf etwas zu

Weitere Kostenlose Bücher