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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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erwidern.
    Juan stellte die Kisten aufeinander, bückte sich dann und hob sie beide hoch. »Dann laß ich euch jetzt wohl mal allein.« Er sah Maria neidisch an. »Viel Spaß. Laß dich bloß nicht auf ‘n Spiralenspiel mit Kit ein.«
    Er ging hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Maria sah Kit an. »Spiralenspiel?«
    »Als ich in den Shootersalon reindurfte, fand ich raus, daß da immer reichlich gezockt wird. Wir setzen unsere Anteile von der nächsten Tour. Die meisten anderen Shooter riskieren dabei dauernd Kopf und Kragen.« Kit zuckte die Achseln. »Die haben wirklich keine Ahnung vom Spielen. Jeder, der halbwegs bei Verstand ist, kann sie schlagen.«
    »Bei Glücksspielen bin ich immer gut gewesen«, sagte Maria.
    »Schade, daß sie dich nicht in den Salon lassen wollen.«
    Ein langes, kaltes Schweigen entstand. »Ja«, sagte Maria. »Schade.«
    »Ist nicht meine Schuld.« Rasch: »Ich hab keine dieser Entscheidungen getroffen.«
    »Ich weiß.«
    »Wenn wir erst auf der Familia sind, ist alles wieder normal.« Kit ließ ein unsicheres Lachen hören. »Und wahrscheinlich haben wir dann auch ‘nen Haufen Geld. Sieht so aus, als ob die Anteile, die ich gewonnen habe, ‘ne Menge wert sein werden.«
    Der Gedanke, daß sie zur Abwechslung vielleicht einmal nett zu ihm sein sollte, tönte glockenhell durch Maria. Sie nahm ihren Kleiderbeutel, schob ihn unter Kits Bett und setzte sich dann neben ihn. Er nahm ihre Hand, und sie konnte nicht verhindern, daß sie erstarrte.
    »Sorry«, sagte sie. Sie holte Luft und versuchte sich zu entspannen. »Der letzte Kerl, der mich angefaßt hat, hat’s mit den Fäusten getan.«
    Sie konnte Kits plötzlich aufflammende Wut spüren, die Federstahlspannung, die bei dem Gedanken, daß ihr jemand Gewalt angetan hatte, durch seine Gliedmaßen ging. Auf einmal war es alles zuviel – ihre Wut, seine Wut, ihr intensives Gefühl des Alleinseins. Sie schüttelte langsam den Kopf.
    »War’s zuviel verlangt, wenn ich dich bitten würde, mich ein paar Stunden allein zu lassen? Ich bin einfach … ich hatte einen schlechten Tag.«
    »Klar. Okay.«
    Maria lächelte ihn an und drückte seine Hand. »Danke.«
    Sie küßte ihn, und er stand auf und sah sie bekümmert an. Sie konnte seine Besorgnis und seine Verwirrung erkennen, eine vage Enttäuschung.
    »Danke«, sagte sie. »Ich mach’s wieder gut, okay?«
    Maria sah zu, wie er die Schirmtür schloß. Ihr wurde schwindlig vor Erleichterung.
    Sie ließ sich auf Kits Koje zurücksinken und schloß die Augen. Ihr Wangenknochen tat weh, wo Ubu sie getroffen hatte; ihr Hals war steif, weil die Schläge ihren Kopf herumgerissen hatten. Das Kissen roch schwach nach Kit. Eine weitere Erinnerung daran, daß sie hier allein war, unter lauter Suarez-Leuten.
    Maria griff mit ihrem Geist hinaus und versuchte, die Elektronenwelt zu erreichen. Sie konnte sie undeutlich fühlen, ein sanftes Netz unbeständiger Energie um sie selbst und das Schiff herum. Das Gefühl war warm und vertraut. Das einzig Vertraute an diesem Ort.
    Sie stand auf, holte sich ihren Beutel und ging dorthin, wo der Schreibtisch in die Wand geklappt war. Sie klappte ihn samt dem Terminal heraus und zog sich einen Stuhl hin. Sie holte einen Zerstäuber mit Rot Neun aus dem Beutel, sprühte zweimal und wandte sich Kits Computerterminal zu.
    Paßworte , dachte sie. Denen werd ich’s zeigen .
    Die Elektronenwelt stieg auf und umfing sie.

    Schweiß glänzte auf dem Körper der schönen Maria, nachdem sie eine Stunde lang Schwerarbeit im Suarez-System geleistet hatte. Rot Neun machte sie überempfindlich für ihren Körper, für jeden Schmerz, jedes Jucken und jedes Unwohlsein. Sie schluckte etwas Blau Sieben, klappte den Schreiblisch wieder in die Wand und machte sie auf den Weg zur Dusche.
    Sie hatte sich in eine Datei nach der anderen geschmuggelt, hatte die vorläufige Vereinbarung mit der Geliebten gefunden und sie sich genau angesehen. Der Hauptcomputer der Abrazo war ein alter Kanto, und es dauerte eine Weile, bis sie sich darauf eingestellt hatte; dann jedoch sprang sie wie ein tanzender Funke durch das Kommunikationssystem und sorgte dafür, daß jeder weitere Kontakt mit Ubu oder der Geliebten in einem Buchhaltungsprogramm voller alter Daten abgelegt wurde, das nur aus steuerlichen Gründen beibehalten worden war, wie sie vermutete, und in das schon seit Jahren niemand mehr einen Blick geworfen hatte.
    Das war alles, was sie jetzt tun konnte: Vorbereitungen für den Moment zu

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