Engelstation
mit Marias Abendessen auf einem Tablett herein. Er blieb wie angewurzelt an der Tür stehen und starrte die übel zugerichteten Gesichter und Körper an der Wand sowie die dicken weißen Plastikflocken an, die über die ganze Kabine verstreut waren und hin und wieder den Blick auf holographisches Fleisch freigaben. Die schöne Maria sah seinen Gesichtsausdruck und konnte nicht verhindern, daß sie einen Lachanfall bekam, der sie schließlich auf die Koje warf, wo sie hilflos mit den Beinen strampelte und sich die schmerzenden Seiten hielt.
Als sie sich wieder erholt hatte, zeigte sie auf Tante Sandys Schachtel. »Willste ‘ne Makrone?« fragte sie. Kit sah sie bloß an. Maria konnte sich nicht beherrschen; sie brach erneut in brüllendes Gelächter aus.
»Ich danke dir, daß du auf die Runaway gekommen bist.«
»Der Dank gebührt allein der Geliebten.«
Ubu hatte Zwölf in der Luftschleuse soeben den Helm abgenommen. Er schaute jetzt direkt von oben auf Zwölfs Kopf, und von ihren Positionen um Zwölfs Voder herum erwiderten die vier Augen des Aliens seinen Blick. Ich hab mich daran gewöhnt, dachte Ubu. Der Anblick kam ihm nicht merkwürdig vor, nicht im geringsten.
»Ich habe über das Thema unserer letzten Unterhaltung nachgedacht«, sagte Ubu.
»Bist du damit einverstanden, uns die Information zu verkaufen, Schiffsführer Ubu Roy?«
Zwölf drehte sich langsam in der Luftschleuse. Das rührte von dem Schwung her, den er durch den letzten Ruck an seinem Helm bekommen hatte. Seine Augen blieben auf Ubu gerichtet.
»Ja, vielleicht – falls ich sie kriege«, sagte Ubu. Die langsam rotierenden Augen starrten ihn an. »Mir ist eingefallen, daß ich euch die gewünschte Information ja gar nicht geben kann, selbst wenn ich sie finde«, sagte er. »Jedenfalls nicht, solange ich eure Position nicht kenne.«
»Dieser Stern hier wird genügen«, erwiderte Zwölf. »Die Geliebte wird ihr Schiff von Zeit zu Zeit herfliegen. Sobald du die Information lieferst, beginnen wir sofort mit unseren Lieferungen.«
Ubu ballte die Fäuste. Hitze schoß durch seine Adern. Gott im Himmel, dachte er. Die Geliebte machte ihre Sache wirklich glänzend. Sie erlaubte Marco, Ubu aus dem regulären Lieferverkehr auszuschließen, was ihn in eine derart verzweifelte Lage brachte, daß er ihr hinter Marcos Rücken das Wissen verkaufte, mit dem sie bei weiteren Geschäften die Oberhand behalten würde.
»Die Übermittlung wäre praktischer, wenn ich wüßte, wo ich euer Schiff finden kann«, erklärte Ubu.
»Ich bin nur der Diener der Geliebten.« Eine schlichte Entgegnung.
Darauf gab es absolut keine Antwort.
Das Rot Neun störte Marias Schluckreflex immer noch. Kit versuchte mit ihr zu reden, während sie in dem Essen auf ihrem Teller herumstocherte, aber er hatte damit auch nicht mehr Erfolg als Tante Sandy. Er brachte das Tablett weg und kam nicht wieder zurück. Maria setzte sich von neuem ans Terminal und rief die Datei auf, in der die Zusammenkunft von Marco und Zwölf gespeichert war. Vielleicht würde sie das auf neue Ideen bringen.
Sie fand heraus, daß beide Seiten geringfügige Änderungen an dem Vertragsentwurf vorgeschlagen hatten. Der endgültige, geänderte Vertrag würde von der Geliebten gebilligt werden müssen, und morgen um dreizehn Uhr würde ein weiteres Treffen stattfinden.
Pläne schossen Maria wie gezackte Blitze durch den Kopf. Sie suchte sich zwei der besten aus, erwog ihre Möglichkeiten, rief einen Bauplan der Abrazo auf und traf ihre Vorbereitungen.
Danach blieb ihr nichts mehr zu tun. Sie nahm ein paar Schmerztabletten und Blau Sieben-Kapseln und verbrachte dann ihre Zeit damit, im Speicher des Kanto herumzustöbern. Ein großer Teil der Programme war uralt und für die Steuerung von Geräten gedacht, die schon vor Jahrzehnten ersetzt worden waren. Eine der ältesten Dateien war die Spieledatei, und Maria sah, daß im Shootersalon gerade das Spiralenspiel lief. Sie beschloß, eine Weile zuzuschauen. Sie sah, daß vier Spieler da waren, Juan, Ridge, Kit und jemand, der den Steuerhebel von Dancer bediente.
Maria lachte, als ihr wieder einfiel, daß Ridge sie auf der Engelstation eine Hure genannt hatte. Knisternde Störungen gingen von ihren Fingerspitzen aus. Sie begann damit, Ridge eine Serie guter Aufstellungen zu geben, von denen jede besser war als die vorherige; aber jedesmal gab sie einem der anderen etwas noch Besseres. Ridge verdoppelte, verlor einen Haufen, verdoppelte erneut und verlor
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