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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Nabelschnur gehalten, bis diese an ihm festgewachsen war, dann ließ man ihn matt am Ende des Bands herumzappeln. »Lob und Ehre«, winselte er. Speichel und Blut quollen ihm aus dem Mund.
    Wartet.
    Die anderen verschmolzen mit der Geliebten. Kleine Willenlose krochen über ihre Haut, säuberten und pflegten sie liebevoll mit ihren emsigen Zungen und zirpten vor Freude. Eins davon hüpfte von der Wand weg und blieb an Zwölf haften.
    Meine Kinder , sagte die Geliebte, ich mache euch Mitteilung von einer Gelegenheit.
    Zwölf stieß einen Freudenschrei aus. Die Schreie der anderen drangen gedämpft an seine Ohren.
    Gelegenheit . Es war lange her, daß Zwölf etwas zu hören bekommen hatte, was nach Glück klang.
    Die Geliebte hatte eine Pechsträhne gehabt.

    Zwölfs letzter Einsatz für die Geliebte hatte darin bestanden, ihr einziges noch verbliebenes Kind zu verkaufen. Nach dem Verschwinden von Erstkind und ihrem Schiff war alles jahrelang immer schlechter gelaufen, und die Kinder, die sie in glücklicheren, optimistischeren Tagen empfangen hatte, waren überall auf den Reisewegen der Geliebten bei nüchternen Tauschgeschäften in fremde und unsympathische Hände gegeben worden. Zuerst waren die Preise gut gewesen, und die Geschäfte hatten zumindest etwas Nützliches eingebracht: neue Dienermodelle, frisch gezüchtete Hardware für das Schiff, große Mengen codierten Wissens, das in Ketten lebenden genetischen Materials eingearbeitet war. Dann, als die Wirtschaftssysteme im Kern zusammenbrachen und das ganze Handelsgeschäft immer riskanter wurde, waren die Kinder der Geliebten zunehmend verkauft worden, um ihr schlichtes Überleben zu sichern.
    Dieses letzte, traurige, in seiner einen Meter achtzig dicken Harzhülle eingeschlossene Kind enthielt in seinem schlafenden Genmaterial das Potential für eine weitere Geliebte und all ihre Diener, für ein anderes Schiff von der gleichen Größe wie das der Geliebten. Zwölf, dessen Herzen vor Kummer überströmten, hatte das Kind mit den anderen zwei Mitgliedern seiner Delegation vom Schiff der Geliebten in das fremde Reich des Gitterclans gebracht, eine riesige, kugelrunde Handelsstation, die um den blaßgelben Gasriesen Gitter 4007 kreiste.
    Das Intelligenzwesen im Mittelpunkt von Station 4007 gehörte nicht zur Gitterrasse, sondern war eine gefangene Entität, die früher als Kind bei einem Tauschgeschäft an den Gitterclan verkauft worden war, ebenso wie es jetzt mit dem Kind der Geliebten geschehen würde. Während sie sich noch in ihrer Hülle befand, hatte man der Entität 4007 Gitterhormone und Gittergene injiziert und ihre ursprüngliche, angeborene Loyalität auf subzellularer Ebene zersetzt, bis sie ein gehorsamer chemischer Sklave des Gitterclans geworden war. Gitterstation 4007 war der genschädigenden Strahlung des Gasriesen ausgesetzt, und der Gitterclan hatte keine Lust, sein eigenes kostbares Plasma in einer derart gefährlichen Umgebung zu riskieren. Der erworbene Sklave genügte diesem Zweck vollauf.
    Zwölf und seine Kameraden wimmerten vor Traurigkeit, als sie die Hülle vom Schiff der Geliebten in die riesengroße Kugel der Fremden brachten. Die Trommelfelle von Entität 4007 schlugen drängende Rhythmen, die Zwölfs Vocoder fremd waren. Die Anwesenheit von Außenseitern ließ Zwölfs Haut kribbeln. In Gitterstation 4007 herrschte geschäftiges Treiben; hier hielten sich nicht nur Angehörige des Gitterclans auf, sondern auch welche von anderen Clans, die hier zu tun hatten. Frachtschlepper machten Doppelschichten, um Container von einem Schiff zum anderen oder von Schiffen in Lagerhallen zu befördern. Hartschalige Atmosphären-Schürfer, deren Körper von den enormen Gravitationsbelastungen arg in Mitleidenschaft gezogen waren, kehrten in Baggerschiffen zur Station zurück, mit denen sie sich auf der Suche nach exotischen Gasen und organischen Kettenmolekülen tief in die tödliche Atmosphäre des Gasriesen hineingestürzt hatten. Auf den Monden des Riesen schürften andere Diener des Gitterclans nach weniger wertvollen Stoffen, und Brocken kostbarer Erze wurden von Fast-Intelligenzen des neuesten Modells aus den klaffenden Mäulern von Intersystemtransportern geholt.
    Mit einer Würde, nach der ihm nicht zumute war, schleppte Allgemein-Willensfrei Zwölf mit Unterstützung von Allgemein-Willensfrei Acht und Neunzehn das Kind aus dem betriebsamen Ladebereich zu den Verwaltungsebenen der Station. Hier schlugen die Trommelfelle keinen so drängenden

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