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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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angeboten wurde, aber mehr hatte die Geliebte im Austausch gegen die komplette Liste ihrer eigenen Fähigkeiten nicht herausschlagen können.
    Von Zorn und der brennenden Schmach der Demütigung erfüllt, führte Zwölf seine Delegation aus dem Raum, bevor er den Todeskampf des Kindes der Geliebten miterleben mußte, wenn sich die tastende Nabelschnur seiner bemächtigte. Allgemein-Willensfrei Neunzehn stieß einen Wutschrei aus, als er Zwölf durch den Korridor folgte. »Blasphemie!« schrie er. »Jenes-Individuum sollte zur Auflösung verurteilt werden!«
    »Sei ruhig«, sagte Zwölf. »Wir sind der Schimmernde Clan. Wir dienen unserer Geliebten.«
    »Weh, o weh«, klagte Neunzehn.
    »Schweig!« rief Zwölf. Seine hinteren Augen fixierten Neunzehn mit einem wütenden Blick. Acht gab Neunzehn verärgert einen Stoß mit einer Hand. Neunzehn zitterte, hielt jedoch den Mund.
    Auf dem Weg in den Dockbereich hinunter fühlte Zwölf, wie ihn eine neuerliche Woge der Verzweiflung überlief. Er konnte sehen, daß die glänzenden Körper der Frachtschlepper die neuesten Biotechniken widerspiegelten und daß die vergrößerten Hirnschalen der Steuerelemente eine erhöhte Kapazität für mehrstufige Berechnungen zeigten, und er bemerkte, daß allein schon die Neuheit der Gitterstation zu demonstrieren schien, wie veraltet seine Geliebte war. Selbst die Willenlosen, die Abfall von den Wänden wegräumten, waren frisch gezüchtete Modelle.
    Neunzehn erschauerte, als die Delegation durch den riesigen Ladebereich schwebte. Seine Augen rotierten unabhängig voneinander, ohne sich auf etwas Bestimmtes zu richten. Er ließ einen langen Seufzer hören, leerte seine Blase und rollte sich dann zu einer Kugel zusammen. Willenlose entdeckten den Urin mit ihren modernen Sensoren und sprangen, um ihn abzufangen.
    Zwölf und Acht stießen die Willenlosen weg, ergriffen ihren angeknacksten Kameraden und trugen ihn heim. Andere Wesen schauten ihnen mit einer Mischung aus Entsetzen und Verachtung nach.
    Neunzehn zeigte selbst nach seiner Rückkehr zur Geliebten keine Anzeichen von Genesung. Er blieb katatonisch, und die Geliebte ordnete seine Auflösung an.
    Als er half, Neunzehn zu den Auflösungskammern zu bringen, machte Zwölf sich auf einen Auflösungsbefehl für Acht und ihn selbst gefaßt. Die Geliebte würde möglicherweise zu dem Schluß kommen, daß ihre Mission zu traumatisch gewesen war und daß ihre Stabilität und ihre zukünftige Brauchbarkeit darunter gelitten hatten.
    Der Auflösungsbefehl kam nicht. Nach einer kurzen, ekstatischen Verschmelzung hatte die Geliebte ihnen befohlen, sich in Stasis zu begeben, und ihre Körper waren durch das Harzgewebe gegen die bei der Beschleunigung mit hohen ge-Werten auftretenden Belastungen gepolstert und geschützt worden.
    Jetzt war Acht tot, weil seine Wiederbelebung gescheitert war. Nur Zwölf bewahrte noch die Erinnerung an die Schrecken jener letzten Reise, an den Schmerz, den Sprößling der Geliebten in die kalten Hände eines gleichgültigen Clans zu geben.
    Nur Zwölf. Und die Geliebte.

    Gelegenheit . Freude tanzte funkengleich in Zwölfs strahlendem Geist. Und dann kam die Erkenntnis, und alle Freude war ausgelöscht.
    Fremde! Invasoren! Töten! schrie Zwölf und schüttelte seine geballten Fäuste bei der schockierenden Kunde von Fremden, die fremdartiger waren als alle Angehörigen eines feindlichen Clans. Wahnsinn brodelte in seinem Gehirn. Die Hälfte der Diener der Geliebten hatte glasige Augen von dem Schock.
    Gelegenheit , besänftigte die Geliebte.
    Töten!
    Gelegenheit . Die sanfte Stimme der Geliebten war beharrlich.
    Nicht-wir . Klagend. Nicht-Schimmernd. Fremdartig über alle Maßen.
    Gelegenheit. Wir haben nichts zu befürchten. Wir erschaffen eine Kompanie von Kriegern, falls Unsere Sicherheit in Frage gestellt sein sollte.
    Hinter seinen eigenen verwirrten Klagen, hinter der Herrlichkeit und der Ekstase in Gestalt der Geliebten nahm Zwölf die Reaktionen ihrer anderen Diener wahr, schwaches Protestgeschrei und zunehmenden Wahnsinn. Der Schock hatte einige ihrer Diener in stumpfe Katatonie getrieben, andere in ausgeglühten, brüllenden Wahnsinn. Sorgfältig und vorsichtig drangen die mit Bohrspitzen versehenen Nervenenden der Geliebten in die Gehirne ihrer dysfunktionalen Diener vor und trennten kortikale Verbindungen durch, so daß der Wahnsinn auf losgelöste, solipsistische Weise weitertoben konnte, während sich die Geliebte die Rechenkapazität der Gehirne der

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