Engelstation
Takt mehr. Eilige Willensfreie – fast alle Angehörige des Gitterclans – hasteten durch die sanft gekrümmten Korridore und feixten über die eingeschüchterten Außenseiter. Zwölfs Geschmacksfühler wurden durch die überwältigende Allgegenwart des Gittergeruchs gequält, der von allen Gitterkindern ausgestrahlt und zurückgeworfen wurde; aber als er sich dem Herzen der Station näherte, glaubte er, etwas anderes wahrnehmen zu können, eine fremde Note, die die Gitterprogrammierung nicht ganz hatte zerstören können: einen leisen, trostlosen Hauch dessen, was Entität 4007 einst gewesen war, der hoffnungsvolle Nachwuchs eines mittlerweile untergegangenen Clans. Der Hinweis auf das Schicksal des Kindes trieb einen Keil aus diamantenem Kummer durch Zwölf. Wahrscheinlich würde das Kind der Geliebten als Frachtschlepper des Gitterclans enden und nicht als so etwas Bedeutendes wie eine Station. Würde es dann immer noch den Duft der Geliebten an sich haben, verloren und einsam unter den erdrückenden fremden Gerüchen?
Der Gitterdelegierte für die Zusammenkunft war ein sehr junger Allgemein-Willensfreier, vierarmig und für die Schwerelosigkeit gezüchtet. Seine Haut leuchtete scharlachrot. Zwölf war ihm bei den vorangegangenen Verhandlungen nicht begegnet. Er erwartete sie in der Kammer, die für das Kind der Geliebten vorbereitet war. Der Raum enthielt eine dicke Nabelschnur mit einem chemischen Synthetisierer in der Spitze; dieser würde eine Lösung produzieren, die die Hülle des Kindes auflösen und es erlauben würde, seine Seele und sein Erbgut zu vergewaltigen.
Der Gitterdelegierte deutete einen kurzen Gruß an. Beim fremdartigen Geruch der Geliebten zuckten seine Fühler vor. »Die Repräsentanten des Schimmernden Clans mögen ihre Brut hier ablegen«, sagte er.
Zwölf nahm eine reglose, würdige Haltung ein und verzichtete darauf, den geringschätzigen Gruß des anderen zu erwidern. Er richtete seine beiden vorderen Augen auf den Gitterdelegierten. »Wir haben einen größeren Empfang erwartet«, sagte er.
Die unteren Hände des Delegierten zuckten. »Dies-Individuum ist vollauf berechtigt und imstande, Diese-Angelegenheit zu erledigen«, sagte er. »Dies-Individuum braucht nur eure Brut samt Inventar entgegenzunehmen und euch den vereinbarten Tauschwert auszuhändigen.«
Zwölfs Fühler konnten die Entrüstung wahrnehmen, die von den anderen Delegierten ausging. Er zwang sich, ruhig zu bleiben. Seine scharfen Innenfinger gruben sich in seine Handfläche. »Wir erwarten trotzdem einen Empfang, welcher der Ehre entspricht, den wir dem Gitterclan erweisen«, sagte er. Eins seiner hinteren Augen konnte nicht umhin zu sehen, wie die Nabelschnur von Entität 4007, deren sensible Geruchsknospen auf den fremdartigen Geruch in dem Raum aufmerksam geworden waren, nach dem Kind tastete.
Der scharlachrote Delegierte rührte sich nicht. »Gitterclan-Individuen sind mit vielen wichtigen Dingen beschäftigt«, sagte er. »Sie haben keine Zeit für Nebensächlichkeiten. Dies-Individuum ist darauf vorbereitet, den vereinbarten Austausch durchzuführen. Wenn nicht, hat Dies-Individuum andere Aufgaben wahrzunehmen.«
Zorn rötete Zwölfs Haut. Er wollte sich auf den Gitterdelegierten werfen, wollte ihn erdrosseln, enthaupten und seinen Kopf triumphierend der Geliebten bringen. Er kämpfte den Zorn nieder. Sie hatten keine Wahl. »Aufgrund der Hochachtung des Schimmernden Clans für den Gitterclan werden wir uns an die Vereinbarungen halten«, sagte er. »Der Schimmernde Clan protestiert jedoch gegen die mangelnde Höflichkeit Dieses-Individuums.«
»Der Protest wird zur Kenntnis genommen.« Die Stimme war kühl. »Bitte gebt Diesem-Individuum das Inventar.«
Der Delegierte streckte eine Hand aus. Allgemein-Willensfrei Neunzehn, der hinter Zwölf stand, gab ein wütendes Zischen von sich. Zwölf schwebte auf den Gitterdelegierten zu und reichte ihm eine Tafel mit den umfassenden Informationen über die genetische Struktur des Kindes und einem Bestandsverzeichnis der Geliebten und all ihrer etwaigen Diener. Im Gegenzug hielt der Delegierte Zwölf eine Tafel mit einer Übertragungsurkunde hin, mit der die Geliebte Besitzerin eines Satzes magnetischer Prospektorgreifer und einer Genkultur wurde, die es ihr erlaubte, eine willenlose Intelligenz zu züchten; diese konnte Singularitäten entdecken und die Geräte bedienen, mit denen man sie einfing. Dieses Willenlose war ein veraltetes Modell, das mit Preisnachlaß
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