Engelstraum: Schatten der Ewigkeit: Roman (German Edition)
wäre sie gerannt, doch das Risiko war zu groß, dass jemand sie sah. Zu langsam durfte sie allerdings auch nicht sein, denn jeden Moment könnte man Jennifer Connelly in der Zelle entdecken.
Als sie das Dröhnen eines Motorrads hörte, blickte Nicole auf. Sie atmete erleichtert auf, als sie Keenan erkannte, der direkt vor dem Polizeigebäude anhielt. Flucht! Sie lief auf ihn zu.
Er blickte nach rechts und sah ihr in die Augen, sofort, was irgendwie unheimlich war.
»Nicole?«
Sie schüttelte den Kopf und sprang hinter ihm auf den Sattel.
»Ich wollte dich … retten«, sagte er ein bisschen zögerlich.
Sie musste lachen und schlang die Arme um ihn. »Diesmal habe ich mich selbst gerettet.« Und es war knapp gewesen. »Jetzt fahr schon, Engel, ehe die Cops merken, dass ich nicht in der Zelle sitze.« Die Sonne brannte auf sie herab und schwächte Nicole. Sie musste dringend schlafen.
Bald.
Er ließ den Motor aufheulen. »Zu Befehl, Ma’am.«
Dann gab er Gas und fuhr mit ihr weg vom Revier und den Cops, die sie tot sehen wollten. Sie in Sicherheit zu bringen, war wohl das Mindeste, was er ihr schuldete.
Wie es aussah, konnte sie sich nicht mehr darauf verlassen, dass die Guten ihr halfen.
Ich wollte dich retten.
Wie niedlich.
Was würde er tun, wenn ihm klar wurde, dass sie nicht mehr zu retten war? Officer Connelly hatte recht gehabt: Nicole hatte gemordet, mehr als einmal. Und dieser wilde Machtrausch, der mit so viel Bluttrinken einherging, hatte ihr gefallen.
Es war vollkommen richtig, dass sie versuchten, sie zur Strecke zu bringen. Pech für sie, dass Nicole nicht nach Sterben war.
Sie schloss die Augen und hielt sich an ihrem Engel fest, sehr fest. Und sie brausten davon, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her.
Sam trat aus dem Schatten nahe dem Polizeirevier. Ziemlich beeindruckend. Nicole St. James hatte es geschafft, sich selbst zu retten. Dazu hatte sie keinen gefallenen Engel gebraucht.
Er verzog das Gesicht.
Hätte sie sich nicht selbst befreit, wäre Keenan hineingerannt und hätte einen toten Vampir vorgefunden. Was hätte der Gefallene dann gemacht? Wäre er außer sich gewesen vor Zorn?
Das wäre mal ein hübscher Anblick gewesen.
Aber die Zeit der Rage käme noch, bald.
Denn Keenan konnte zwar mit seiner kleinen Vampirin fliehen, doch er konnte sie nicht verstecken. Zumindest nicht lange.
Keiner konnte sich vor dem Schicksal verstecken, und Nicoles Schicksal stand seit Langem fest.
Es war der Tod.
Nicht einmal ein gefallener Engel konnte sie vor dem retten.
Siebtes Kapitel
Nicoles Arme waren fest um ihn geschlungen, ihre Brüste an seinen Rücken gepresst, und ihr Duft umgab ihn.
Sie war in Sicherheit.
Zu spät erst hatte er Sams Rätsel gelöst. Dann war er zur Polizei gerast, und dort kam sie aus dem Gebäude – ausgerechnet in einer Polizeiuniform. Nicht dass ihr die Uniform nicht stand …
Aber er würde zu gerne die Geschichte dazu hören.
Keenan fuhr, bis die Stadt nur noch eine ferne Silhouette war. Der Truckstop, an dem er anhielt, war eher eine Bar als eine Raststätte. Der Laden war ziemlich heruntergekommen. Laute Country-Musik dröhnte heraus, und insgesamt wirkte das Lokal nicht besonders einladend. Doch das Motorrad stotterte, und weiter kamen sie damit wahrscheinlich nicht.
Er musste ihnen ein anderes Transportmittel besorgen.
Nachdem er den Motor abgestellt hatte, blieb er einen Moment lang ruhig sitzen und lauschte dem Song, in dem es darum ging, dass dem Sänger Unrecht getan wurde.
Nicole ließ ihn nicht los, obwohl sie standen, und das gefiel ihm.
»Ich kann da nicht reingehen«, flüsterte sie direkt an seinem Ohr. Sein Schwanz zuckte beim Klang ihrer verführerischen Stimme, und sein Körper spannte sich an.
Warum reagierte er so auf sie? Nur auf sie?
Versuchung. Jeder hatte eine dunkle Herausforderung, der er sich stellen musste.
Keenan drehte sich zu ihr.
Sie benetzte ihre Lippen. »Wir wollen doch nicht auffallen, und in diesem Schuppen fällt eine Polizistin garantiert auf.«
Er bückte sich, holte eine Tüte mit Kleidung hervor, die er besorgt hatte, und reichte sie ihr.
»Was ist … Wo hast du die her?«
Keenan zuckte mit der Schulter. »Ich habe sie heute gekauft, als ich unterwegs war.«
Sie schob ihr hübsches Kinn vor. »Ach ja, stimmt ja. Du hattest reichlich Zeit zum Einkaufen, während ich von deinem Freund bedroht wurde, mit einem Taser betäubt und in einen Käfig geworfen.« Sie sprang vom Motorrad und drückte die
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