EngelsZorn - Im Blutrausch
schon mitnehmen können. Aber wenn er’s schon anbietet...“ Cécile setzte ein höhnisches Lachen auf. „... dann muss man doch zugreifen, oder etwa nicht?“
„Du bist unmöglich!“, sagte sie zu Cécile. Verächtlich sah sie sie an.
„Na und! Morgen kann uns das bereits egal sein. Dann ist sie weg. Und glaub‘ mir, der Preis für Marie war sehr hoch!“ Cécile begann erneut, höhnisch zu lachen.
„Ich find‘ das nicht richtig! Du solltest...“
„Halt dich ja da raus, du dumme Gans! Hörst du?! Mach‘ mir bloß nicht das Geschäft kaputt!“, drohte ihr Cécile erneut.
„Und wenn ich’s tät‘, was dann?“ Chloé sah ihr provokativ in die Augen.
„Probier’s und ich setzt‘ dich im selben Augenblick auf die Straße!“ Cécile warf ihr einen bösen Blick zu. „Und glaub‘ mir, draußen auf den Straßen geht‘s härter zu als hier drinnen bei mir. Dort gehst du sang und klanglos unter, das sag‘ ich dir. Keinen Tag kommst du ohne mich aus! Das hier ist für dich doch nur ein reines Zuckerschlecken! Draußen findest du keinen anderen Job, das schwör‘ ich dir. Vielleicht als Putze, aber sogar die sind heutzutage gebildeter als du. Du kannst ja noch nicht einmal lesen und schreiben, du dumme Gans! Außer Vögeln hast du doch nichts anderes gelernt. Du bist und bleibst eine Hure, Chloé! Begreif‘ das endlich. Draußen bist du verloren! Und wenn du an den falschen Zuhälter geraten tust, beziehst du am Ende noch dieselben Prügel wie Marie dort oben von unserem Süßen! Da geb‘ ich dir Brief und Siegel drauf, du dumme...“ Plötzlich musste sie niesen. Sie zog ein Taschentuch aus ihrem Korsett, schneuzte hinein und steckte es zurück. Dann sah sie Chloé eindringlich in die Augen. „Eins kannst du mir glauben, du dumme Schlampe! Wenn du mir hier dazwischen funkst, schmeiß‘ ich dich ohne mit der Wimper zu zucken raus! Mir egal, ob du draußen zugrunde gehst oder nicht! Glaub‘ mir lieber!“
„Das glaub‘ ich dir sogar aufs Wort!“ Chloé warf ihr einen verächtlichen Blick zu.
„Was machst du dir eigentlich für Sorgen um die Kleine?! Der wird’s bald besser gehen als uns beiden. Der süße Dummkopf hat Kohle ohne Ende. Das riech‘ ich. Der ist steinreich. Und wenn er sie ab und zu mal schlägt, ist das nicht weiter tragisch. Das ist nun mal der Preis fürs bessere Leben. Marie hat mit ihm bestimmt ihr großes Los gezogen, denn...“
„Wie kannst du das überhaupt beurteilen!“, unterbrach sie Chloé brüsk. „Du hast doch im Leben noch niemals Prügel bezogen. Hast du zumindest einmal behauptet! Weißt du eigentlich, wie demütigend das ist?“ Tiefe seit Jahren aufgestaute Verachtung gegen Cécile begann wieder einmal in Chloé zu brodeln. Langsam stieg Wut in ihr auf.
„Komm‘, erzähl‘ mir nichts! Michel kam damals gerade mal ein halbes Jahr hierher. Und so oft hat er dich nun wirklich nicht verprügelt...“
„Du hast das gewusst, Mutter?!“, unterbrach sie Chloé schockiert.
„Psssst, nicht Mutter ! Du weißt, das schadet dem Geschäft!“, entgegnete ihr Cécile leise, sah sich um und zog Chloé anschließend zum Treppenaufgang vor, um das Gespräch ungestört fortsetzen zu können. „Er hat mir danach immer noch ein paar Scheine zusätzlich in die Hand gedrückt und sich bei mir für die Schläge an dir entschuldigt. Was hätte ich tun sollen? Er hat schließlich gut für dich bezahlt.“
„Ich glaub’s echt nicht. Ich war noch ein Kind! Aber das war dir ja schon immer egal gewesen, sonst hättest du mich ja damals auch nicht auf den Strich geschickt!“ Chloé sah sie vorwurfsvoll an. Sie konnte sich an diesen Tag noch sehr gut erinnern. Niemals hätte sie ihn jemals vergessen. Cécile war eines Abends zu ihr aufs Kinderzimmer gekommen. Unterm Arm hatte sie ein weißes Kleid eingeklemmt gehabt. „Da kommt jetzt gleich ein ganz netter Herr zu dir, Kleines. Wirst du tun, was er von dir verlangt?“, hatte sie zu ihr gesagt . „Was verlangt er denn von mir, Mama?“, hatte Chloé gefragt und sie mit ihren großen, unschuldigen Kinderaugen verschüchtert angesehen. „Nichts Schlimmes, Kleines. Nur dass du deine kleinen Beinchen ein bisschen breitmachst. Es tut auch nicht weh! Glaub‘ mir. Deine Mama macht das jeden Tag. Es ist schön und so lecker wie ein Schokoladeneis! Und man bekommt ganz schön viel Geld dafür. Weißt du, Liebes, deine Mama hat jetzt dreizehn Jahre lang für dich gesorgt. Es wird endlich Zeit, dass du auch mal was für sie
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