EngelsZorn - Im Blutrausch
Lebens überdrüssig. Er schlug die Augen wieder auf. Fort dachte nach. Kurze Zeit später fielen ihm die Augen aber wieder zu und er schlief völlig erschöpft auf der Bank ein.
Isabelle hingegen machte sich die größten Vorwürfe, dass sie nicht zusammen mit Sébastian am heutigen Morgen zur Renard S.A.R.L. gefahren war. Sie wusste, dass er niemals den Sicherheitsgurt anlegte, wenn er alleine mit dem Jaguar unterwegs war. Er tat es ausschließlich nur dann, wenn sie neben ihm saß und ihn liebevoll darum bat. ‚... hätte ich ihn nur nicht alleine fahren lassen...‘ , dachte sie verzweifelt.
Plötzlich schossen ihr furchtbare Gedanken durch den Kopf. Der Nachrichtensprecher sprach von Sabotage, aber dieser Gewaltakt musste ihr gegolten haben, und zwar ihr ganz allein. Nicht ihm! Es war ihr Jaguar. Sébastian hatte ihn bisher noch nie gefahren und an diesem Morgen war es das erste Mal gewesen. Isabelle war zutiefst erschüttert. Es fühlte sich an, als versuche jemand, ihr mit aller Gewalt das Herz aus der Brust herauszureißen. Sébastian dürfte gar nicht hier liegen. Es wäre ihr Platz gewesen. Sie wünschte sich, er hätte den Wagen nie gefahren und sie wünschte sich, sie könnte die Zeit zurückdrehen, um dieses Unglück zu verhindern.
Ihr eigenes Leben hätte sie, ohne zu zögern, für seines hergegeben, denn ihres war ohne ihn so nutzlos. Was sollte sie noch damit anfangen, wenn es ihn nicht mehr gab. Sie verfluchte das Schicksal und das Los, das sie dadurch gezogen hatte und fragte sich, wieso ihr Glück plötzlich eine solch schlimme Wendung genommen hatte. Isabelle war der Verzweiflung nahe und glaubte, daran ersticken zu müssen.
Ein Arzt betrat den Raum, ging geradewegs auf Charlotte de Valence zu und sprach leise mit ihr.
Isabelle vergrub ihr Gesicht in Sébastians Hand, während sie dem Arzt lauschte. Ihr Herz schlug vor Angst so laut, dass sie das Gefühl hatte, Trommelschläge im Raum zu vernehmen.
„Ihr Sohn hat bei dem Aufprall lebensgefährliche Kopfverletzungen erlitten, Madame. Er steht nicht mehr unter Narkose, er liegt jetzt im Koma und muss künstlich beatmet werden. Die Lungen schaffen das Atmen zum jetzigen Zeitpunkt nicht alleine. Er ist zu schwach. Es ist überhaupt ein Wunder, dass er noch lebt. Wenn er die heutige Nacht lebend übersteht, haben wir eine kleine Hoffnung, dass sich sein Gesundheitszustand stabilisiert und die kritische Phase überwunden ist. Wir haben unser Möglichstes getan, glauben Sie mir, Madame de Valance, aber nun liegt es allein bei Gott, ihm eine zweite Chance auf ein neues Leben zu geben. Uns sind die Hände nun gebunden und es steht nicht mehr in unserer Macht. Wir können jetzt nur noch abwarten und hoffen, dass Ihr Sohn stark genug ist, um sein Leben zu kämpfen.“
Madame de Valence stürmte aus dem Zimmer hinaus, nur noch von einem einzigen Gedanken besessen, nämlich dem, ihren Sohn verloren zu haben. Sie konnte ihm beim Sterben nicht zusehen. Das war zu viel für sie. Das konnte man unmöglich von ihr verlangen.
Die Worte des Arztes waren wie kleine Giftpfeile in Isabelles Herz geschossen. Sie vergoss bittere Tränen, als sie vernommen hatte, dass Sébastian diese Nacht vielleicht nicht überleben werde. Sie flehte zu Gott, er möge ihn retten, oder aber sie gleich mit Sébastian zusammen zu sich holen.
Dann fasste sie einen festen Entschluss.
Wenn Sébastian diese Nacht nicht überleben sollte, dann würde sie selbst die nächste nicht mehr erleben wollen, sondern ihrem Geliebten in den Tod folgen.
Erinnerungen an gemeinsame Stunden kamen ihr in den Sinn und ließen sie weinen, wie ein kleines, unschuldiges Kind. Isabelle konnte sich nicht daran erinnern, jemals im Leben so viele Tränen vergossen zu haben, wie jetzt in diesen verzweifelten Stunden der Ungewissheit ob seines Schicksals. Sie konnte sich wahrlich nicht dessen entsinnen, jemals so unglücklich gewesen zu sein wie in diesem Augenblick. Sie dachte an die Zeit zurück, als er ihr im Café de Flore aufgefallen war und sie die ersten Nachrichten von ihm bekommen hatte. Sie dachte an sein Lächeln und an ihren ersten Kuss und sie dachte daran, als er ihr das erste Mal gesagt hatte, wie viel sie ihm bedeute und dass er sie nie wieder gehen lassen werde. Eher töte er sie. Einerseits hatte es sie bei seinen Worten gefröstelt, andererseits war sie fasziniert, derart von ihm geliebt zu werden, dass er sie nicht einmal mehr lebend gehen lassen würde, sollte sie sich dazu
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