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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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wurde wahnsinnig.«
    »Äußerst originell, das nenne ich gut unterrichtet«, meinte Onkel Matthew sarkastisch. »Es lohnt sich wirklich, allen weiblichen Charme abzulegen, um das herauszubekommen, das muss ich sagen. Beine wie Torpfosten vom ewigen Hockeyspielen und im Sattel die schlechteste Haltung, die ich je bei einer Frau gesehen habe. Da bekommt ein Pferd vom bloßen Zusehen schon Rückenschmerzen. Linda, du bist ungebildet, Gott sei Dank, was hast du uns über Georg III. zu berichten?«
    »Na ja«, sagte Linda mit vollem Mund, »er war der Sohn des armen Fred und der Vater von Beau Brummels dickem Freund, und er war ein Zauderer, nicht wahr. ›Ich bin Ihrer Hoheit Hund in Kew, und wessen Hund, mein Freund, bist du?‹«, setzte sie ohne erkennbaren Zusammenhang noch hinzu. »Oh, ist das nicht süß?«
    Onkel Matthew warf Tante Emily einen grausamen, triumphierenden Blick zu. Ich erkannte, dass ich sie im Stich gelassen hatte, und fing an zu weinen, was Onkel Matthew nur zu neuen Gemeinheiten ermunterte.
    »Ein Glück, dass Fanny fünfzehntausend Pfund im Jahr haben wird«, sagte er, »von den Zuwendungen, die die Hopse im Laufe ihrer Karriere vielleicht noch aufgabelt, gar nicht zu sprechen. Einen Mann wird sie bestimmt bekommen, auch wenn sie immer Lunch sagt statt Luncheon und Umschlag statt Kuvert und sich als Erstes die Milch eingießt. Da mache ich mir keine Sorgen, ich sage nur, dass sie den armen Teufel in den Alkohol treibt, wenn sie ihn erst mal am Haken hat.«
    Tante Emily funkelte Onkel Matthew wütend an. Sie hatte immer versucht, die Tatsache, dass ich eine Erbin war, vor mir zu verheimlichen, und ich war wirklich auch nur so lange eine, wie mein Vater, der gesund und munter im besten Mannesalter stand, keine Frau heiratete, die jung genug war, noch Kinder zu bekommen. So kam es, dass er sich, wie in der Familie der Hannoveraner, für Frauen nur interessierte, wenn sie über vierzig waren; nachdem meine Mutter ihn verlassen hatte, hatte er sich mit einer ganzen Riege von Frauen mittleren Alters eingelassen, denen auch die Wunder der modernen Wissenschaft nicht mehr zu einem Kind hätten verhelfen können. Im Übrigen waren die Erwachsenen der irrigen Ansicht, wir Kinder wüssten nicht, dass sie meine Mama »Hopse« nannten.
    »Das alles«, sagte Tante Emily, »tut gar nichts zur Sache. Möglicherweise könnte Fanny in ferner Zukunft ein wenig eigenes Geld besitzen (wenn es auch absurd ist, von fünfzehntausend Pfund zu sprechen). Aber so oder so – der Mann, den sie einmal heiratet, wird sie ja doch wohl ernähren können, andererseits, so, wie es heute in der Welt zugeht, muss sie sich ihren Lebensunterhalt vielleicht auch selbst verdienen. In jedem Fall wird sie eine gereiftere, glücklichere, interessiertere und interessantere Person sein, wenn …«
    »Wenn sie weiß, dass Georg III. ein König war und wahnsinnig wurde.«
    Dennoch, meine Tante hatte recht, das wusste ich, und sie wusste es ebenfalls. Manchmal verschlangen die Radlett-Kinder in einer Art von Anfall ungeheure Massen an Lesestoff in der Bibliothek von Alconleigh, einer guten Bibliothek, typisch für das 19. Jahrhundert, die ihr Großvater, ein äußerst kultivierter Mann, zusammengetragen hatte. Aber während sie auf diese Weise zwar eine große Menge zusammenhanglosen Wissens anhäuften und es mit ihrer eigenen Originalität ausschmückten, während sie die Abgründe der Unwissenheit mit ihrem Charme und ihrer Begeisterung überbrückten, erlangten sie doch nie die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, und waren gänzlich unfähig zu gründlicher, harter Arbeit. Im späteren Leben führte das dazu, dass sie Eintönigkeit nicht ertragen konnten. Stürme und Schwierigkeiten meisterten sie unerschüttert, aber das gewöhnliche, alltägliche Leben war für sie nichts als quälende, unerträgliche Langeweile, weil ihnen jede Form von geistiger Disziplin gänzlich abging.
    Als wir uns nach dem Dinner aus dem Esszimmer trollten, hörten wir noch, wie Captain Warbeck sagte: »Nein, keinen Port, danke. Ein köstliches Getränk, aber ich muss ablehnen. Die Säure des Portweins bekommt mir nicht.«
    »Aha, Sie waren früher ein großer Porttrinker, stimmt’s?«, meinte Onkel Matthew.
    »Oh, nicht doch, ich habe ihn nie angerührt. Meine Vorfahren …«
    Als sie dann wenig später zu uns in den Salon kamen, erklärte Tante Sadie: »Die Kinder wissen jetzt Bescheid.«
    »Ich vermute, sie halten es für einen großen Witz«, meinte Davey

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