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Enigma

Enigma

Titel: Enigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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wirkte in der Stille so hilflos, daß er Jericho fast leid tat.
    Wieder landete der Zeigestab auf der Karte.
    »Und Konvoi HX-229 A. Dienstag von New York ausgelaufen. Siebenundzwanzig Schiffe. Fracht ähnlich wie bei den anderen. Heizöl, Flugbenzin, Holz, Stahl, Schiffsdiesel, Fleisch, Zucker, Weizen, Sprengstoff. Drei Konvois. Insgesamt einhundertundsiebzehn Schiffe mit zusammen knapp einer Million Bruttoregistertonnen plus einer weiteren Million Tonnen Fracht.«
    Einer der Amerikaner - es war der ältere, Hammerbeck - hob die Hand. »Wie viele Menschen sind an Bord?«
    »Neuntausend Mann von der Handelsmarine. Tausend Passagiere.«
    »Wer sind die Passagiere?«
    »Zum größten Teil Soldaten. Ein paar Damen vom amerikanischen Roten Kreuz. Eine ganze Menge Kinder. Und erstaunlicherweise eine Gruppe von katholischen Missionaren.«
    »Großer Gott.«
    Cave gestattete sich ein gequältes Lächeln. »Sie sagen es.«
    »Und wo befinden sich die U-Boote?«
    »Diese Frage sollte vielleicht mein Kollege beantworten…« Cave setzte sich, und Villiers, der andere britische Offizier, stand auf. Er schwang den Zeigestab.
    »Um null-null-hundert am Donnerstag hatte der U-Boot- Ortungsraum Kenntnis von drei U-Boot-Rudeln.« Sein Akzent war so stark, daß er kaum als englisch erkennbar war, und wenn er sprach, bewegte er kaum die Lippen, als wäre es irgendwie unfein, sich beim Reden zu sehr anzustrengen.
    »Gruppe Raubgraf zweihundert Meilen vor der Küste von Grönland. Gruppe Neuland ziemlich genau in der Mitte des Atlantiks. Und Gruppe Westmark genau südlich von Island.«
    »Null-null Donnerstag? Sie meinen, vor mehr als dreißig Stunden?« Hammerbecks Haar hatte die Farbe und Dichte von Stahlwolle und war ganz kurz geschnitten. Als er sich vorbeugte, funkelte es im Licht der Leuchtstoffröhren. »Und wo zum Teufel sind sie jetzt?«
    »Guter Mann, ich habe leider nicht die geringste Ahnung. Ich dachte, genau deshalb wären wir hier. Sie sind vom Schirm verschwunden.«
    Admiral Trowbridge zündete sich am Stummel der vorhergehenden eine neue Zigarette an. Er hatte seine Aufmerksamkeit von Jericho abgewendet und starrte mit seinen kleinen, tränenden Augen jetzt Hammerbeck an.
    Wieder hob der Amerikaner die Hand. »Aus wie vielen U- Booten bestehen diese drei Wolfsrudel?«
    »Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber sie sind ziemlich groß, wir schätzen, sechsundvierzig.«
    Skynner wand sich auf seinem Stuhl. Atwood tat so, als wäre er vollauf mit seinen Papieren beschäftigt.
    »Damit wir uns nicht mißverstehen«, sagte Hammerbeck. (Er war wahrhaftig hartnäckig. Jericho begann, ihn zu bewundern.) »Sie sagen uns, daß eine Million Tonnen Schiffsmaterial…«
    »Frachtermaterial«, unterbrach Cave.
    »… Frachtermaterial, ich bitte um Entschuldigung, mit zehntausend Passagieren an Bord, darunter etlichen Damen vom amerikanischen Roten Kreuz und einer Auswahl von katholischen Bibelschwenkern, auf sechsundvierzig U-Boote zudampft - und daß Sie keine Ahnung haben, wo diese U-Boote sich befinden?«
    »Tut mir leid, aber so ist es.«
    »Hol´s der Teufel!« sagte Hammerbeck und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Und wie lange dauert es noch, bis sie die Konvois erreicht haben?«
    »Das ist schwer zu sagen.« Das war wieder Cave. Er hatte die merkwürdige Angewohnheit, beim Sprechen das Gesicht abzuwenden, und Jericho begriff, daß er versuchte, dafür zu sorgen, daß man seinen zertrümmerten Wangenknochen nicht sah. »Der SC ist der langsamere Konvoi. Er macht ungefähr sieben Knoten pro Stunde. Die beiden HX sind schneller; der eine macht zehn Knoten, der andere elf. Ich würde sagen, wir haben maximal drei Tage. Danach befinden wir uns in Reichweite des Feindes.«
    Hammerbeck hatte begonnen, sich flüsternd mit dem anderen Amerikaner zu unterhalten. Er schüttelte den Kopf und machte kurze, hackende Handbewegungen. Der Admiral beugte sich zur Seite und murmelte etwas, woraufhin Cave leise sagte: »Ich fürchte, ja, Sir.« Jericho schaute hinauf zum Atlantik, betrachtete die gelben Scheiben der Konvois und die schwarzen Dreiecke der U-Boote, die wie Haifischzähne über die Schiffahrtswege verstreut waren. Die Entfernung zwischen den Frachtern und den Wolfsrudeln betrug rund 800 Meilen. Die Frachter schafften alle vierundzwanzig Stunden ungefähr 240 Meilen. Drei Tage, das kam ungefähr hin. Mein Gott, dachte er, kein Wunder, daß Logie mich unbedingt wieder hierhaben wollte.
    »Meine Herren, bitte, wenn Sie

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