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Enigma

Enigma

Titel: Enigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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ich sagen, wer nach ihr gefragt hat?«
    »Auf Wiedersehen, Fräulein Monk.« Weitzman hatte genug.
    Er war bereits halb zur Tür hinaus und zog Jericho mit erstaunlicher Kraft hinter sich her. Jericho warf einen letzten Blick auf Miss Monk, die verblüfft und argwöhnisch dastand, bevor sich die Tür hinter ihrem Schulzimmer mit der Deutschklasse schloß.
    »Auf Wiedersehen, Herr Doktor, und Herr…«
    Weitzman führte Jericho nicht den gleichen Weg zurück, auf dem sie gekommen waren. Statt dessen zog er ihn durch den Hinterausgang. Jetzt, bei Tageslicht, konnte Jericho erkennen, warum er bei seinem Herumtappen in der Nacht solche Schwierigkeiten gehabt hatte. Sie befanden sich am Rande einer Baustelle. Im Rasen waren metertiefe Gräben ausgehoben worden. Haufen von Sand und Kies überall, die von Rauhreif überzogen waren. Es war ein Wunder, daß er sich nicht das Genick gebrochen hatte.
    Weitzman schüttelte eine Zigarette aus einer verknüllten Schachtel und zündete sie an. Er lehnte sich gegen die Außenwand der Baracke und stieß einen Seufzer aus Dampf und Rauch aus. »Es hat wohl keinen Sinn zu fragen, was in aller Welt das alles zu bedeuten hat?«
    »Sie würden es nicht wissen wollen, Walter. Glauben Sie mir.«
    »Liebeskummer?«
    »Etwas dergleichen.«
    Weitzman murmelte ein paar Worte auf jiddisch, bei denen es sich um einen Fluch handeln konnte, und rauchte weiter.
    Ungefähr dreißig Meter entfernt drängte sich eine Gruppe von Arbeitern um eine Kohlenpfanne. Offenbar hatten sie gerade Teepause gemacht. Sie gingen widerstrebend auseinander, ließen Spitzhacken und Spaten über den hartgefrorenen Boden schleifen, und Jericho überkam plötzlich die Erinnerung, wie er als Kind an der Hand seiner Mutter eine Strandpromenade entlanggegangen war und sein Spaten hinter ihm auf dem Beton geklappert hatte. Irgendwo hinter den Bäumen sprang ein Generator an, woraufhin sich ein Schwärm Krähen krächzend in die Luft erhob.
    »Walter, was ist der German Book Room?«
    »Ich gehe jetzt lieber wieder hinein«, sagte Weitzman. Er feuchtete die Kuppen von Daumen und Zeigefinger an und schnippte die glühende Spitze seiner Zigarette ab. Dann steckte er den angerauchten Teil in seine Brusttasche. Tabak war viel zu kostbar, um auch nur ein paar Krümel davon zu vergeuden.
    »Bitte, Walter…«
    »Ach…« Weitzman vollführte mit seinem Arm eine Geste des Widerwillens, als wollte er Jericho beiseite schieben. Dann setzte er sich für einen Mann seines Alters erstaunlich schnell in Bewegung. Er ging an der Seitenwand der Baracke entlang und auf den Weg zu. Jericho hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
    »Sie verlangen zuviel, das wissen Sie…«
    »Das ist mir klar.«
    »Ich meine, großer Gott, Coker hat mich ohnehin schon im Verdacht, ein Nazispion zu sein. Können Sie sich das vorstellen? Ich bin zwar Jude, aber für ihn sind alle Deutschen gleich. Was natürlich genau unser Argument ist. Ich nehme an, ich sollte mich geschmeichelt fühlen.«
    »Ich würde nicht - es ist nur - es gibt sonst niemanden…« Zwei Wachtposten mit Gewehren kamen um die Ecke und schlenderten auf sie zu. Weitzman biß die Zähne zusammen, bog abrupt vom Weg ab und steuerte auf den Tennisplatz zu. Jericho folgte ihm. Weitzman öffnete das Tor, und sie betraten den Asphaltplatz. Die Anlage war - auf Churchills persönliche Anweisung hin, wie es hieß - vor zwei Jahren gebaut worden. Seit dem Herbst war der Platz nicht mehr benutzt worden. Die weißen Linien waren unter dem Rauhreif kaum zu erkennen. Der Wind hatte tote Blätter an den Maschendrahtzaun geweht. Weitzman schloß das Tor hinter ihnen und steuerte auf einen der Netzpfosten zu.
    »Seit wir angefangen haben, hat sich alles verändert. Neun Zehntel der Leute in der Baracke kenne ich nicht einmal mehr.« Er trat angewidert nach den toten Blättern, und Jericho fiel zum erstenmal auf, wie klein seine Füße waren. Die Füße eines Tänzers. »Ich bin alt geworden in diesem Bau. Ich kann mich an eine Zeit erinnern, als wir uns für Genies hielten, wenn wir fünfzig Funksprüche in der Woche lesen konnten. Wissen Sie, wie viele es jetzt sind?«
    Jericho schüttelte den Kopf.
    »Dreitausend pro Tag.«
    »Großer Gott.« Das sind hundertfünfundzwanzig pro Stunde, dachte Jericho, das ist alle dreißig Sekunden einer…
    »Ihre Freundin steckt also in Schwierigkeiten?«
    »Ich nehme es an. Ich meine, ja - ja, so ist es.«
    »Tut mir leid, das zu hören. Ich mag sie. Sie lacht über meine

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