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Enigma

Enigma

Titel: Enigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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arbeiteten, um eine Ecke herum und durch ein Zimmer voller Fernschreiber, in dem ein fürchterlicher Lärm herrschte. Weitzman hielt sich die Ohren zu, warf einen Blick über die Schulter und grinste. Der Lärm verfolgte sie einen kurzen Korridor entlang, an dessen Ende sich eine geschlossene Tür befand. Neben ihr hing ein Schild, in Schönschrift per Hand beschriftet: German Book Room.
    Weitzman klopfte an, öffnete die Tür und trat ein. Jericho folgte ihm. Seine Augen registrierten einen großen Raum. Regale mit Stapeln von Akten und Journalen. Ein halbes Dutzend Klapptische, so zusammengeschoben, daß sie eine einzige große Arbeitsfläche bildeten. Frauen, die meisten mit dem Rücken zu ihm. Sechs, vielleicht auch sieben. Zwei sehr schnell tippend. Die anderen ständig in Bewegung und mit dem Sortieren von Papierbündeln beschäftigt.
    Eine rundliche, müde aussehende Frau in Rock und Tweedjacke kam auf sie zu. Jetzt strahlte Weitzman und versprühte Charme, als säße er noch immer in der Teestube des Europäischen Hofs in Heidelberg. Er ergriff ihre Hand und beugte sich nieder, um sie zu küssen.
    »Guten Morgen, mein liebes Fräulein Monk. Wie geht es Ihnen?« erkundigte er sich auf deutsch.
    »Gut, danke, Herr Doktor. Und Ihnen?« erwiderte sie gleichfalls auf deutsch.
    »Danke, sehr gut.«
    Das war für sie offenbar ein vertrautes Ritual. Ihr glänzendes Gesicht rötete sich vor Freude. »Und was kann ich für Sie tun?« fragte sie, jetzt auf englisch.
    »Mein Kollege und ich, meine liebe Miss Monk« - Weitzman tätschelte ihre Hand, dann gab er sie frei und deutete auf Jericho -, »sind auf der Suche nach der reizenden Miss Romilly…«
    Bei der Erwähnung von Claires Namen verschwand das kokette Lächeln aus Miss Monks Gesicht. »In diesem Fall müssen Sie sich in der Schlange anstellen, Doktor Weitzman. Ganz hinten.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wir sind alle auf der Suche nach Claire Romilly. Vielleicht haben Sie oder Ihr Kollege eine Ahnung, wo wir anfangen könnten?«
    Zu behaupten, die Welt stünde still, ist ein Solipsismus, und das war Jericho im gleichen Moment klar, in dem es passierte. Er wußte, daß niemals die Welt ihren Lauf verlangsamt, sondern das Individuum, mit einer unerwarteten Gefahr konfrontiert, einen Adrenalinstoß erhält und sofort schneller wird. Trotzdem durchlebte er einen Moment, in dem alles erstarrte. Weitzmans Gesicht wurde zu einer Maske der Verblüffung, das der Frau zu einer der Empörung. Als sein Verstand versuchte, Schlußfolgerungen zu ziehen, konnte er seine eigene Stimme in weiter Ferne stammeln hören: »Aber ich dachte - mir wurde gestern gesagt - versichert -, daß sie heute morgen ab acht Dienst hätte…«
    »So ist es«, sagte Miss Monk. »Es ist wirklich ziemlich rücksichtslos von ihr. Und äußerst unerfreulich.«
    Weitzman warf Jericho einen fragenden Blick zu, als wollte er sagen: In was haben Sie mich da hineingezogen? »Vielleicht ist sie krank?« sagte er.
    »Dann hätte sie uns wenigstens informieren können. Und zwar bevor ich die ganze Nachtschicht gehen ließ. Wir kommen kaum zurecht, wenn wir zu acht sind. Und jetzt sind wir nur zu siebt…«
    Sie fing an, auf Weitzman einzureden, über »3 A« und »3 M« und ihre zahllosen Eingaben an das Personalbüro, die sie schon gemacht hatte, und daß niemand ihre Probleme ernst nahm. Wie um ihre Worte zu unterstreichen, ging in diesem Moment die Tür auf, und eine Frau kam mit einem Stapel Papieren herein, der so hoch war, daß sie ihr Kinn daraufdrücken mußte, um ihn festzuhalten. Sie ließ den Stapel auf den Tisch knallen, und Miss Monks Mädchen stöhnten einstimmig auf. Ein paar Blätter rutschten über die Tischkante und flatterten zu Boden, und Jericho, zuvorkommend wie immer, bückte sich, um sie aufzuheben. Eine Meldung fiel ihm dabei ins Auge: ZZZ Feld-Hauptquartier deutsches Afrikakorps am Morgen des Dreizehnten + dreizehn eins fünf Kilometer westlich von Ben Gardane + Ben Gardane lokalisiert bevor ihm das Blatt von Miss Monk aus der Hand gerissen wurde. Erst jetzt schien sie sich seiner Anwesenheit bewußt geworden zu sein. Sie drückte die Geheimnisse an ihren formlosen Busen und funkelte ihn an.
    »Tut mir leid, Sie sind - wer sind Sie eigentlich?« fragte sie. Sie schob sich vor ihn, um ihm den Blick auf den Tisch zu versperren. »Sie sind - was? - ein Freund von Claire, wenn ich recht verstehe?«
    »Das geht in Ordnung, Daphne«, sagte Weitzman, »er ist ein Freund von mir.«
    Miss

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