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Enigma

Enigma

Titel: Enigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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gesprochen hatte. Man sagte mir, es hätte seine Richtigkeit.«
    Jetzt brach ein aufgeregtes Gemurmel aus.
    »Und was sagen Sie, großer Meister?«
    Jericho brauchte ein paar Sekunden, bis er begriffen hatte, daß Atwood ihn angesprochen hatte. Er zuckte die Achseln.
    »Das ist sehr wenig. Vielsagend wenig.«
    Puck sagte: »Leutnant Cave glaubt, daß ein Muster dahintersteckt.«
    »Wir haben gefangene U-Boot-Besatzungen über taktisches Vorgehen verhört.« Leutnant Cave beugte sich vor, und Jericho sah, wie Pinker beim Anblick seines verunstalteten Gesichts zurückzuckte. »Wenn Dönitz einen Konvoi erschnüffelt hat, dann postiert er seine Leichenwagen Seite an Seite in einer Linie, quer zu der Route, auf der er den Konvoi erwartet. Sagen wir, zwölf Boote im Abstand von vielleicht zwanzig Meilen. Möglicherweise auch zwei Linien oder sogar drei - inzwischen hat er so viele Leichenwagen, daß er mit ihnen protzen kann. Unseren Schätzungen zufolge operierten - vor dem Blackout - allein in dem Sektor des Nordatlantiks sechsundvierzig von ihnen.« Er brach verlegen ab. »Entschuldigung«, sagte er, »unterbrechen Sie mich, wenn ich Ihnen einen Vortrag über Dinge halte, die Sie ohnehin wissen.«
    »Unsere Arbeit ist eher - äh - theoretischer Natur«, sagte Logie. Er sah sich um, und mehrere der Kryptoanalytiker nickten beifällig.
    »Also gut. Es gibt im Grunde zwei Arten von Linien. Einmal die Postenlinie, bei der die U-Boote über Wasser darauf warten, daß der Konvoi auf sie zugedampft kommt. Und dann haben wir die Patrouillenlinie, bei der die Leichenwagen in Formation vorrücken, um ihn abzufangen. Sobald die Linien aufgebaut sind, gibt es eine goldene Regel. Absolute Funkstille, bis der Konvoi gesichtet worden ist. Ich vermute, daß dies gerade jetzt passiert. Diese beiden langen Funksprüche aus Magdeburg - das sind höchstwahrscheinlich Befehle aus Berlin, daß die U-Boote sich in Linie formieren sollen. Und wenn die U-Boote Funkstille halten…« Cave zuckte die Achseln. Es fiel ihm schwer, das Offensichtliche auszusprechen. »Dann sind sie wahrscheinlich auf Gefechtsposition.«
    Niemand sagte etwas. Die gedanklichen Abstraktionen der Kryptoanalyse hatten nun eine konkrete Gestalt angenommen: Zweitausend deutsche U-Boot-Männer, zehntausend Seeleute und Passagiere der Alliierten liefen aufeinander zu, um im winterlichen Nordatlantik, tausend Meilen vom Land entfernt, eine Schlacht auszutragen. Pinker sah aus, als wäre ihm schlecht. Plötzlich wurde ihm die Absurdität ihrer Situation bewußt. Pinker war vermutlich persönlich dafür verantwortlich, daß - wie viele? - tausend deutsche Matrosen auf dem Grund des Meeres gelandet waren, aber Caves Gesicht zeigte einen Ausdruck, der der Brutalität des Krieges im Atlantik ziemlich genau entsprach.
    Jemand fragte, was nun passieren würde.
    »Wenn eines der U-Boote den Konvoi entdeckt hat? Es wird ihn beschatten. Alle zwei Stunden eine Kontaktmeldung senden - Position, Geschwindigkeit, Kurs. Die wird von den anderen Leichenwagen aufgefangen, und dann fahren alle auf dieselbe Position zu. Alle versuchen, so viele Jäger wie möglich zusammenzuziehen. Gewöhnlich versuchen sie, in den Konvoi einzudringen, mitten zwischen unsere Schiffe. Dann warten sie, bis es Nacht geworden ist. Sie ziehen es vor, im Dunkeln anzugreifen. Brände auf den Schiffen, die getroffen worden sind, beleuchten die anderen Ziele. Die Panik ist größer. Außerdem macht die Dunkelheit es für unsere Zerstörer schwerer, sie zu erwischen.«
    »Das Wetter ist natürlich grauenhaft«, sagte Cave, und seine scharfe Stimme zerschnitt die Stille, »sogar für diese Jahreszeit. Schnee. Gefrierender Nebel. Schwere Brecher. Das kommt uns zugute.«
    Kramer sagte: »Wieviel Zeit haben wir?«
    »Weniger, als wir anfangs dachten, das steht fest. U-Boote sind schneller als jeder Konvoi, aber immer noch ziemlich langsame Ungeheuer. Auf der Oberfläche bewegen sie sich mit der Geschwindigkeit eines Fahrradfahrers, unter Wasser kaum schneller als ein Fußgänger. Aber wenn Dönitz weiß, wo sich die Konvois befinden? Vielleicht anderthalb Tage. Durch das schlechte Wetter werden sie Sichtprobleme haben. Trotzdem - ja - ich nehme an, anderthalb Tage, höchstens.«
    Cave entschuldigte sich - er wollte telefonieren und der Admiralität die schlechte Nachricht mitteilen. Die Kryptoanalytiker blieben allein zurück. Am hinteren Ende der Baracke setzte ein leises, klickendes Geräusch ein: Die Maschinen vom Typ X

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