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Enigma

Enigma

Titel: Enigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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zu fassen. Er sprach langsam, als übersetzte er aus einer Fremdsprache, als müßte er es im Geiste erst in eine neue Ordnung bringen und in einen Bericht verwandeln.
    »Erinnern Sie sich, wie wir im November die Kleine Wetterchiffre aus der U-459 geholt haben? Und außerdem das Kleine Signalbuch? Nur haben wir uns damals entschlossen, das Kleine Signalbuch außer acht zu lassen, weil wir ihm nichts entnehmen konnten, das lang genug war, um uns ein brauchbares Hilfssystem zu liefern. Ich meine, die Meldung eines Kontaktes mit einem Konvoi an sich ist keinen Pfifferling wert, nicht wahr? Es sind nur alle Jubeljahre einmal lausige fünf Buchstaben.« Jericho zog die kleine Broschüre vorsichtig aus seiner Tasche. »Ein Buchstabe für die Geschwindigkeit des Konvois, zwei für seinen Kurs, zwei weitere für das Planquadrat…«
    Baxter starrte wie hypnotisiert auf das Signalbuch. »Sie haben das ohne Erlaubnis aus dem Tresor geholt… ?«
    »Aber wenn Leutnant Cave recht hat, und dasjenige U- Boot, das den Konvoi entdeckt, alle zwei Stunden eine Kontaktmeldung absetzt, und wenn es dann den Konvoi bis zum Einbruch der Nacht beschattet, dann ist es möglich - theoretisch möglich -, daß es vier, vielleicht sogar fünf Meldungen absetzt, je nachdem, um welche Tageszeit es den Konvoi entdeckt hat.« Jericho wendete sich an den einzigen Uniformierten im Raum. »Wie lange ist es im Nordatlantik im März hell?«
    »Ungefähr zwölf Stunden«, sagte Kramer.
    »Zwölf Stunden, sehen Sie? Und wenn sich eine Reihe von weiteren U-Booten an denselben Konvoi hängt, am selben Tag, als Reaktion auf die ursprüngliche Meldung, und die alle anfangen, alle zwei Stunden Kontaktmeldungen abzusetzen…«
    Zumindest Logie hatte begriffen, worauf er hinauswollte. Er zog langsam die Pfeife aus dem Mund. »Teufel noch mal…«
    »… dann könnten wir, theoretisch, von dem ersten Boot, sagen wir, ein Hilfssystem aus zwanzig Buchstaben bekommen, vielleicht fünfzehn vom zweiten - ich weiß es nicht, aber wenn es sich, sagen wir, um eine Attacke durch acht Boote handelt, dann könnten wir ohne weiteres hundert Buchstaben bekommen. Und das wäre genauso gut wie das Wetter- System.« Jericho war so stolz wie ein Vater, der der Welt erlaubt, einen ersten Blick auf sein neugeborenes Kind zu werfen. »Es ist wundervoll, ist Ihnen das nicht klar?« Er sah die versammelten Kryptoanalytiker nacheinander an: Kingcome und Logie wirkten ganz aufgeregt, de Brooke und Proudfoot sahen nachdenklich aus, Baxter, Atwood und Puck hatten eine ausgesprochen feindselige Miene. »Bis zu diesem Moment ist es nicht möglich gewesen, weil die Deutschen bisher nicht in der Lage waren, so viele U-Boote gegen eine derartige Menge von Schiffen einzusetzen. Es ist die ganze Geschichte von Enigma in einer Nußschale. Gerade das Ausmaß der deutschen Erfolge liefert uns eine derartige Masse an Material, daß dies die Saat für ihre letztendliche Niederlage bedeutet.«
    Er verstummte.
    »Steckt da nicht eine ganze Menge von Wenns darin?« sagte Baxter trocken. »Wenn das U-Boot den Konvoi früh genug am Tage findet, wenn es alle zwei Stunden eine Meldung absetzt; wenn die anderen alle das gleiche tun, wenn es uns gelingt, sämtliche Funksprüche abzufangen…«
    »Und wenn«, sagte Atwood, »das Kleine Signalbuch, das wir im November erbeutet haben, nicht letzte Woche gleichzeitig mit der Wetterchiffre ausgewechselt worden ist…«
    Das war eine Möglichkeit, an die Jericho nicht gedacht hatte. Er spürte, wie seine Begeisterung leicht nachließ.
    Jetzt schloß Puck sich der Attacke an. »Ich gebe zu, die Idee ist ziemlich brillant, Thomas. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer - Inspiration, vermute ich. Aber Ihre Strategie basiert auf Scheitern, stimmt´s? Wir können, wie Sie selbst zugegeben haben, Shark nur knacken, wenn die U-Boote den Konvoi finden, und das ist genau das, was wir verhindern wollen. Und angenommen, wir bekommen die Shark-Einstellungen dieses Tages heraus - was dann? Wundervoll. Wir können sämtliche U-Boot-Meldungen nach Berlin lesen, die sich Dönitz gegenüber rühmen, wie viele Schiffe der Alliierten sie versenkt haben. Und vierundzwanzig Stunden später tappen wir wieder im dunkeln.«
    Mehrere der Kryptoanalytiker stöhnten zustimmend.
    »Nein, nein.« Jericho schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    »Ihre Logik ist falsch, Puck. Wir hoffen natürlich, daß die U- Boote die Konvois nicht finden. Ja - das ist der einzige Sinn der Übung. Aber wenn sie es tun,

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