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Enigma

Enigma

Titel: Enigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Infinitiv…« Da war es wieder.
    Sie schob die warmen Füße in ihre kalten Straßenschuhe, schlang sich einen Wollschal um die Schultern und trat hinaus auf den Treppenabsatz.
    Ein klopfendes Geräusch kam aus der Küche. Sie ging die Treppe hinab.
    Als sie von der Kirche zurückgekommen war, hatten zwei Männer auf sie gewartet. Einer hatte auf der Schwelle gesta nden, der andere kam von der Rückseite des Hauses. Der erste Mann war jung und blond gewesen, mit einem schlaffen, aristokratischen Gehabe und auf eine dekadente angelsächsische Art gutaussehend. Sein Begleiter war älter, kleiner, schlank und dunkel und hatte mit einem nördlichen Akzent gesprochen. Sie wiesen Bletchley-Park-Ausweise vor und sagten, sie kämen von der Personalabteilung und suchten nach Miss Romilly. Sie war nicht zur Arbeit erschienen, sagten sie, irgendeine Ahnung, wo sie sein könnte?
    Hester hatte gesagt, sie hätte keine. Der ältere Mann war nach oben gegangen und hatte geraume Zeit herumgesucht. In der Zwischenzeit hatte sich der Blonde - seinen Namen hatte sie nicht verstanden - auf das Sofa gesetzt und ihr eine Unmenge Fragen gestellt. Er hatte etwas beleidigend Herablassendes an sich, trotz seiner guten Manieren. So ungefähr wäre auch Miles Mermagen, dachte sie unwillkürlich, wenn er eine Fünftausend-Pfund-Privatschule besucht hätte… Was für ein Mensch war Claire? Wer waren ihre Freundinnen? Wer waren die Männer in ihrem Leben? Hatte jemand nach ihr gefragt? Sie erwähnte Jerichos Besuch in der letzten Nacht, und er machte sich eine Notiz mit einem goldenen Drehbleistift. Sie wäre beinahe mit der Geschichte herausgeplatzt, wie Jericho sich auf dem Friedhof an sie herangemacht hatte (»ADU, Miss Wallace…«), aber inzwischen war ihr der blonde Mann mit seiner Arroganz so zuwider gewesen, daß sie die Worte unterdrückt hatte.
    Klopf, klopf, klopf aus der Küche…
    Hester griff nach dem Schürhaken, der neben dem Kamin im Wohnzimmer stand, und öffnete langsam die Küchentür.
    Es war, als beträte man einen Kühlschrank. Das Fenster schlug im Wind. Es mußte schon seit Stunden offengestanden haben.
    Anfangs verspürte sie Erleichterung, aber die hielt nur so lange vor, bis sie versuchte, es zu schließen. Da entdeckte sie, daß der Eisenriegel, von Rost angefressen, abgebrochen und der ihn umgebende Teil des Fensterrahmens zersplittert war.
    Sie stand in der Kälte und dachte nach. Ihr wurde schnell klar, daß es nur eine plausible Erklärung gab. Der dunkelhaarige Mann, der von der Rückseite des Hauses gekommen war, hatte offensichtlich einbrechen wollen, gerade zu dem Zeitpunkt, als sie von der Kirche heimkehrte.
    Sie hatten gesagt, es gäbe keinen Grund zur Beunruhigung. Aber wenn es keinen Grund zur Beunruhigung gab, weshalb hatten sie dann vorgehabt, gewaltsam ins Haus einzudringen?
    Sie zitterte und zog den Schal wie schutzsuchend enger um sich.
    »Oh, Claire«, sagte sie laut, »oh, Claire, du dummes, dummes Mädchen, was hast du getan… ?«
    Sie benutzte ein Stück Verdunkelungsklebeband, um das Fenster halbwegs sicher wieder zu verschließen. Dann ging sie mit dem Schürhaken in der Hand wieder nach oben und in Claires Zimmer. Ein Silberfuchs hing über dem Fußende ihres Bettes - mit starrenden Glasaugen und entblößten Nadelzähnen. Aus purer Gewohnheit rollte sie ihn ordentlich zusammen und legte ihn auf das Bord, auf dem er normalerweise wohnte. Das Zimmer war so typisch für Claire, eine derartige Extravaganz aus Farben und Stoffen und Düften, daß es von ihrer Gegenwart erfüllt schien, sogar jetzt, wo sie fort war; es war ein Summen wie die letzten Vibrationen einer Stimmgabel… Claire, die sich irgendein albernes Kleid anhielt und lachte und sie fragte, was sie davon hielte, woraufhin Hester so tat, als wäre sie eine mißbilligende ältere Schwester. Claire, so launisch wie ein Teenager, bäuchlings auf dem Bett liegend und in einer Vorkriegszeitschrift blätternd. Claire, die Hester kämmte (wenn sie ihr Haar herabließ, reichte es ihr bis fast zur Taille), die Bürste mit langsamen und sinnlichen Strichen hindurchzog, wobei Hester die Knie weich wurden. Claire, die darauf bestand, Hester ihr Make-up aufzulegen, sie aufzuputzen wie eine Puppe, und dann mit gespielter Überraschung zurücktrat und sagte: »Aber Darling, du bist ja schön…« Claire, mit nichts bekleidet als einem weißen Seidenschlüpfer und einer Perlenkette, auf der Suche nach etwas im Zimmer herumwirbelnd, langbeinig wie

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