Entdecke die Kraft der Meditation
werde dieses ungute Gefühl nicht los, dass sich nie etwas bessern wird. Deshalb gebe ich beim Meditieren entweder auf und schlafe ein oder ich stehe derart unter Strom, dass ich nur noch weglaufen möchte. Wie kann ich so meditieren, dass alles nicht noch schlimmer wird?
Sie sehen Ihre Zusätze bereits: Sie hatten ein ungutes Gefühl und haben es in die Zukunft projiziert. Dann verurteilen Sie sich dafür oder schämen sich oder bekommen es mit der Angst zu tun. Das ist bereits eine tiefe Erkenntnis. Je bewusster Sie das wahrnehmen, desto deutlicher erkennen Sie das ungute Gefühl als etwas Zusammengefügtes, das sich eigentlich bereits verändert. Es ist nichts Festes und Dauerhaftes. Wenn Sie dieses Geschehen bei Ihrer Meditation einfach betrachten können, ist das letztlich befreiend, auch wenn sich das Betrachtete gar nicht gut anfühlt. Vielleicht ist im Moment eine Meditation im Gehen besser für Sie als das Sitzen, einfach weil das, was Sie berichten, auch von Energiemangel zeugt. Das Gehen hilft Ihrer Energie auf die Sprünge und kanalisiert sie auch besser. Aber auch wenn Sie lieber sitzen, wird das Erforschen Ihres »quälenden« Zustands Ihrer Energie guttun. Beim Forschen fragen Sie nicht, woher der Zustand kommt und ob er wohl körperliche Gründe hat. Sie fragen: »Was ist das für ein Gefühl, was geschieht da?« Wenn Sie dazu kommen, das Gefühl bei Ihrer Meditation einfach zu verfolgen, während es seinen Lauf nimmt, haben Sie bereits angefangen, hindurchzugehen. Mitten hindurch – das ist immer der beste Weg, und das lernen wir durch Achtsamkeit.
Sehen Sie also zu, ob Sie Ihre bewusste Wahrnehmung so ausdehnen können, dass sie alles, was vor sich geht, einzuschließen vermag – selbst wenn Sie nicht wissen, wohin das führt. Auch wenn es im Moment nicht so aussieht, Sie müssen darauf vertrauen, dass dieses mitfühlende Betrachten irgendwann zu einer neuen Sicht der Dinge führt.
Wie kann ich, wenn ich im Augenblick bleibe, für die Zukunft planen? Wie kann ich verhindern, dass ich total passiv werde, wenn ich alles annehme, was an Gedanken und Gefühlen kommt?
Manche Leute befürchten, dass ihr Leben ein dumpfes, graues Einerlei wird, wenn Sie ihre Fähigkeit, achtsam zu sein, entwickeln und ihre Meditationspraxis gründlich ausbauen. Bedeutet Achtsamkeit nicht, dass man das Leben einfach nur noch betrachtet, anstatt aktiv an ihm teilzunehmen?
Nein, so ist es nicht. Achtsamkeit führt uns immer näher an die natürlichen Gegebenheiten jedes Augenblicks und jeder Erfahrung heran – an das, was sie ohne unsere Zusätze sind. Achtsamkeit bedeutet nicht, dass wir nicht mehr unterscheiden können, was wir mögen und was nicht. Aber wir verstehen immer besser, wie sehr sich unser Weltbild auf die Auslegung unserer Erfahrung auswirkt – und dass die gleiche Erfahrung von einem anderen Menschen vielleicht ganz anders aufgefasst wird. Wir reagieren nach wie vor auf die Dinge, nur eben bewusst: Wir wissen um sie.
Außerdem bedeutet Achtsamkeit im Augenblick nicht, dass wir uns nicht mehr an Erinnerungen freuen oder uns keine Ziele mehr stecken. In diesem Zusammenhang zitiere ich gern Thich Nhat Hanh: »Im Hier und Jetzt zu sein bedeutet etwas anderes, als nicht mehr an Vergangenes zu denken oder nicht mehr verantwortungsbewusst die Zukunft zu planen. Es geht vielmehr einfach darum, sich nicht mehr in Gedanken des Bedauerns von Vergangenen oder von Sorgen um die Zukunft zu verlieren. Wenn man fest im gegenwärtigen Augenblick steht, kann die Vergangenheit ein Gegenstand des forschenden Fragens werden, ein Objekt der Achtsamkeit und Konzentration. Man kann durch Betrachtung der Vergangenheit zu vielen Einsichten kommen. Aber dabei bleibt man fest im gegenwärtigen Augenblick verankert.«
Suchen wir also die unmittelbare und intime Verbundenheit mit unseren Gedanken, Gefühlen und Erfahrungen, dann werden wir auch gezielt und beherzt aktiv sein. Wir haben dann einen besseren Ausgangspunkt für Entscheidungen und sind nicht mehr Spielball unserer nicht hinterfragten Gewohnheiten. Wenn Sie ein negatives Gefühl wie Wut oder Neid annehmen, geben Sie sich damit keinen Freibrief für hemmungsloses Schwelgen in negativen Dingen oder für unverantwortliches Handeln. Ganz im Gegenteil, erst wenn Sie einen Gedanken oder ein Gefühl als Bestandteil ihres menschlichen »Repertoires« erkennen und sich durch Betrachtung vergewissern, dass es nichts Dauerhaftes ist und erst recht nicht alles, was Sie sind –
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