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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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entlassen. Ich habe noch Urlaubsansprüche. Und mit dem Wagen wollte ich am Wochenende zu Verwandten an der Westküste.«
    »Doch, das kann ich. Und ich tue es«, sagte ich leise. »Ich zahle dein Gehalt bis Ende August weiter. Unter der Bedingung, dass du sofort gehst. Und weder zurückkommst noch über meine Angelegenheiten redest. Du sagst einfach, es gab Differenzen über die weitere Entwicklung der Firma, und du sehnst dich nach neuen Herausforderungen. Allerdings glaube ich nicht, dass das Handelsblatt dich interviewen wird.«
    Jaatinen stand auf, zuckte, als wisse er nicht, ob er mich schlagen oder in Würde gehen sollte, wortlos. Dann sackte er wieder auf seinen Stuhl, den Mund halb offen, mit hängenden Armen.
    Auch ich setzte mich, obwohl ich nicht vorhatte, ein langes Relokationsgespräch zu führen. Ich wusste, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Die Schmier- und Schutzgelderwaren nur der letzte Tropfen. Über kurz oder lang hätte Jaatinen mein Fass ohnehin überlaufen lassen.
    »Das Geschäft läuft nicht so, wie ich es geplant und erwartet hatte. Unser Auftragsvolumen liegt weit unter dem, was wir budgetiert hatten«, erklärte ich fast freundlich, sprach absichtlich von ›uns‹. »Und da es keine Aufträge gibt, kann ich es mir nicht leisten, einen Direktor zu behalten, der die Firma so viel kostet wie drei Zimmerleute. Auch von denen muss ich einige entlassen.«
    »In der Tat, inklusive Nebenkosten entspricht das Gehalt in etwa dem von zweieinhalb, nein zwei Komma sieben Männern …« Jaatinen klammerte sich an die Zahlen, an etwas, das er beherrschte.
    »Ja, in der Tat. Ich lasse dich als Ersten gehen«, wiederholte ich und beugte mich vor. »Du kündigst selbst und bekommst ein anständiges Zeugnis. Aber wenn du mir irgendwelche Schwierigkeiten machst oder schlecht über mich redest, sorge ich dafür, dass du nicht so leicht einen neuen Job findest. Und solltest du doch auf irgendeiner mickrigen Baustelle unterkommen, dann tauchen da die seltsamsten Klempner und Elektriker auf, und der Bauinspektor kommt jeden Tag vorbei und lässt alles wieder abreißen, was ihr geschafft habt. Und wenn du es dann immer noch nicht glaubst, geht jemand bei dir zu Hause vorbei und verkündet anschließend, dass Jaatinen in nächster Zeit flüssige Nahrung bekommt und mit dem Strohhalm trinkt, da er, so wie sein Kinn jetzt aussieht, kaum essen kann.«
    Ich stand auf. Jaatinen saß hinter seinem Schreibtisch und sah mich wütend an.
    »Verdammt, das hat man davon, wenn man für die Iwans arbeitet«, fauchte er.
    Ich lächelte und nickte zum Abschied.
    Als ich mich in meinen Wagen setzte, kam Antti Kiuru über den Hof geschlendert. Ich zögerte die Abfahrt hinaus, weil ich ahnte, was er wissen wollte. Doch er blieb stumm.
    »Wir müssen ab sofort ohne Geschäftsführer auskommen. Ich habe Jaatinen gefeuert«, sagte ich schließlich, da er sich offenbar nicht traute, direkt zu fragen.
    »So so«, brummte Antti sichtlich erleichtert. Er zündete sich eine Zigarette an und rollte die Ärmel seines karierten Flanellhemds hoch. Antti arbeitete nie ohne Hemd, egal wie heiß es war. Allenfalls knöpfte er das Hemd auf und rollte die Ärmel hoch. Die Sonne hatte ihm ein rötliches Dreieck unter das Kinn gebrannt und seine Hände und Arme bis unter die Ellbogen gebräunt. Es sah aus, als trüge er hautenge Schutzhandschuhe.
    »Das hast du richtig gemacht. Der Jaatinen taugt nichts … und außerdem bist du hier der Boss. Den Männern ist es auch lieber, wenn du die Schweißarbeit ihnen überlässt«, sagte Antti Kiuru. »Bestell deinen Mädels schöne Grüße.«

12
    Auf der Straße hängte sich ein metallisch glänzender Volvo Kombi an meine Stoßstange. Der Fahrer betätigte die Lichthupe. Im Rückspiegel sah ich nur die getönte Windschutzscheibe und die Umrisse eines Menschen auf dem Fahrersitz. Doch ich wusste, wer in dem Wagen saß. Ich winkte zum Zeichen, dass ich das Aufflammen der Scheinwerfer bemerkt hatte, und bog hinter der ehemaligen Eisenwarenhandlung zu den Fußballplätzen ab.
    Der Volvo hielt neben mir auf dem Parkplatz. Wir stiegen beide gleichzeitig aus.
    »Lass uns ein Stück gehen«, sagte ich und nickte zu den Spielfeldern hinüber. Arkadi Malkin schien allein zu sein, doch irgendwie fühlte ich mich in einiger Entfernung von den Autos sicherer, sozusagen auf neutralem Boden.
    Ich versuchte mich von den Männern der Botschaft fernzuhalten und hoffte, sie würden mich vergessen.

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