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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Baustelle war, sie waren jedenfalls mindestens eine Stunde gefahren, von Helsinki in Richtung Osten, da war er sich ziemlich sicher. Mitten im finsterenNadelwald war eine Lichtung geschlagen worden, zu der eine breite, gerade Asphaltstraße führte. Pawel nahm an, dass in der Einöde ein ganzes Industriegebiet entstehen sollte. Doch die Arbeiten hatten gerade erst begonnen, und die Baustelle war nur ein einsamer Betonguss.
    Als Chef lief hier ein großer junger Mann herum, der so brutal wirkte, dass Pawel schon zusammenzuckte, wenn er nur an ihn dachte. Die Haare millimeterkurz geschoren, auf dem Kopf eine hässliche Narbe. Pawel hatte versucht, mit ihm zu reden, hatte gefragt, bist du Finne oder woher kommst du, ich versuche es an deiner Sprache zu erkennen. Der Mann hatte ihm keine Antwort gegeben, hatte nur geschnaubt und ihm befohlen, die Verschalung zu entfernen und anschließend die Entwässerungsgräben zuzuschaufeln. Das Einzige, wofür du zu gebrauchen bist, hatte er boshaft hinzugefügt, und dagegen gab es keinen Einspruch, keine Verteidigung. Pawel war kein Zimmermann, das wusste er selbst.
    Gelegentlich hatte Pawel auch einen etwas älteren Boss gesehen, einen Finnen.
    Der schien Leute aus allen möglichen Ländern zu beschäftigen, sprach Estnisch und Englisch, auch einige Worte Russisch. Vielleicht konnte man es wagen, mit ihm zu sprechen. Obwohl auch dieser Mann kalte Augen hatte. Pawel hatte sich seinen Namen gemerkt. Luoma, Veikko Luoma. Pawels Großmutter hatte gern und oft eine finnische Wendung gebraucht, die so ähnlich klang: Luojan luoma , vom Schöpfer geschaffen sei der Mensch, hatte sie gesagt. Das hatte sich in seinem Kopf festgesetzt, während ihre übrigen finnischen Geschichten oft an ihm vorbeigerauscht waren.
    Unsereins darf die Herren nicht einfach so belästigen, überlegte Pawel. Und vor zwei Tagen waren zwei neue Mänädscheroder Bosse aufgetaucht. Ein fetter Russe und ein zweiter Mann, wer weiß was für ein Mohr, mit stechenden Augen und einem breiten Nacken wie ein Ringer. Sie waren in einem teuren Jeep gekommen. Ein alter Kleintransporter war hinterhergezockelt. Pawel hatte sich ein wenig gewundert, als ein halbes Dutzend Männer, dem Aussehen nach Chinesen, aus der alten Karre gesprungen waren. Der Vorarbeiter hatte lediglich gesagt, das seien Steinmetze, und sie blieben über Nacht.
    Na, Raum ist in der kleinsten Hütte, hatte Pawel gedacht. Die fremden Männer hatten in einer unverständlichen Sprache miteinander geredet und sofort begonnen, ihre eigenen, seltsam riechenden Speisen zuzubereiten. Der Vorarbeiter hatte für sie den Strom der Baustellenanlage angezapft und gelacht, er habe die Kabel nur so lala verlegt, aber es regne ja nicht, und hier liefen ja auch keine Kinder herum, die an den Leitungen spielen und sich einen Stromschlag holen konnten.
    Am nächsten Morgen waren die Steinmetze wieder eingesammelt und weggebracht worden.
    Pawel blieb allein in der Baracke und auf der ganzen Baustelle. Die Fundamentplatte der Halle musste regelmäßig angefeuchtet werden, damit der Beton nicht zu schnell trocknete, und im Schuppen lagen teures Werkzeug und Baubedarf, auf die er nebenbei ein Auge haben sollte. Die estnischen Bauarbeiter wurden zur nächsten Baustelle gebracht.
    Jetzt war in der Baracke reichlich Platz zum Schlafen. Die Lebensmittel reichten noch für ein paar Tage, dann würde der Chef Nachschub bringen. Pawel zog die schmuddelige Decke hoch bis zu den Ohren. Das Laken auf der Matratze war immerhin beinahe sauber. Er machte die Augen zu und versuchte, an etwas Angenehmes zu denken, malte sich aus, wie er zum Angeln auf den See fuhr und dicke Barsche aus dem Wasser zog. EinenAugenblick lang mischte sich Verdruss in das friedliche Bild, als ihm einfiel, dass der Außenbordmotor sich festgefressen hatte, das elende Ding. Doch er schob den Ärger so mühelos beiseite wie Pulverschnee, den man vom Gartenweg fegt. Von dem Geld, das ich hier verdiene, kaufe ich einen neuen, vielleicht einen Evinrude oder einen Honda, die Japaner bauen gute Motoren …
    Pawel glitt in einen Zustand tiefen Friedens und schlief ein.
     
    Im Schlaf ging Pawel nach Hause. Er heizte die Sauna an, spürte alles wie im richtigen Leben, bis hin zum Geruch. Mit einem brennenden Streifen Baumrinde zündete er die Birkenscheite an, die knisternd Feuer fingen. Einzelne Scheite von der verdorrten Fichte brannten krachend. Das Feuer im Saunaofen erhitzte ihm Stirn und Hände, versengte ihn

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