Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
verstanden.«
»Ach ja? Ich denke doch. Was anderes als solche billigen, schwachsinnigen Antworten ist von Ihnen sowieso nicht zu erwarten.«
»Dann solltest du mir wohl keine Fragen mehr stellen.«
Stark trat vor und griff nach dem Bogen, den er wie fast immer über der Schulter trug, aber Zoey zog ihn am Handgelenk zurück. »Das bringt uns kein bisschen weiter.«
»Er hat angefangen!«, blaffte Stark.
»Das macht er absichtlich, weil er ganz genau weiß, wie du darauf reagierst.« Dann funkelte Zoey Kalona an. »Lass das, ja? Wir wollen mit dem Schwertmeister der Schule reden, nicht mit einem Besserwisser mit Flügeln.«
»Dann hättest du deinem Schoßhund als Erstes einen Maulkorb anlegen sollen«, sagte Kalona gelassen.
»Nein, ich hätte dir als Erstes sagen sollen, dass in der Mensa gerade ein Fernsehteam dabei ist, die Jungvampyre zu filmen, um zu zeigen, dass sie normale Kids sind und keine blutsaugenden Dämonen, und dass wir deshalb keine Zeit für Ego-Hickhack haben. Genauer gesagt: Eigentlich sollte ich dich nicht daran erinnern müssen, dass du einen Eid geleistet hast, unsere Schule zu beschützen, solange der Tod hier Hohepriesterin ist – und Thanatos ist noch Hohepriesterin, also schuldest du uns deinen Eid!« Zoeys Stimme klang immer weniger wie die eines wütenden Mädchens, sondern füllte sich mehr und mehr mit der Macht des Geistelements, bis die Härchen auf Kalonas Unterarmen sich aufstellten und ein Schauder ihn überlief. »Hier stehe ich und stelle dir eine Frage wegen unserer Sicherheit. Antworte mir, und hör mit diesen kindischen Spielchen auf.«
Kalona unterdrückte sein Lächeln sorgfältig. Das war die Zoey, die er am liebsten mochte. Das war eine junge, starke Hohepriesterin, die wahrlich würdig war, über Nyx’ Macht zu gebieten.
Er ballte die Faust über dem Herzen und neigte den Kopf, wie ein Krieger einer Hohepriesterin seinen Respekt erweist. Dann öffnete er den Mund und wollte sprechen, da wehte ihm leise eine süße, schmerzlich vertraute Stimme durch den Geist.
Vergiss besser nicht, dass sie nicht ich ist …
Kalona zuckte zusammen, als hätte ihn ein glühendes Brandeisen berührt. Er sprang auf die Füße. Reglos, mit wild pochendem Herzen blieb er stehen, kurz davor, einen Freudenschrei auszustoßen oder auf die Knie zu fallen und zu weinen.
Nyx hat zu mir gesprochen!
»Kalona? Was ist los?«
Der Unsterbliche blinzelte und wurde sich der drei jungen Leute bewusst, die ihn anstarrten – alarmiert und misstrauisch die Männer, die vor ihre Priesterin getreten waren. Zoeys Miene hingegen war beinahe besorgt.
Er holte tief Luft. Ballte nochmals die Hand zur Faust und verneigte sich vor ihr, dann zwang er seine Beine, sich zu entspannen, und setzte sich wieder. »Deine Worte haben mich beschämt, Priesterin. Mir ist bewusst, dass ich für die Sicherheit dieser Schule verantwortlich bin. Bitte setzt euch.« Er wies mit leicht zitternder Hand auf die Stühle vor dem Schreibtisch. »Fragt mich, und ich werde antworten.«
»Okaaaay«, sagte Zoey langgezogen, zweifellos nicht getäuscht durch seinen Versuch, den Tumult in seinem Inneren zu verbergen. Doch sie und die beiden jungen Männer setzten sich, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
»Die Sache ist die«, sagte sie und klang wieder wie ein gewöhnliches Mädchen. »Das mit dem Keller fragen wir dich deshalb, weil wir wissen müssen, ob Neferet von ihm weiß.«
Kalona richtete sein aufgewühltes Denken auf ihre Frage. »Neferet hat mir gegenüber nie einen Keller erwähnt.«
»Was nicht zwingend heißt, dass sie nicht davon wüsste«, sagte Zoey.
»Tatsächlich doch«, sagte Kalona. »Wie euch bekannt ist, habe ich eine Abneigung dagegen, mich unter der Erde aufzuhalten.«
»Ja und? Sie waren mit Neferet zusammen. Warum sollte sie mit ihrem klaustrophobischen Lover über Keller reden?«, fragte Stark.
»Es ist nicht nur Klaustrophobie«, widersprach Zoey. »Unter der Erde schwindet seine Macht. Als würde der Boden sie ihm aussaugen. So hat Neferet ihn gezwungen, mir in die Anderwelt zu folgen. Sie hielt ihn unter der Erde gefangen. Stimmt’s?«, fragte sie.
»Das ist wahr«, gab Kalona zu. »Und mit Hilfe der Finsternis, über die sie gebietet, zwang sie meinen Geist in die Anderwelt, während ich zu schwach war, um sie zu bekämpfen.«
»Halt. Um eines klarzustellen: Neferet hat Sie vielleicht gefangen gehalten und in die Anderwelt gezwungen, aber dass Sie dort Zoey und mich angegriffen haben,
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