Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
war ganz allein Ihre Entscheidung.«
»Auch das ist wahr. Wobei ich hinzufügen muss, dass Neferet meinen Geist auf ewig von meinem Körper getrennt hätte, hätte ich ihrem Wunsch nicht entsprochen.«
»Im Unterschied zu Zoey hätte Sie das aber nicht getötet, weil Sie unsterblich sind.«
»Nein, das hätte es nicht. Es hätte mich in den Wahnsinn getrieben.« Er sah Zoey an. »Ich denke, du weißt, was ich meine. Dein Geist wurde deinem Körper entrissen und zerschmettert. Du weißt, welche Auswirkung das auf deine geistige Gesundheit hatte.«
Die junge Priesterin erbleichte. »Ja. Ich weiß. Das war echt furchtbar.«
»Dadurch wird das, was er getan hat, nicht besser«, sagte Stark.
»Aber begreiflich«, bemerkte Darius. »Stark, ich verstehe, was du im Sinn hast. Du möchtest uns Kalonas Vergangenheit vor Augen führen. Aber er hat einen Eid geschworen, der ihn zu unserem Verbündeten macht. Auch daran müssen wir denken.«
»Wenn du immer noch nicht glauben kannst, dass ich der Finsternis abgeschworen habe«, sagte Kalona, »so sollte es dir als Beweis dienen, dass sie mir nicht mehr zu Willen ist.«
»Schauen Sie – Sie sagen, Sie hätten der Finsternis abgeschworen, statt klar und deutlich zu sagen, dass Sie uns, oder gar Nyx, die Treue geschworen haben. Ganz ehrlich, das stört mich.«
»Stimmt«, sagte Zoey. »Mich stört das auch. Ich glaub nicht, dass irgendein Jungvampyr hier an der Schule die Finsternis dazu bringen könnte, ihm zu dienen, aber das heißt noch lange nicht, dass sie alle auf unserer Seite sind. Besser gesagt, wir wissen genau, dass ein paar von den roten Jungvampyren es nicht sind.«
Kalona atmete tief ein – und zu seiner eigenen Überraschung wie zu der seiner drei Besucher sagte er ihnen die Wahrheit. »Ich habe mich für die Göttin entschieden, doch sie wendet sich weiterhin von mir ab. Ich kann nicht einmal ihren Tempel betreten. Sie hat mir nicht vergeben.« Er schüttelte den Kopf und betrachtete ihr Abbild in der Kristallvase. »Ich werfe es ihr nicht vor. Ich verdiene ihre Vergebung nicht. Aber das ändert nichts an der Wahl, die ich getroffen habe. Ich habe beschlossen, der Göttin wieder zu dienen, und sei es nur aus der Ferne. Es fällt mir nur nicht leicht, darüber zu sprechen.« Er sah Stark in die Augen. »Du bist Zoeys Krieger. Stell dir vor, du verlörest sie. Stell dir vor, dieser Verlust dauerte Äonen von Jahren an. Dann wirst du vielleicht erahnen können, wie es mir geht.«
Lange herrschte Schweigen. Endlich fragte Zoey: »Du bist also überzeugt, dass Neferet den Keller nicht kennt?«
»Hätte Neferet von einem Keller gewusst, sie hätte ihn als Mittel eingesetzt, um mich gefügiger zu machen, vor allem nachdem ich mich geweigert hatte, mich als fleischgewordenen Erebos zu bezeichnen.«
»Wo Sie das schon erwähnen, warum haben Sie das eigentlich nicht getan?«, fragte Stark. »Ich hab die Fensterbilder auf San Clemente gesehen. Der Typ mit den Flügeln sah definitiv genauso aus wie Sie. An jenem Tag waren einige aus dem Hohen Rat schon auf Neferets Seite, und die meisten hätten Ihnen wohl geglaubt, wenn Sie behauptet hätten, Sie seien er.«
Kalona lachte schnaubend und verächtlich. »Weil Erebos mein Bruder ist, junger Krieger, und ich ihn zu tief verabscheue, um mich für ihn auszugeben.«
Zoey
»Dein Bruder? Erebos? Der Gefährte von Nyx ist dein Bruder?« Das konnte er nicht ernst gemeint haben.
»Wir sind Zwillinge. Nicht eineiig, aber gewissermaßen schon. Am selben Tag geboren. Ich bin der Ältere.« Kalona tat unbekümmert, aber so wie er mit den Fingern auf die Tischplatte trommelte und sein Blick überallhin, nur nicht zu mir wanderte, war seine Lässigkeit alles andere als echt.
»Warum hast du uns nie gesagt, dass du Erebos’ Bruder bist?«, fragte ich.
Da sah er mich doch an. »Hast du einen Bruder?«
»Ja.«
»Du hast ihn mir gegenüber noch nie erwähnt.«
»Aber Zs Bruder ist nicht der Geliebte unserer Göttin«, wandte Stark ein.
»Hör mal, wenn du der Bruder von Erebos bist, warum haben wir dann noch nie von dir gehört?«, fragte ich. »Ich meine, ich hab’s nicht so mit alten Sagen und Schöpfungsmythen, aber dass Erebos einen Bruder hat, davon hätte ich doch irgendwann erfahren müssen.« Hilfesuchend sah ich Stark und Darius an. »Wusstet ihr was davon?«
Beide schüttelten den Kopf, blickten Kalona an. Der seufzte. »Erebos liebt mich auch nicht sonderlich. Und wie ich schon sagte, Nyx hat sich von mir
Weitere Kostenlose Bücher