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Entfesselt

Entfesselt

Titel: Entfesselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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ihn mit steinerner Miene an. Er schaute nachdenklich drein, nicht hasserfüllt, aber ich war trotzdem froh, als River ihm im Vorbeigehen eine Kopfnuss verpasste.
      »Benimm dich gefälligst«, drohte sie.
       Reyn kam herein und setzte sich. Ich spürte, dass er mich ansah, aber ich traute mich nicht, seinen Blick zu erwidern, solange ich so beschämt und den Tränen nahe war. Natürlich hatten mich Daniels Bemerkungen wieder daran erinnert, wie ich in der letzten Nacht wach gelegen und darüber nachgedacht hatte, dass ich meiner Vergangenheit nicht entkommen konnte. Dies war nur ein weiterer Beweis dafür.
      Ich hatte ein Stück Pfannkuchen und etwas Speck hinuntergewürgt, als Anne aufstand und sagte: »Komm, Nastasja, lass uns etwas tun. Möchte noch jemand mit uns meditieren?« Schlimmer konnte es nicht kommen. Zu allem anderen Übel auch noch Meditation. Ich schob meinen Teller weg.
      »Ich will mich nur schnell umziehen«, murmelte ich und ging nach oben.
      ***
    In meinem Zimmer ließ ich mir viel Zeit, in der Hoffnung, dass das Esszimmer leer sein würde, wenn ich dort wieder auftauchte. Ich hatte nicht einmal die Gelegenheit gehabt, Reyn mit meinen Blicken auszuziehen. Ich kam zwar mit unserer Beziehung noch nicht klar und wusste auch nicht, wie ich meine Vergangenheit und meine Zukunft unter einen Hut bringen sollte, aber bis ich eine Lösung gefunden hatte, machte es mir gar nichts aus, ihn nur als Objekt meiner Begierde zu betrachten.
      Schließlich schleppte ich mich wieder nach unten. Als ich meine Jacke vom Haken nahm, tauchte Daniel auf.
      Ich warf ihm einen mürrischen Blick zu.
      »Mein Bruder hat recht, was dich betrifft«, sagte er halblaut. »Du bist gefährlich und du bringst River in Gefahr.«
      Ich schaffte es, meine Wut im Zaum zu halten. »Wie ich gehört habe, bin ich hier nicht die Einzige, die böse Dinge anzieht.«
      Daniels Blick durchbohrte mich förmlich. »Aber du bist der größte Köder. Wenn dich jemand tötet, wird er die Macht des Hauses von Island erben.«
      Ich schauderte unwillkürlich. »Wie gut, dass du hier bist, um mich zu beschützen, Prinz des Hauses von Genua.«
    »Ich bin nicht hier, um dich zu beschützen. Ich bin gekommen, um meine Schwester zu schützen, vor dir, falls es nötig sein sollte. Und ich kann dafür sorgen, dass es sich für dich lohnt, wenn du dieses Haus verlässt.«
      Nun, das war interessant. »Wie denn?« Konnte er ein Treffen mit dem Typen arrangieren, der den neuen Spiderman spielte? Also, das würde sich lohnen.
      Daniel zuckte mit den Schultern. »Ich kann dir Geld anbieten. So viel Geld, dass du jahrelang überall hinreisen kannst, wohin du willst, und nicht arbeiten musst.«
      Was für eine Enttäuschung. Was dachte der Typ sich? Glaubte der wirklich, dass ich 459 Jahre alt geworden war, ohne mir einen Notgroschen zurückzulegen? »Daniel, Komm schon. Geld? Ist das dein Ernst?«
      Er sah beleidigt aus. »Eine beträchtliche Summe.«
      »Hundert Millionen Dollar?«
      »Nein natürlich nicht.«
      »Dann kannst du es vergessen.« Ich riss meinen Arm aus seinem Klammergriff und stürmte durchs Esszimmer in die Küche und zur Hintertür hinaus. Himmel, Rivers Brüder waren wirklich Holzköpfe.
      Als ich die Scheune betrat, standen Jess, Charles und Solis auf dem Gang und redeten. Sie verstummten sofort - deutlicher konnten sie mir nicht zu verstehen geben, dass ich das Thema ihrer Unterhaltung gewesen war. Meine Wangen fingen an zu glühen, aber ich ignorierte es und ging an ihnen vorbei in Annes Klassenzimmer.
      »Hi - ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte Anne.
      »Wie? Sag nicht, das war freiwillig?«, fragte ich.
      Sie lächelte. »Nein, war es nicht.«
      Die anderen kamen nach mir herein. »Danke, dass ihr gekommen seid«, sagte Anne. »Ich möchte, dass ihr mir bei dieser Sitzung helft. Ich denke, eine schöne Gruppenmeditation wird uns weiterbringen.«
      Die anderen murmelten und brachten lahme Ausreden vor, aber Anne ließ sie nicht gelten und schließlich saßen wir fünf im Kreis um eine brennende Kerze. Ich brauchte die anderen nicht anzusehen, um ihre Abneigung und ihr Unbehagen zu spüren. Ich kam mir vor wie das unbeliebte Kind auf dem Schulhof.
      Trotzdem konzentrierte ich mich auf die Kerze und versuchte, die siebenundvierzig anderen Gedanken zu verdrängen, die sich in meinem Kopf breitmachen wollten.
      Beinahe erschreckte es mich, als Anne erst zu summen und dann halblaut

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