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Entfesselt

Entfesselt

Titel: Entfesselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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ihren Loser-Freunden! Ich fühlte mich verraten und war so verletzt, dass ich davon Magenschmerzen bekam.
      Und dann fiel mir siedendheiß ein, wie oft ich genau dasselbe getan hatte, nur zum Spaß. Meine Freunde und ich hatten genug Geld, um in jedem Hotel unterzukommen, aber manchmal hatten wir es witzig gefunden, irgendwo einzubrechen, bei irgendeinem Freund, und dort abzufeiern. Es war verboten und gewagt und total aufregend. Und die empörten Wohnungsbesitzer waren für uns nur kapitalistische Spießer gewesen.
      Und diesem Klub war ich gerade beigetreten. Das Karma konnte ein echtes Biest sein.
      Ich straffte die Schultern und ging über den Balkon zur Treppe. »Wo finde ich einen Eimer?«
      Ja, das Karma war ein Biest. Zu meiner Zeit hatte ich erlebt, wie fies es ist, von einem Eimer kaltem Wasser geweckt zu werden, und diese Lektion teilte ich an diesem Morgen mit Dray und ihren Freunden. Es war überaus zufriedenstellend. Ich weiß nicht mehr, was ich ihr ins Gesicht geschrien habe, und auch nicht, was sie zurückbrüllte. Zumindest wusste sie, dass sie Mist gebaut hatte, womit sie mir immerhin einen Schritt voraus war. Ich hatte mich nie schuldig gefühlt, bis ... nun ja, vielleicht bis zu diesem Morgen.
      Sie war verlegen und wütend, ich war einfach nur wütend und trat einem ihrer Freunde sogar in den Hintern, als er klatschnass und frierend hinaustaumelte. Die fünf wären vielleicht noch feindseliger gewesen, aber die Tatsache, dass sie auf ihrem Weg nach draußen an einer Horde stocksaurer Bauarbeiter vorbeimussten, deren Arbeit sie gerade ruiniert hatten, nahm ihnen ziemlich viel Wind aus den Segeln.
      Ich war nur froh, dass der nächste Tag ein Samstag war.

20
 
      Ein Tag, an dem wir aufstanden und weder tote Tiere noch verkohlte Zirkel rund ums Haus vorfanden, war ein guter Tag. Es störte mich nicht einmal, dass ich Pferdedienst hatte - ich ging zwar nur ungern mit Pferden um, aber die Vorstellung, sie tot vorzufinden, war viel schlimmer.
      Nachdem ich Sorrel auf der Stallgasse festgebunden hatte, nahm ich den Hufkratzer und stellte mich links neben sie. Vorsichtig ließ ich meine Hand am Bein heruntergleiten. Ich tippte gegen die Rückseite des Beins und sie hob gehorsam den Huf. Ich hatte das schon unzählige Male getan und kratzte Schmutz und Erde unter dem Hufeisen heraus, ohne nachdenken zu müssen.
      Gestern hatte mich die Erkenntnis über den Schutzzauber hart getroffen.
      Und heute verschaffte die eintönige Stallarbeit meinem Gehirn genügend Zeit, um zutiefst zu bedauern, dass ich alles und jeden hier in Gefahr gebracht hatte. Es war grauenvoll.
      Eines muss ich aber zu meiner Verteidigung vorbringen: Ich hatte es nicht mit Absicht getan. Ich meine, natürlich habe ich mich absichtlich an dem Ritual beteiligt, obwohl ich wusste, dass ich keine Aufforderung dazu bekommen hatte. Aber ich hatte nie vor, den Zauber zu ruinieren. Ich stellte mir vor, wie ich es River beichtete, und sah schon jetzt die Enttäuschung in ihren braunen Augen. Und dann das Verständnis und die Vergebung. Nach all diesen Monaten wusste ich inzwischen, dass sie mir vergeben würde. Ich wusste, dass sie mich nicht hinauswerfen würde.
      Aber sie würde von mir enttäuscht sein.
      Ich fühlte mich mies - mehr als mies. Ich wollte nicht, dass ihre Brüder recht behielten.
      Eine kleine feuchte Nase tauchte zwischen meinen Knien auf, gefolgt von einem weißen Kopf.
      »Dufa, du dumme Nuss«, murmelte ich, konnte aber Sorrels Huf nicht loslassen, um sie zu streicheln. »Geh von den Pferdehufen weg.«
      »Dufa«, rief Reyn und stieß einen kurzen Pfiff aus. Sofort ließ Dufa mich stehen und raste zu ihrem geliebten Herrchen. Sie war in letzter Zeit ordentlich gewachsen, sah mit ihren langen Beinen aber immer noch schlaksig und unproportioniert aus.
      Ich schaute auf zu Reyn, der eine Forke in der Hand hatte, um die Boxen auszumisten. Er trug eine abgewetzte graue Hose, die er in die Gummistiefel gesteckt hatte, und eins von seinen karierten Flanellhemden. Unter dem Hemdkragen war ein blaues T-Shirt zu sehen. Außerdem fiel mir auf, dass er leicht gebräunt war - was ich natürlich längst wusste. Aber wir hatten immer noch Winter und er war trotzdem braun. Das musste also seine normale Hautfarbe sein. Am ganzen Körper. Ich konzentrierte mich wieder auf meine Arbeit, aber dieser Huf war sauber und ich war gezwungen, Sorrels Bein loszulassen.
      Reyn lehnte die Forke an eine Trennwand,

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