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Entfesselte Energien (Band 1)

Entfesselte Energien (Band 1)

Titel: Entfesselte Energien (Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collmann
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immer noch in strahlender Laune.
    Tess saß auf seinem Bett und schaute vor sich hin, wo sie mit dem schmalen Schuh eine Vorhangschnur fortschleuderte, die immer wieder zurückkam. „Wieso? Wir haben soviel vor.“
    „ Das können wir doch auch ausführen!“
    Tess schüttelte ratlos den Kopf. „So geht das nicht.“
    „ Warum denn nicht?“
    „ Wenn du das fragst, weißt du nicht, was hier zu tun ist.“
    „ Ja, was denn noch außer …?“
    Tess antwortete nicht, sie sah an Franz vorbei durch das offene Fenster nach dem Nebenhaus, wo eben eine Schlampe in schmuddeliger Nachtjacke sich herausbeugte und zerlumpte Bettvorlagen abschüttelte. Sie zeigte, sich geekelt abwendend, dorthin. Franz fuhr herum, wurde rot und schlug das Fenster zu.
    Tess ging im Zimmer auf und ab, sah sich dies und das an, und musste immer wieder den Kopf schütteln. „Möbel sind das! O Gott, o Gott! – Und Öldrucke!?“
    „ Ja nun!“
    „ Nee. Franz, von solchem Milieu aus kommen wir nicht dahin, wo wir hinwollen.“
    Franz schnitt eine Grimasse. „Die Sphären, die dir vorschweben, habe ich neulich gesehen; dieser Prunk in der Villa deines Vetters kann mir gar nicht imponieren.“
    „ Mir auch nicht! Aber nur darum nicht, weil er keinen Stil hat, weil er überladen ist.“
    „ Ich meine, man kann das alles entbehren.“
    „ Das alles? – Wenn du damit echte Kunst meinst – ohne die kann man allerdings leben – nein, vegetieren! Franz, es wäre eine unendliche Verarmung, wenn wir uns dahin zurückschrauben wollten. Keine Kunst mehr! Und denk mal, wie viel feine, kluge Menschen gibt’s hier in Berlin, die wir kennenlernen, die wir aufsuchen wollen – nein, müssen! Im Hörsaal, im Theater, auf Bällen, in Gesellschaften. – So, ehe ich’s vergesse: Für Sonntag soll ich dich zum Abendessen einladen.“
    „ Zu Majors?“ Er wurde beinahe blass vor Schrecken.
    „ Siehst du wohl, jetzt merkst du etwas! Und du wirst noch mehr merken, wenn du erst dort warst, mein Lieber!!“ Sie drohte ihm mit leisem Finger.
    „ Himmelverflucht! Ich hab überhaupt keinen Smoking.“ Er tobte und wetterte im Zimmer umher, schob Schubladen auf und knallte sie wieder zu. Rannte an den Kleiderschrank, tauchte in seine Finsternis, schnellte wieder zurück und warf die Mähne aus dem Gesicht. „Ausgeschlossen! Ganz ausgeschlossen!“
    Tess ließ ihn eine Weile ruhig gewähren, lächelte und wurde wieder ernst und musste endlich schallend auflachen. Jetzt griff sie ihn an der Schulter und wirbelte ihn herum, bis sie sich beide endlich ansahen und in ein Lachduett ausbrachen.
    „ Wir müssen das anders machen, du; so geht’s nicht weiter. Ich meine, wir haben jetzt lange genug Chemie studiert, dass wir bald daran denken können, uns etwas damit zu verdienen. – Nein, nicht etwas, sondern sehr viel!“
    „ Ja, aber wie, Tess? – Ich hab schon daran gedacht, als Repetent: faule, reiche Bürschchen fürs Examen einzupauken. Das war schon was, ja?“
    „ Geht hier in Berlin schlecht. Bringt auch wenig.“
    „ Na, na!“
    „ Nee, weißt du, was wir vorhaben – können wir damit nicht bestreiten.“
    „ Und was haben wir vor? Jetzt endlich sprich dich aus!“
    „ Hast du vergessen, was wir in Tübingen verabredet haben, wenn auch damals noch großmaulig und halb im Scherz? Jetzt ist mir’s aber ernst: Wir wollen ihm ein Labor bauen.“
    „ Kriegt er das dort nicht? Auf dem Schießplatz?“
    „ Nicht für seine Privatversuche! Nicht so, dass er frei schalten kann und keinem Rechenschaft abzulegen braucht für jedes Gramm verbrauchter Substanz. O, ich kenne das aus der Universität. Nein, er soll sich endlich einmal regen können, auf eigenem Grund, mit unbeschränkten Mitteln. Das kostet was, Franz!“
    Franz taumelte entsetzt zurück.
    „Und der Detektiv – oder zwei – die dann notwendig sind, müssen auch, bezahlt werden.“
    „ Tess, das Töpfchen kocht über!“
    „ Und die Reisen zu den Großfirmen, in die Bergwerke, in andere Erdteile, die er nicht machen kann, die Patentanmeldungen, die er – vergessen würde. In solchen Dingen ist er wie ein Kind. Franz, wir müssen ihm helfen.“
    „ O, wie gerne! Aber …“ Franz ließ sich auf das Bett fallen, da Tess auf dem einzigen Stuhle saß – und schüttelte ratlos den Kopf.
    „ Nur glauben! – Hoffnung! – Liebe!“ In demselben Rhythmus trat sie wieder die Messingglocke der Vorhangschnur von sich fort nach der anderen Seite. Dann raffte sie sich auf und strich die blonden

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