Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
er einfach nicht.«
Kemble schien darüber nachzudenken. »Nun, sagt jetzt nichts mehr«, erwiderte er und steckte die Briefe in seinen Mantel. »Ich werde diese Schreiben nach Whitehall bringen, damit die Leute dort sie sich ansehen können.«
»Die verdammten Dinger sind in Russisch geschrieben, nicht wahr?«
»In der Tat«, bestätigte Kemble. »Es sind Briefe von Nashs Cousin Vladislav. Er leidet an der Gicht und ist daher sehr übellaunig.«
»Woher wisst Ihr das?«
»Ich vermute, Ihr hattet noch nie die Gicht, meine Liebe, sonst würdet Ihr nicht fragen.«
»Nein, ich meine – könnt Ihr die Briefe lesen?«
»Oh, meine Sprachkenntnisse reichen gerade so«, entgegnete er und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber man kann nicht wissen, was zwischen den Zeilen steht. Vielleicht ist Gicht ja nur ein Codewort für Schießpulver, für Kanone oder für eine andere Art von Schmuggelware. Spione kennen Tausende solcher Tricks. Peel wird die Briefe jemandem geben, der alle Feinheiten herausfinden wird.«
Er ging zur Tür, als Xanthia ihn am Arm ergriff. »Eines noch, Mr. Kemble«, sagte sie. »Ich wünsche hiermit Euer Arbeitsverhältnis zu beenden. Bitte informiert Lord de Vendenheim. Ich bin nicht in Gefahr, und ich werde ganz sicher nicht mehr hinter Lord Nash herspionieren.«
»Ich werde es ihn wissen lassen, aber es wird ihm nicht gefallen.«
»Nichtsdestotrotz wird er sich damit abfinden müssen«, sagte Xanthia, deren Stimmung sich etwas aufgehellt hatte. »Ich werde mein Ehrenwort nicht widerrufen, Mr. Kemble, aber von jetzt an gilt meine Loyalität Lord Nash. Ich lasse de Vendenheim hiermit die Höflichkeit einer klaren Warnung angedeihen.«
»Ihr seid sehr kühn, Miss Neville«, sagte er. »Ich hoffe, Ihr habt Euch alles gründlich überlegt.«
»Oh, das habe ich«, erwiderte sie. »Wird de Vendenheim Euch irgendwelche Schwierigkeiten machen?«
»Er macht mir nie etwas anderes«, erwiderte Kemble.
»Na schön. Dann werde ich Euch einen Brief mitgeben, in dem ich ihm klarmache, dass es meine Entscheidung war.« Sie ging zu ihrem Schreibtisch. »Und was jene Briefe betrifft, Mr. Kemble, Ihr könnt sie gern mitnehmen, aber ich muss sie heute Nachmittag zurückhaben.«
Kemble sah sie ungläubig an. »Heute Nachmittag?«, wiederholte er. »Aber wir reden hier von Regierungsdingen, Miss Neville. Es gibt Vorschriften. Festgelegte Abläufe. Vielleicht sogar ein oder zwei Komitees.«
Xanthia starrte ihn an. »Ich muss diese Briefe zurückhaben, Kemble«, beharrte sie. »Ich muss sie spätestens bis Mitternacht zu Nash zurückbringen. Wenn Ihr mir das nicht zusagen könnt – nun, vielleicht werde ich mich dann als von meiner Pflicht entbunden betrachten und Lord Nash erklären, wo seine Briefe sind und warum.«
Kemble zog eine Augenbraue hoch. »Ihr wollt sie wirklich zurückbringen«, bemerkte er. »Wie? Wann?«
»Das weiß ich noch nicht«, gestand Xanthia. »Aber ich werde schon irgendwie in das Haus hineinkommen. Ich muss es tun.« Ihre Stimme brach verräterisch bei dem letzten Wort.
Kemble nahm ihre Hand und drückte sie. »Oh, mein armes, armes Mädchen«, sagte er. »Oh, meine liebe Miss Neville!«
»Was?«
Kemble schüttelte mitfühlend den Kopf. »Ihr seid sehr durcheinander und mit Euren Entschlüssen schnell bei der Hand, nicht wahr?«, murmelte er. »Lord Nash ist bequemerweise unschuldig, Ihr seid schrecklich verliebt, und Max wird mir die Schuld geben – an allem!«
Um zwei Uhr nachmittags saß Lord Nash noch immer in seinem Morgenrock bei seinem Morgenkaffee. Es war, dachte er, seine dritte Kanne, aber ganz sicher war er sich nicht. Die erste hatte er selbst zuzubereiten versucht. Einer der Diener hatte freundlicherweise am Tag zuvor die Bohnen gemahlen, den Topf auf den Herd gestellt und ein Zündholz danebengelegt. Sogar Nash war fähig, ein Feuer anzuzünden.
Das Haus schien heute seltsam leer. Nash wusste nicht, warum. Alle Dienstboten waren pünktlich um zwölf Uhr mittags zurückgekommen, mit unbewegter Miene und untertänig – bis auf Gibbons. Der Kammerdiener machte sich jetzt im Ankleidezimmer zu schaffen, nachdem es ein großes Palaver darum gegeben hatte, was in seiner Abwesenheit an Arbeit angefallen war, und um die Unordnung, die es zu beseitigen galt. Die welken Hibiskusblüten hatte er zwar sofort zusammengefegt, doch die Neugierde war geblieben.
Nun, wegen ihm konnte sich diese Neugier ruhig ins Unermessliche steigern. Nash hatte nicht die Absicht, auch
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