Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
Augen schimmerten noch immer vor Verlangen, als er zurücktrat und sich überraschend formell vor ihr verbeugte. »Ich werde Nash genannt«, sagte er ruhig. »Spieler und professioneller Genussmensch. Zu Euren Diensten, Ma’am.«
Professioneller Genussmensch?
Die erschreckende Leichtfertigkeit dessen, was sie gerade getan hatte, wurde Xanthia schnell bewusst. Noch immer war sie nicht wieder zu Atem gekommen. Als sie ihren Mund öffnete, um etwas zu erwidern, kam kein Ton über ihre Lippen. Dann tat sie das Dümmste und das Peinlichste, was eine Frau tun konnte: Sie wandte sich ab und lief davon.
Sie floh über die Terrasse, ihre Gedanken waren erfüllt von Panik. Aber nichts Ungewöhnliches passierte. Keine Schritte folgten. Kein Rufen erklang. Der Lichtstrahl, der aus dem Ballsaal fiel, war nur noch wenige Meter entfernt. Kurz bevor Xanthia die Tür erreichte, war sie so geistesgegenwärtig, stehen zu bleiben, ihr Haar zu ordnen und ihr Kleid zu richten. Noch immer kein Laut. Er war ihr nicht gefolgt, Gott sei Dank.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Xanthias Atem ging noch immer keuchend, als sie die Hand gegen den Fensterrahmen legte und darum kämpfte, dass ihre Beine, die sich weich wie Butter anfühlten, sie wieder tragen würden, um anmutig weiterzugehen. Nun, sie hatte etwas Skandalöses tun wollen, und das hatte sie nun ganz gewiss getan. Sie hatte einem fremden Mann gestattet, sie bis zum Wahnsinn zu küssen – und fast noch weitaus mehr als das. Jetzt, ohne die Nähe seines warmen Körpers, fror sie mehr denn je und fühlte sich zittrig wie noch nie zuvor.
Wütend auf sich selbst straffte Xanthia die Schultern und betrat mit einem künstlichen Lächeln auf dem Gesicht den Ballsaal. Lieber Gott, was war sie doch für eine Närrin! Ein wenig zu viel Champagner zu trinken und sich in rührseligen Fantasien zu ergehen war das eine, sich so schamlos mit einem Fremden aufzuführen, das andere – oder, wie im Falle von Mr. Nash, einem höchst ungewöhnlichen Fremden. Aber was für eine Faszination er auch auf sie ausübte, es gab nichts Metaphysisches zwischen ihnen. Schon gar nicht hatte er in ihre Augen gesehen und ihr dabei in die Seele geschaut, um Himmels willen! Wie hatte sie nur so etwas denken können? Die lange Zeit der Enthaltsamkeit musste ihren Verstand vernebelt haben.
Nun, für sie blieb nichts zu tun, als zu Gott zu beten, dass dieser Nash ein Gentleman war. Oh, Xanthia fürchtete nicht, dass man über sie klatschte und tratschte, aber da war noch ihr Bruder Kieran, an den sie denken musste. Er hatte gerade erst sein Leben in den Griff bekommen. Außerdem gab es noch Lord und Lady Sharpe, ihre Verwandten, die sie liebte, und deren Tochter Louisa, die heute in die Gesellschaft eingeführt wurde. Xanthias ungebührliches Benehmen konnte sich negativ auf sie alle auswirken.
Mit Anstrengung gelang es ihr, einigen Leuten, die sie kannte, zuzunicken, während sie sich einen Weg durch die Menge bahnte. Sie befürchtete, wie eine benutzte Hure auszusehen, doch niemand, den sie passierte, zog auch nur eine Augenbraue hoch. Ihre Panik legte sich langsam, doch die Erinnerung an die Berührungen des Mannes wollte nicht verblassen. Lieber Himmel, sie musste ihren Bruder finden und ihn bitten, sie nach Hause zu bringen, ehe sie noch etwas unverzeihlich Dummes tat – etwa nach Mr. Nash zu suchen und ihm ihr Strumpfband zuzuwerfen.
Mit noch immer zitternder Hand hielt Xanthia einen vorbeigehenden Diener an, um ihn nach Kierans Verbleib zu fragen. Der in seiner blauen Livree prächtig anzusehende Mann verbeugte sich. »Lord Rothewell ist im Kartenzimmer, Ma’am.«
Xanthia lächelte höflich. »Sagt ihm bitte, dass ich jetzt gern gehen würde.«
Zwar wollte sie ihren Bruder nicht beim Kartenspielen stören, doch die andere Alternative war, hierzubleiben und zu riskieren, Mr. Nash noch einmal zu begegnen. Plötzlich, inmitten all der Verwirrung, traf sie die Erkenntnis wie ein Schlag. Mr. Nash kannte ihren Namen nicht. Sie war davongelaufen, ehe sie ihn ihm genannt hatte, und er war ihr nicht gefolgt. Es war, als hätte er plötzlich das Interesse an ihr verloren.
Und vielleicht hatte sie mit diesem Gedanken ja recht. Vielleicht war sie ihm im Küssen nicht erfahren genug gewesen? Der Gedanke war einerseits niederschmetternd, andererseits war es vielleicht so das Beste. Mr. Nash kannte ihren Namen nicht und sie ja auch kaum den seinen. Es war so gut wie ausgeschlossen, dass sie sich jemals
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