Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
einem Sessel im Kartenzimmer sitzend. Auch war ihr nicht entgangen, dass die Blicke der Frauen ihm gefolgt waren, als er das Zimmer verlassen hatte. Er gehörte zu der Art von Mann, die die Aufmerksamkeit einer Frau erregte; nicht unbedingt, weil er gut aussah, sondern weil er etwas ausstrahlte, das weitaus sinnlicher war als bloße Schönheit.
Xanthia hob das Kinn. »Bei Sharpe herrscht heute ein schreckliches Gedränge«, erwiderte sie abweisend. »Ich dachte, meine Flucht wäre unbemerkt geblieben.«
»Vielleicht ist sie das auch.« Seine Stimme klang dunkel. »Ich vermag es nicht zu sagen, da ich mich schon vor einer Viertelstunde hierher verzogen habe.« Er schlug einen leicht verärgerten Ton an, der Xanthia unwillkürlich zum Lachen brachte.
Der Fremde trat in das Mondlicht und betrachtete ihr leeres Champagnerglas. »Sharpe hat unbestreitbar Geschmack, was Champagner angeht, nicht wahr?«, murmelte er. »Und abgesehen von Eurem faszinierenden Gesichtsausdruck, meine Liebe, frage ich mich, ob es nicht vernünftiger von Euch wäre, in den Ballsaal zurückzukehren?«
Xanthia hatte weder seinem Vorschlag noch dessen unterschwelliger Schlussfolgerung zugehört, weil sie ganz und gar in die Betrachtung seines Gesichts vertieft war. Nein, schön war er gewiss nicht. Viel eher wiesen seine Züge eine bemerkenswerte Härte auf – eine scharf geschnittene, gerade Nase, ein strenges Kinn und außergewöhnliche, etwas eng zusammenstehende Augen. Sein Haar war dunkel und viel zu lang, um noch als elegant zu gelten. Doch am verwirrendsten war die Aura von Gefahr, die ihn umgab. Es war Xanthia unerklärlich, warum sie nicht vor ihm zurückschreckte.
»Nein«, sagte sie ruhig, »nein, ich denke, ich werde bleiben.«
Er zuckte mit den breiten Schultern. »Wie Ihr wollt, meine Liebe«, sagte er. »Ihr erinnert mich an eine Katze, die die Wärme genießt. Ist Euch kalt?«
Für einen kurzen Moment schloss Xanthia die Augen und dachte an die Sonne von Barbados zurück. »Mir ist immer kalt«, entgegnete sie. »Schon seit Ewigkeiten ist mir nicht mehr warm gewesen.«
»Wie bedauerlich.« Er beugte sich näher zu ihr und bot ihr seine Hand dar. »Ich glaube, ich hatte noch gar nicht das Vergnügen, Ma’am. Genau genommen bin ich sogar davon überzeugt, dass Ihr neu in der Stadt seid.«
Sie schaute auf seine Hand hinunter, ergriff sie aber nicht. »Und Ihr kennt jeden?«
»Das ist mein Geschäft«, erwiderte er.
»Tatsächlich?« Xanthia stellte ihr Glas auf der breiten Balustrade ab. »Und welches Geschäft betreibt Ihr?«
»Das Geschäft, Leute zu kennen.«
»Ah, Ihr seid also ein Mann der Geheimnisse«, entgegnete sie ironisch. »Und vor wem versteckt Ihr Euch hier draußen, wenn ich fragen darf? Vor einem wütenden Ehemann? Einer betrogenen Frau? Oder vor der Meute von Müttern, die ihre Töchter unter die Haube bringen will und Euch deshalb so gierig betrachtet?«
Er ließ ein kleines, betrübtes Lächeln aufblitzen. »Das habt Ihr bemerkt? Ich habe es wirklich teuflisch schwer. Man scheint von mir zu erwarten, dass ich – ach, das ist nicht weiter wichtig.«
Sie sah ihn aufmerksam an. »Erwartungen«, murmelte sie. »Ja, genau das ist das Problem, nicht wahr? Den Menschen widerstrebt es, sie zu erfüllen. Von uns wird erwartet, gewisse Dinge zu tun und gewisse Entscheidungen zu treffen – aber wenn wir den Erwartungen nicht entsprechen, nun, dann hält man uns für starrsinnig. Oder exzentrisch. Oder für schwierig – die schrecklichste Umschreibung von allen. Warum ist das so, frage ich mich?«
»Ja, warum?«, murmelte er. Sein Blick hielt den ihren stetig gefangen. »Und ich, meine Liebe, ich frage mich, ob Ihr die Art Frau seid, die das Unerwartete tut? Ihr kommt mir vor, als wäret Ihr ... vielleicht ein wenig anders als die anderen im Ballsaal.«
Die anderen.
Mit diesen zwei einfachen Worten schien er eine dunkle und unverrückbare Linie zwischen ihnen beiden und, nun, zwischen allen anderen gezogen zu haben. Auch er war nicht wie diese Leute. Das spürte sie. Der plötzliche Schauer eines unergründlichen Gefühls lief ihr über den Rücken. Einen Augenblick lang war es, als sähe der Mann sie nicht an, sondern betrachtete etwas tief in ihrer Seele. Sein Blick war wachsam. Abwägend. Und doch verstehend.
Aber was stellten ihre Gedanken nur für einen Unsinn an? Was tat sie hier draußen im Dunkeln mit einem vollkommen Fremden?
Er zog seine verwirrend dunklen Augenbrauen kaum merklich in die
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