Entflammte Nacht
die Katholische Inquisition, eine Bewegung der Auslöschung, die die Templer Gerüchten zufolge aktiv gefördert und unterstützt hatten.
»Doch bisher haben wir noch keinen Beweis für eine Zivilisation gefunden, die Ihre Art integriert hätte.«
»Warum glauben Sie, dass die Etrusker in dieser Hinsicht eine Ausnahme darstellen könnten?«, fragte Madame Lefoux.
Die Kutsche hielt an, und der Präzeptor stieg aus. Er reichte Alexia nicht die Hand, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein, sondern überließ dies Madame Lefoux, die bereits hinausgesprungen war. In einiger Entfernung saß die berittene Eskorte der Templer ebenfalls ab und verharrte wie in Erwartung weiterer Befehle. Der Präzeptor gab den Männern ein Handzeichen, woraufhin sie sich entspannten.
»Die reden nicht besonders viel, nicht wahr?«
Der Präzeptor richtete seinen ausdruckslosen Blick auf Alexia. »Würden die Damen lieber erst besichtigen oder lieber erst etwas speisen?«
»Besichtigen«, antwortete Alexia wie aus der Pistole geschossen. Sie brannte darauf, diese seltsamen runden Gräber von innen zu sehen.
Der Präzeptor führte sie hinunter in das trockene, dämmrige Innere eines bereits aufgebrochenen Grabes, dessen unterirdische Wände mit Kalkstein ausgekleidet waren. Stufen führten in eine einzelne Kammer hinab, die nicht viel größer als Alexias Salon auf Woolsey Castle war. In den Kalkstein waren kunstvolle Reliefs geschnitzt, die ihn wie das Innere eines Hauses aussehen ließen, mit aus dem sandigen, porösen Stein herausgearbeiteten Alkoven, Steinsäulen und sogar Deckenbalken. Das zu Stein erstarrte Interieur eines Heims. Es erinnerte Alexia an die kunstvollen Skulpturen aus Götterspeise, die auf ausgefallenen Dinnerpartys serviert und mithilfe von Förmchen hergestellt wurden.
In dem Grabmal gab es keine Möbel oder irgendwelche anderen Artefakte. Der einzige Gegenstand darin war ein außergewöhnlich großer Sarkophag in der Mitte des Raums, auf dem sich zwei lebensgroße Figuren aus Ton befanden: ein Mann, der auf den Ellbogen gestützt auf der Seite lag und den freien Arm liebevoll um die Schultern einer Frau in der gleichen Haltung gelegt hatte.
Es war eine wunderschöne Skulptur, und Alexia empfand auch kein Gefühl des Abgestoßenwerdens. Nichts an diesem Ort vermittelte ihr jenes Gefühl, das sie in der Gegenwart des konservierten Körpers eines Außernatürlichen empfunden hätte. Entweder befanden sich hier nicht die Überreste eines Außernatürlichen, oder sie waren schon vor langer Zeit so zerfallen, dass sie keine Wirkung mehr zeigten. Der Templer starrte sie an und beobachtete eindringlich jede ihrer Reaktionen. Befangen durch den musternden Blick seiner toten Augen ging sie mit ausdrucksloser Miene umher und begutachtete ein paar Malereien an den Wänden.
Der Ort roch muffig, wie alte Bücher es tun, nur übertönt von einem Geruch nach Erde und kaltem Stein. Doch da war nichts, das irgendeine abstoßende Reaktion bei Alexia hervorrief. Tatsächlich fand sie diese antike Stätte ziemlich angenehm und erholsam, und darüber war sie froh. Sie hätte nur äußerst ungern ihren Fluchtreflex unterdrücken müssen, hätte dieses Grab tatsächlich irgendeine außernatürliche Mumie beherbergt.
»Es tut mir leid, das sagen zu müssen, mein lieber Herr Templer, aber ich glaube nicht, dass ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann. Ich verstehe nicht einmal, warum man diese Kultur mit meiner Art in Verbindung bringt.«
Der Präzeptor sah enttäuscht aus.
Madame Lefoux, die ihn aufmerksam beobachtet hatte, während er ihre Freundin musterte, drehte sich abrupt um und starrte auf den Sarkophag hinab. »Was halten sie da in den Händen?«
Alexia schlenderte zu Madame Lefoux hinüber, um zu sehen, was sie meinte. Zuerst war sie wie gefangen von den angenehmen, mandelförmigen Augen der Statuen, doch als sie näher hinsah, wurde ihr klar, dass etwas anderes Madame Lefoux’ Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Der Mann lag auf einen Ellbogen gestützt, und die Hand dieses Arms hatte er flach mit der Handfläche nach oben ausgestreckt, als würde er einem Pferd eine Mohrrübe hinhalten. Daumen und Zeigefinger der anderen Hand im Nacken der Frau waren so geformt, als hielten sie einen kleinen Gegenstand. Die Frau hielt beide Hände so, wie man einen Trank einschenkt oder eine Flasche Wein anbietet.
»Gute Frage.«
Beide Frauen wandten sich um und sahen den Präzeptor fragend an.
»Die Frau hielt eine leere
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